Je weiter in den Osten ich in Indonesien gefahren bin, desto atemberaubender und grossartiger wurden die Erlebnisse, die ich in diesem Land erleben durfte. Stupende Landschaften, fremdartige Tiere (Komodo-Warane, Manta-Rochen), aber auch kulturelle Highlight haben mich eine Rekordzahl an Fotos schiessen lassen. Zudem war ich beinahe zwei Wochen mit einer Sozia aus Berlin unterwegs - eine ganz neue Erfahrung.
Ein letzter Höhepunkt war Ostern in Larantuka/Flores, wo Tausende von Menschen mehreren Prozessionen folgten. Schliesslich erreichte ich Timor auf einem Pilgerschiff mit 1000 Katholiken, die immer wieder beteten und das Ave Maria sangen. Der Glauben wird hier wirklich gelebt, mir wurde der Sinn von Ostern noch nie so bewusst wie in Flores.
Aber es gab auch Schattenseiten - ganz naiv habe ich mir in Bali das Handy klauen lassen. Dann machte mir der Töff für einmal Probleme, als ich ihn nicht mehr starten konnte. Glücklicherweise war es aber nur die Batterie, die sich auf irgendeine Weise entleert hatte. Ich war am Geburtstag in Singapore, besorgte zwei neue Reifen, quasi Ferien in den Ferien.
Jetzt bin ich auf dem Sprung nach Osttimor, von wo aus ich den Töff nach Australien verschiffen werde. Er wird gegen drei Wochen unterwegs sein, dies zwingt mich, für einmal einige Zeit ohne Töff unterwegs zu sein.
Australien ist nah, ich erwarte, dass ich gegen Ende April diesen Kontinent erobern werde.
Und dann: Wer weiss? Noch bin ich mir unsicher, ob ich die Reise hier wirklich beenden werde.
Man weiss es weltweit: Der absolut höchste Lebensstandard haben wir in der Schweiz. Von anderen Reisenden wird man manchmal um die Nationalität beneidet, Einheimische meinen: „It’s the best!“ Es ist nur zu verständlich, dass sich viele Schweizer Bürger ängstigen, diesen Reich- und Besitztum zu verlieren oder mindestens einen kleinen Teil abgeben zu müssen, deshalb die Angst vor der momentanen Völkerwanderung in Europa.
Es ist wahr, dass in der Schweiz viel Geld verdient werden kann, sogar als Lehrer, der wohl nirgends auf der Welt so gut bezahlt wird. Natürlich kann man dieses Geld auf verschiedene Weisen einsetzen. Die einen kaufen sich teure Autos, eine luxuriöse Wohnung oder teuerste Kosmetikartikel, sie schwelgen gleichsam im Luxus und beschweren sich trotzdem, dass sie kein Geld haben und es deshalb das höchste Ziel ist, davon noch mehr zu bekommen, auf welchen Wegen auch immer…
Es ist tatsächlich überaus angenehm, sich einmal etwas leisten zu können. Das Beste ist aber, dass man frei wählen kann, wie man sein Geld einsetzt. Ich kann mir heute einfach kurz einen Flug nach Singapore leisten, eben habe ich Sashimi und Bier für 12 Fr. gegessen (was für unsere Verhältnisse ja immer noch billig ist). Die Kunst ist es (auch als beinahe 55-Jähriger), sich nicht immer nur mit dem Luxuriösen zufrieden geben zu können. Ich bin jetzt eine ganze Zeitlang sehr billig unterwegs gewesen. Ich achte auf günstige, aber doch möglichst saubere Unterkünfte. Fast wochenlang habe ich nur Fisch und Reis gegessen. Die Mischung macht’s aus: mit fast nichts zufrieden zu sein oder satt zu werden, sich dann aber auch eine Pizza leisten zu können wie heute Nachmittag in Ubud. Ich werde immer wieder gefragt, wie ich mir einen solchen Trip finanziere. Natürlich ist da das Alter ein Vorteil, sofern man lange regelmässig gearbeitet hat, man hat etwas auf die Seite gebracht, wenn man sich auch zu Hause nur ab und zu Luxus gestattet. Natürlich ist es auch meine Lebensform, allein stehend, ohne Kinder, absolut vogelfrei – mit allen Vor- und Nachteilen. Tatsächlich sehe ich manchmal Familien mit Kindern auf der Strasse, gerade hier in Bali, die ich manchmal etwas beneide, auch wenn ich sehe (und es auch schon erlebt habe), wie anstrengend und anders Reisen mit Kindern ist. Diese Freiheit ist es natürlich, dass ich mir einen solch grossartigen Trip überhaupt erlauben kann. Und ich geniesse es noch immer, das Neue, Spannende, das neu zu Entdeckende, auch die jeweilige Unsicherheit am Morgen vor der Abfahrt, wenn man nicht weiss, was heute wieder alles geschieht. Natürlich versucht man auf der Fahrt das Geschehen möglichst stark zu beeinflussen, dass auch alles gut geht, aber man braucht auch Glück dazu.
