Der Exkurs nach Japan! Nicht alle können dieses Routing verstehen, aber es war einfach zu geil, nach Monaten von Wärme und Hitze wieder einmal die Kälte zu erleben. 12 Tage Winter - das ist doch perfekt! Und dazu hatte ich Glück mit dem Schnee - nicht übertriebene vier Meter Neuschnee in Akakura/Myokokogen! Zudem waren da Fiona und Dean, die mich quasi gewaltsam aus ihrem Worldsaway Retreat mit nach Japan schleppen wollten, mit denen ich viel Spass hatte. Es hat sich gelohnt! An vier von sechs Pistentagen freute ich mich über brusthohen Tiefschnee - und erfreulicherweise hielt mein Bein dieser Belastung problemlos stand.
Jetzt bin ich auf dem Weg nach Südamerika, aber Soeul (oder Trumps Amerika) bestraft mich mit seinem Hudelwetter (oder Hudelregieren) für die unsägliche Herumfliegerei, denn man verlangte heute von mir für die USA ein ESTA für sieben Stunden Aufenthalt. Dieses hatte ich leider nicht frühzeitig besorgt, sodass ich heute den Flug verpasst habe und erst am Montag aus Südkorea wegkomme.
Ich freue mich auf Südamerika, der Töff sollte am 30. Januar in Santiago ankommen - ich jetzt halt erst am 31. Die nächsten Abenteuer sind nah!
Ich musste wieder einmal früh aufstehen, denn schon vor fünf Uhr waren wir unterwegs im Pick-up Richtung Flughafen. Netterweise starteten Fiona und Dean drei Stunden früher als nötig, denn ihr Flug nach Japan war erst um zehn Uhr, meiner bereits um sieben. Ich war gerade rechtzeitig, um ohne Stress all die Formalitäten zu erledigen. Die Jetstar-Maschine hob schon vor sieben Uhr ab Richtung Cairns, wo ich nach fast zweieinhalb Stunden ankam.
Hier spazierte ich zum International Airport und erschrak wegen der hundert Meter langen Schlange, die sich vor dem Check-in-Schalter gebildet hatte. Ich trank deshalb eine kalte Schokolade und ass ein hässliches Muffin. Ich ärgerte mich über meinen schmerzenden Rücken, den ich mir in der Nacht oder vom Schleppen des Rucksacks irgendwie verdreht hatte. Von meinen verschiedenen gekauften Artikel versuchte ich die Mehrwertsteuer zurückzukriegen, dies gelang aber nur bei meiner Kamera-Linse, die mehr als 300 A$ wert ist.
Der siebenstündige Flug nach Japan hatte über eine Stunde Verspätung, das Flugzeug war proppenvoll. Die Flugstrecke war insofern interessant, dass ich über Papua Neuguinea (Madang und Wewak) flog. