Teil 40: Brasilien IV - Paraguay - Uruguay - Buenos Aires

Der Countdown läuft. In weniger als drei Wochen sollte ich meine Mission erfüllt haben. Bereits morgen verlasse ich Südamerika in Richtung Spanien (der Töff ist schon seit gestern unterwegs). Dann versuche ich mich erstens an die Kälte und zweitens an die europäischen Gepflogenheiten zu gewöhnen. Ich tingle also noch zwei Wochen durch Südwesteuropa und versuche ein ideales Wetterfenster zu erwischen, die Alpen zu überqueren.
Noch immer steht der 26. Januar als genaues Rückkehrdatum fest. Jede und jeder, die/der meinen grossen Moment miterleben möchten, wenn ich im Böl in Gossau einfahre, ist herzlich zu einer Wurst, Bier und Wein eingeladen. Du musst dich dafür nicht einmal anmelden. Es hät, solang's hät!

Ich werde versuchen, Blog Teil 41 konstant aktuell zu halten, sodass du immer genau weisst, wo ich mich befinde. Ich ziele wirklich auf jenen 26. Januar hin, aber die kühle Jahreszeit (oder vielleicht der Töff) könnten mir noch ein letztes Abenteuer bescheren und das Rückkehrdatum könnte doch noch kurzfristig verändert werden.

 

Höhepunkt dieses 40. Teiles war klar der Besuch der Iguazú-Wasserfälle in Brasilien/Argentinien an Weihnachten, aber mein Kopf war nicht mehr ganz frei, die Planung und Vorstellung der Rückkehr haben mich vor allem beschäftigt.

Fr, 15.12.2017: Freiwillig (und ungestraft) Geisterfahrer zu sein geht nur in Südamerika

Die grösste Tortur heute Morgen war, meinen Fuss in den wegen der vielen Leimstellen immer enger werdenden Töffschuh zu würgen. Thibault holte sich bei einem Freund, der von Beruf Arzt ist, noch die Bestätigung, dass auch die gestern gekaufte neue Creme bei Fusspilz wohl gar nichts bringt. Ich kriegte von einem englischen Touristen eine neue entzündungshemmende Salbe aus Kolumbien, die aber wohl für meine Bedürfnisse auch nutzlos ist.

 

 

Erst gegen Mittag war ich endlich abfahrbereit, um mich erneut dem Verkehrsabenteuer Rio de Janeiro zu stellen. Ich verliess die Stadt Richtung Südwesten, durchquerte auf zehnspurigen, verkehrsreichen Strassen verschiedene Agglomerationen. Ich war froh, dass ich die Stadt endlich wirklich hinter mir gelassen hatte, verpasste in Santa Cruz die richtige Abzweigung.

 

Und dann kam der grosse Schock. Ich war längst mit Navi unterwegs, als ich plötzlich feststellte, dass mein Navi-Täschchen beim Cockpit leer war. Ich konnte nicht fassen, dass ich mein iPhone während der Fahrt offenbar verursacht durch den Fahrtwind verloren hatte! O Schande! Das kann nicht sein, dass sich mein wichtigstes Gadget entfernt hatte. Sofort hielt ich auf der sechsspurigen Autobahn an, suchte die Taschen ab, untersuchte jede Lücke meines Cockpits. Wie sollte ich mich jetzt orientieren? Ich musste das Handy während der letzten wenigen Kilometern verloren haben. Da gab es keine Kompromisse. Ich fuhr über einen hohen Randstein auf eine Rasenfläche, die aber immer wieder durch kleine, jedoch breite und tiefe Wasserkanäle unterbrochen war. Aber dies hielt mich nicht auf. Die Kanäle wurden erbarmungslos überfahren, oder ich fuhr auf den Pannenstreifen und übte mich als Geisterfahrer, natürlich mit der nötigen Vorsicht überaus langsam, denn ich wollte ja mein Handy wiederfinden. Ich fuhr wohl vier Kilometer zurück, kein Verkehrsteilnehmer schien dies wirklich zu stören, solange ich sie nicht wirklich behindere. Man stelle sich vor, was geschehen wäre, wenn ich mich in der Schweiz gleich verhalten hätte…? Dann hielt ich an und wollte eigentlich schon aufgeben, überlegte mir schon Notfallpläne, wie es jetzt ohne Navi weitergehen würde. Würde ich ein weiteres Handy kaufen müssen? Ich überprüfte noch einmal sämtliche Taschen meiner Jacke und Hosen – und was fand ich da? Ja tatsächlich, ich hatte mich vergeblich übermässig gestresst, denn ich fand es dort, wo es eigentlich immer sein soll – in der Seitentasche der Hose! Was für eine Erleichterung! Und: Wie dumm kann man nur sein, sich selber dermassen unnötig zu stressen? Aber in erster Linie war ich glücklich über den Fund, weil er mir sehr viele Unannehmlichkeiten erspart.

