Teil 23: Papua Neu Guinea (PNG)/Solomon Islands

Der fast zwei Monate dauernde Exkurs, während dem ich zu einem Rucksacktouristen mutiert bin, zähle ich zu einem weiteren, überaus interessanten Höhepunkt meiner Reise. Notgedrungen wagte ich mich in zwei Länder, die ich noch nie besucht habe. Ich genoss grossartige Gastfreundschaft und grandiose Landschaften in Papua Neu Guinea und den Solomon Islands. In keinem Moment fühlte ich mich unsicher, längst sind die Gefahren mit Kannibalismus und hoher Kriminalität passé. Die asiatische Lebendigkeit wurde abgelöst durch eine pazifische Langsamkeit, die Zeit verläuft anders in diesen Ländern. Vier Wochen war ich praktisch von der Aussenwelt abgeschnitten und hatte kaum Zugang zu Internet.

Erst vorgestern habe ich erfahren, dass mein Töff in Darwin endlich angekommen ist. Ich bin bei Dave, einen töffverrückten Einheimischen in seiner Villa im Outback nahe Darwin gelandet - er wird mich netterweise unterstützen, mein Motorrad bei Zoll auszulösen und es wieder auf Vordermann zu bringen.

Bald kann das Australien-Abenteuer losgehen. Noch bin ich mir unsicher über das Routing, nur eines weiss ich: Keinesfalls werde ich zu weit in den Süden fahren, weil dort der Winter sein kaltes Unwesen treibt...

Di, 10.05.2016: Szenenwechsel

Heute habe ich nicht nur Indonesien, sondern auch Asien verlassen. Dies wurde offensichtlich, sobald ich die Grenze nach Papua Neu Guinea, meinem 28. Land, überschritten hatte – ich bin in Ozeanien angelangt! Es lief heute so ab, wie ich mir das erhofft hatte. Nach dem Packen und einem überaus einfachen Frühstück mit Schwarztee, entrindetem Toastbrot und Konfitüre verliess ich das New Horyzon zu Fuss. Aber ich war nicht lange unterwegs. Auf dem Weg zur Hauptstrasse wurde ich von einem Einheimischen abgefangen, der mir anbot, mich mit seinem kleinen Töff zur 70 km entfernten Grenze zu fahren. Ich handelte den Preis von 350‘000 auf 250‘000 IDR herunter – und sofort ging es los.

Auf dem Weg machten wir Halt bei einem Moneychanger, bei dem ich eine Million Rupiahs in guineische Kinas wechselte (1 Kina = 3750 Rupiahs). Dann hielten wir bei einer BNI-Bank, wo man aber nicht bereit war, meine restlichen 4.5 Millionen Rupiahs in Dollars zu wechseln, sodass wir nochmals zum Moneychanger fuhren, wo ich einen erstaunlich guten Kurs bekam (1 $ =13‘250 IDR). Ich wusste, dass es ziemlich anstrengend werden würde, mit Vollpackung auf dem Rücken auf diesem kleinen Gefährt zur Grenze zu fahren. Aber die Strasse war gut. Nachdem wir einige kleine Dörfer durchquert hatten, fuhren wir die letzten zwanzig Kilometer durch dichten Urwald. Es schien tatsächlich nicht so, dass die Grenze per Minibus hätte erreicht werden können.

An der Grenze war aber grosser Betrieb. Natürlich sah ich hier keinen einzigen Touristen, ich bin ja auch der erste seit vier Monaten, der diese entlegene Route wählt, zumindest von jenen, welche das Guinea-Visum in Jayapura erhalten haben. Vielen Guineern ist es erlaubt, die Grenze kurzzeitig zu überschreiten, um sich am regen Markt mit billigeren, indonesischen Produkten einzudecken. Der Grenzübertritt war absolut problemlos. Ich erhielt in vernünftiger Zeit den nötigen Ausreisestempel. Allerdings suchte der etwas schwerfällige Beamte lange nach dem richtigen Einreisestempel, mein Pass ist unterdessen auch zu zwei Dritteln voll mit Stempeln aus all meinen bereisten Ländern. Dann überschritt ich die Grenze PNGs, und auch hier war der Zauber nur von kurzer Dauer. Im Nu erhielt ich den nötigen Stempel. Unterdessen hatte es zu regnen begonnen, aber ich hatte glücklicherweise nicht weit zu gehen, denn ganz nahe wartete schon ein Minibus, der mich nach Vanimo bringen sollte. Die Strasse war wiederum recht gut ausgebaut. Nur einmal hatten wir einen kleinen Fluss ohne Brücke zu überqueren, der aber glücklicherweise nicht viel Wasser führte.