Ich sitze seit Stunden in Denpasars Flughafen, habe nur schon die Ansicht des Duty-free-Luxus genossen. Ja, ich kann mir das einfach so erlauben. Dafür bin ich dankbar. Kaum ein Prozent der Menschen auf Bali kann sich wohl je einen Flug leisten, auch wenn der Standard auf Bali deutlich höher ist als auf Java und vor allem Sumatra. Aber der Tourismus hat seine Schattenseiten. Die 40 km von Ubud zum Flughafen waren eine Tortur, das Strassennetz ist nicht für so viel Verkehr eingerichtet.
In Ubud machte ich heute eine kleine Rundfahrt und bereitete mich für meine Ferien in den Ferien vor. Ich fuhr von Ubud recht früh ab, weil sich im Norden schwarze Wolken türmten, und diesen wollte ich entkommen. Als ich losfuhr, fielen gerade die ersten grossen Tropfen, denen ich aber trotz Verkehr entfliehen konnte. Mein Töff steht in einem bewachten Parkhaus nur für Töffli. Der wird sich freuen, wenn er neue Pneus bekommt…
Eine bange Sekunde gab’s am Zoll, denn in Medan machte man mir einen falschen Stempel, lautend auf den 16. Januar 2015. Aber der Zöllner fotografierte nur Pass und Visum, lachte und liess mich passieren. In zwanzig Minuten öffnet das Gate 2, um 21.30 Uhr fliege ich mit einer grossen KLM nach Singapore. Reisen ist soooo spannend!
Der Flug war extraprima – zusammen mit fast nur holländischen Zweiwochentouristen, denn ich flog nicht mit einer Billig-Airline, sondern mit einer Linienmaschine und wurde prächtig verpflegt. Da fehlten auch zwei Fläschchen Rotwein nicht… Keine Zeitverschiebung in Singapore, das ich um Mitternacht erreichte. Ich hatte nicht auf die Gepäcksausgabe zu warten, weil ich nur mit Handgepäck unterwegs war. Man wollte mir gleich ein teures Taxi in die Innenstadt andrehen, aber ich fand bald einen Shuttle-Bus-Service. Ich wartete kaum eine Viertelstunde, und schon ging’s los Richtung Innenstadt zum Fernloft Hostel, nur mit grossen Dormitorys eingerichtet. Aber hier war alles verschlossen, und ich konnte nicht anrufen, weil ich meine indonesische Sim-Karte nicht aus dem Handy brachte (und diese funktioniert in Singapore nicht!), weil ich den Stick zum Öffnen nicht dabei hatte. Ich suchte nach irgendwelchen Drähten als Ersatzlösung. Dumme Situation: Eins Uhr nachts – und hinausgesperrt. Ich folgte dem Gang auf die andere Seite des alten chinesischen Gebäudes und fand tatsächlich einen zweiten Zugang – mit Klingel. Sofort wurde ich eingelassen. Ich checkte ein, zahlte die 36 SGD (25 Fr.) für zwei Übernachtungen, legte mich hin und schlief sofort ein, aber die Nacht war unruhig, denn eine Gruppe junger Girls erschien nachts um drei Uhr und war nicht gerade rücksichtsvoll ruhig…
Km: 39‘675
Vor einer Woche hätte ich mir noch nicht träumen lassen, dass ich meinen Geburtstag in Singapore feiern würde. Ich beschenkte mich also selber mit einem Flug in eine Stadt mit mindestens westlichem Standard, aber die Hauptabsicht war natürlich, zu zwei neuen Reifen für mein Motorrad zu kommen.