 

Nach Itaguai erreichte ich wieder die Küste. Die Strecke wurde jetzt wieder wesentlich kurvenreicher, weil sich die Strasse um die bewaldeten Hügel schlängelt. Je länger ich fuhr, desto reizvoller wurde die Landschaft, die immer wieder kleine Buchten freigab mit herrlichen Palmenstränden. Brasilien ist wirklich gesegnet mit Tausenden von Kilometern von Stränden. Eigentlich hätte ich in irgendeinem Dorf anhalten und mein Zelt aufstellen müssen. Mein Ziel war heute jedoch Paraty – und: logisch: Thibaults Tipp war natürlich gut gemeint und das autofreie Städtchen mit seinen renovierten kolonialen Gebäude wirklich ein Bijoux, aber logischerweise voller Touristen. Ich fand nahe des Zentrum ein Hostel (Che Lagarte, 42 R$) mit Parkplatz und bezog ein Bett im Dormitory. Ich war müde von der Fahrt und versuchte meinen Fuss um Verzeihung zu bitten für die Quälerei, die ich ihm in meinen engen Stinkstiefeln angetan hatte.

 

Ich belohnte ihn am Abend mit einer neu gekauften Salbe, die scheinbar tatsächlich gegen Pilze helfen soll. Ich selber belohnte mich jedoch auch. Zum ersten Mal seit langem ass ich richtig gut – im Casa do Fogo – das ist die Kehrseite: Wo Touristen sind, da gibt es auch gute Restaurants, und die nutze ich halt schon gerne, auch wenn ich erneut um 40 Fr. leichter wurde…

Km: 92‘165 (272)

Sa, 16.12.2017: Unerfüllte Erwartungen

Es war geplant, einen Tag in Paraty zu verbringen, da war es mir eigentlich recht, dass ich am Morgen auf einen Bootstrip zu den vorgelagerten Inseln hingewiesen wurde. Aber ich war skeptisch, mit einer Gruppe von 16 Personen hinaus zu den Inseln unterwegs zu sein. Je länger man reist und je mehr man gesehen hat, umso mehr braucht es, dass etwas Begeisterung aufkommen kann.

Wir besuchten zwei Inseln, die erste mit einem feinen Sandstrand, aber hier dominierte mehr die Villa als der Strand. Das Wasser war überraschend warm, ich hoffte, dass das Salzwasser wenigstens etwas zur Heilung meines Fusses beiträgt. Bei der zweiten Insel hielten wir an der felsigen Küste, eigentlich ganz gut, um zu schnorcheln. Ich war denn auch bald unterwegs, aber die Sicht war schlecht, und das Meer scheint hier beinahe leergefischt zu sein – kein Wunder ist es schwierig, in den Restaurants wirklich guten Seafood zu kriegen. Die meisten der Gruppe waren Einheimische, die versuchten, sich mittels Schaumstoffrollen über Wasser zu halten und schon begeistert waren, wenn ihnen ein gestreifter Fisch entgegenschwamm. Ich weiss, dass ich nicht werten sollte, dass ich ganz einfach etwas verwöhnt bin, weil ich es mir erlauben kann, so lange unterwegs zu sein, wodurch es natürlich logisch ist, dass man schon schönere Plätze besucht hat. Es war ja auch wirklich ganz nett, der üppige, unberührte Urwald am Festland schien sein Grün dem Wasser zu transplantieren.

Am frühen Nachmittag erreichten wir eine Halbinsel, auf der einige Restaurant bereit waren, uns zu verköstigen. Man bezahlte das Essen per Gewicht, und es war eigentlich ganz okay.

Der Höhepunkt des Ausflugs für mich war die Einfahrt in eine enge Bucht, vor der einige Delfine ihre Spiele trieben. Auch einige kleine Schildkröten sagten uns hallo. Das Wasser in der geschützten Bucht war hier besonders warm, perfekt geeignet für einen netten Schwumm.

Am Abend stellte ich den Blog Teil 39 endlich online und bereitete einen Tomaten-Käse-Salat. Paraty ist erstaunlich voll, die Hochsaison hat definitiv angefangen, aber ich habe von solchen Touristenorten vorerst einmal genug gesehen. Ich blicke vor allem auf ein ein Ziel: Buenos Aires. Man spürt: Die Reisemüdigkeit oder einfach der Wunsch, nach Hause zurückzukehren, haben mich definitiv eingeholt.

Km: 92‘165 (0)

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