Vanimo ist die westlichste Siedlung PNGs, ich erreichte gleichsam eine andere Welt. Zwar trieb man auch hier auf einem kleinen Markt Handel. Ich bemerkte aber schnell, dass es hier keine Warungs oder Rumah Makanan mehr gibt, tatsächlich weit und breit kein Restaurant, dabei hatte ich Hunger. Eine Unsicherheit in einem neuen Land ist jedesmal, zum ersten Mal einen ATM auszuprobieren. Aber der schüttete problemlos 1000 Kina aus! Der Minibusfahrer war so nett, mich zum auf einem kleinen Hügel liegenden CBC Guesthaus zu fahren. Tatsächlich heisst es hier Guesthaus, der deutsche Einfluss der Kolonialzeit vor über hundert Jahren ist noch immer zu spüren. Ich bezog ein sauberes, einfaches Zimmer mit Fan und war nicht erstaunt, dass der Preis recht hoch war (100 Kina = etwa 30 Fr.). Ich werde mich an die höheren Preise hier gewöhnen müssen. Dann spazierte ich zurück zur kleinen Stadt auf der Suche nach Essen und fand tatsächlich einen Take away bei einem Supermarkt. Poulet und Reis – Nahrung! Es hat gleich mehrere Supermarkets in Vanimo, aber tatsächlich kein Restaurant. Ich deckte mich für den Abend und morgen früh mit dem Nötigsten ein und fand auch einen abgesperrten Bottleshop, wo man tatsächlich Bier verkaufte. Aber einzelne Flaschen waren nicht zu kaufen, ich hatte gleich einen Sixpack mitzunehmen. Dies machte ich. 6 Spezli für 30 Kina, weniger als 10 Fr. Den Nachmittag verbrachte ich mit Biertrinken und Planen meines PNG-Trips. Das Routing wurde ziemlich klar. Schon morgen früh werde ich versuchen, per Boot Aitape zu erreichen – eine fahrbare Strasse fehlt, und die Flüge sind exorbitant teuer.

Jetzt sitze ich auf der Terrasse und schreibe, zwei Einheimische sind unterdessen ebenfalls in meinem Guesthaus angekommen. Sie haben in der recht gut eingerichteten Küche gekocht, derweil ich mich mit Thon und Weichbrot zufriedengeben musste. Es scheint, dass man in diesem Land in Guesthäusern selber kocht. Daran dachte ich eigentlich auch schon am Nachmittag auf dem Markt, aber das Gemüse ist erstaunlich rar, Fische sah ich keine, aber ich werde mich bald schon anzupassen wissen… Es ist erst halb acht Uhr, es bleibt nicht mehr viel zu tun ausser zu schlafen…

 

Mi, 11.05.2016: Achterbahn und Wasserspiele – oder in Wewak

Ich stand früh auf und war schon um sieben Uhr unterwegs zum Strand, wo die Boote Richtung Aitape ablegen sollte. Die Einheimischen, die ich um Auskunft fragte, waren sich nicht einig, an welchem Strand die Boote wirklich ablegen – mit der Folge, dass ich zweimal in die Irre wanderte, notabene mit Vollpackung. Als ich dann ankam, wurde ich freudig empfangen. Ein Paar hatte schachtelweise billige indonesische Güter gekauft, die jetzt nach Aitape transportiert werden sollten. Keine Ahnung, wie spät es war, als wir zu fünft ablegten, ich bin jetzt wohl neun oder sogar zehn Stunden vor der europäischen Zeit.

Das Meer war recht ruhig, aber regelmässig daherkommende Dreimeterwellen verursachten ein Gefühl einer Achterbahnfahrt. Die Region ist extrem dünn besiedelt, es gibt keine wirklich fahrbare Strasse Richtung Osten, deshalb blieb mir als einzige Transportmöglichkeit diejenige mittels eines kleinen „Bananenbootes“. Die Küste ist urig wild, keine Spur einer Siedlung ist zu sehen, dichter Wald, soweit das Auge reicht. Wir waren wohl vier statt der vorausgesagten zwei Stunden unterwegs, und wir erreichten Aitape nach dem Mittag. Eigentlich wollte ich hier bleiben und im einzigen Guesthaus dieser kleinen Stadt übernachten. Aber das Paar mit all den vielen Gütern wollte noch heute unbedingt weiter bis nach Wewak fahren, und dies war mein Glück. Bald war ein Jeep für 600 Kina (200 Fr.) organisiert, ich zahlte nur deren 100. Aber wir warteten noch auf weitere Passagiere, damit wir die Kosten besser teilen konnten, fuhren in Aitape auf und ab, und nochmals und nochmals. Ein Glück, dass ich in diesem trostlosen, staubigen Nest nicht feststecke.

Und dann ging es am frühen Nachmittag endlich los. Ich setzte mich zuoberst auf das viele Gepäck und hatte perfekte Aussicht von hier oben. Aber die Fahrt sollte sehr anstrengend werden, denn nicht unerwartet war die Strecke äusserst schwierig zu befahren, keine Chance, diese Strecke mit dem Töff zu bewältigen, denn ungezählte 57 Flussdurchquerungen waren zu meistern, zum Teil oberschenkeltief, mit Brocken von Rundsteinen durchsetzt. An flachen Stellen war es sumpfig und schlammig. Wir fuhren durch regelrechte braune, tiefe Drecktümpel, so breit wie der Fahrweg selber. Weil ich nicht selber fahren musste, war das Naturerlebnis durch den dichten Dschungel umso grösser. Lange Zeit umkurvten wir bedrohliche, schwarze Wolken, aber irgendwann am späten Nachmittag fuhren wir geradewegs in eine solche schwarze Wand. Die Mitpassagiere schützten sich unter einer Plastikblache, ich blieb auf dem Gepäck sitzen, weil ich den Regensturm erfahren wollte. In kurzer Zeit war ich vollkommen durchnässt, aber wie erwartet war das Regengebiet bald durchquert. Ich wrang mein T-Shirt aus, der Fahrtwind sorgte für ein schnelles Trocknen. Jetzt folgten wir einem Küstenabschnitt mit kilometerlangen Sandstränden, aber niemand ist hier und versucht sie zu nutzen. Bald begann es zu dämmern, das letzte Stück bis Wewak legten wir in vollkommener Dunkelheit zurück. Nur gerade zehn Kilometer vor Wewak ereilte uns dann auch noch eine Panne. Aber der Plattfuss war nicht besorgniserregend. Der Ersatzpneu war zwar ebenso heruntergefahren wie der Originalreifen, die Leute sind erfahren im Reifenwechseln, innert Minuten war er ersetzt.

Wewak, das wir gegen acht Uhr erreichten, hat wenig Liebliches. Nachdem wir das viele Gepäck des Paars bei ihrem Wohnort abgeladen hatten, fuhr man mich zum Warihe-Guesthaus (100 Kina), wo ich ein spartanisches Zimmer mit Fan bezog. Die ganze Zeit wurde ich „bewacht“ und geführt von einem netten Einheimischen, der mich später zum besten Hotel (wohl Ein- bis Zweistern) führte, wo es ein kleines Restaurant gibt. Nudeln mit Seafood – nichts mehr als Nahrung, dazu zwei kalte SP-Biere. Der Typ wartete ausserhalb des Restaurants auf mich, er wollte sich partout nicht einladen lassen, und wir legten den kurzen Weg zum Guesthaus wieder gemeinsam zurück. Offenbar traut man der Sicherheit in diesem Ort nicht allzu sehr.

Im Zimmer war ich zufrieden mit mir, denn ich war weiter gekommen, als ich dachte. Vor meinem Zimmer wurde noch lange Zeit in grosser Lautstärke diskutiert, aber ich war genug müde, dass ich gleichwohl schnell einschlafen konnte.

 

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