Nach einem teuren Frühstück in einem der hippen Cafés auf dem Weg zur Outram-U-Bahn-Station musste ich das Motovation Center beim Ubi Industrial Park finden. Dafür benutzte ich die komfortabe U-Bahn bis Eunos, und wechselte dann auf den Bus 63, der mich fast punktgenau vor dem gesuchten Gebäude absetzte. Aber welche der unzähligen Reifen- und Autobuden hatte ich jetzt aufzusuchen? Ich telefonierte, niemand nahm ab. Ich fragte nach: 03-29. Dritter Stock, Shop 29! Niemand da! Danke meiner am Morgen gewechselten Sim-Karte erreichte ich Choong auf Facebook Messenger, welcher Kontakt mit der Person aufnahm, der mir die Pneus herausgeben sollte. Sofort kam er dahergeeilt – mit den beiden Mitas-Pneu. Überaus rohes Enduro-Profil, mal schauen, wie sie sich anfühlen werden.
Auf demselben Weg kam ich wieder zurück in die China-Town. Die nächste Pflicht war mein Handy. Ich fand bald einen Reparatur-Shop im chinesischen Viertel. Ich ärgerte mich, als man mir statt des ganzen Screens nur den Home-Button ersetzte (150 SGD). Aber ich wollte auch das Glas ersetzt haben. Es war jetzt ein schwieriger Handel, auch das Glas noch ersetzt zu bekommen. Schliesslich zahlte ich mit 250 SGD bestimmt zu viel. Auch ich bin manchmal lernfähig (manchmal dauert es etwas länger…). Zum ersten Mal kaufte ich eine schützende Hülle dazu, zudem bekam ich Screen-Schutz und einen Sim-Karten-Stick geschenkt.
Überaus zufrieden spazierte ich durch die mit Touristen übervölkerte und mit unzähligen Kitschläden bestückte China Town, jetzt aber Richtung Innenstadt. Und ich war begeistert. Erstens ist die Stadt blitzblank sauber, zweitens hat sich die Stadt in den letzten 22 Jahren unglaublich verändert. Diese Stadt hat wirklich ein Flächenproblem, weshalb es logisch ist, dass man in die Höhe baut. Und diese modernen, spiegelnden Hochhäuser in diversen Variationen sind grossartig. Dank viel Geld werden schräge Ideen umgesetzt. Auf drei gleich hohen neuen Wolkenkratzern liegt hoch in der Luft ein 400 m langes Schiff (!), vielleicht ein Hotel, auf jeden Fall mit Palmen besetzt und bestimmt mit grossartiger Aussicht. Ich landete beim Raffles Place im Geschäftsviertel mit viel Glanz und Prunk, in Schalen steckenden Geschäftsleuten, begleitet von Damen im kurzen Schwarzen…
Am Singapore River sassen in unzähligen Bars Touristen und Geschäftsleute gemischt, genossen Bier mit Apero. Die City Hall mit weiteren Hochhäusern im Hintergrund wurde in wärmstes Abendlicht getaucht. Kleine Boote, besetzt mit Touristen kreuzten über den Fluss. Bald erreichte ich die Clarke Bay mit noch mehr Bars und Restaurants, einer an Bungy-Seilen befestigten Kabine, die besetzt mit drei Passagieren raketenmässig in den Himmel geschleudert wird, um dann in Fallgeschwindigkeit wieder Richtung Boden zu rasen, allerdings eine ziemlich teure Angelegenheit.
Die Stimmung in der Clarke Bay erinnert mich an Sydney, aber auch ein bisschen an Las Vegas, ziemlich verrückt, farbenfroh und tausendfach beleuchtet. Ich nahm Platz im Schiff, das Geburtstagsmenu war angesagt: Sashimi zur Vorspeise, dann australisches Sirloin-Steak mit Rotwein – hervorragend. Aber eine passende oder bekannte Gesellschaft fehlte schon etwas. In einer Bar an der Clarke Street trank ich noch ein teures Weizen, da wurde plötzlich „Happy birthday!“ gesungen. Gleich am Nebentisch hatte jemand offenbar auch Geburtstag. Ich suchte das Gespräch mit diesem am gleichen Tag Geborenen, aber freundlich ist anders… Eine richtige Geburtstagsparty blieb mir leider verwehrt…
Km: 39‘675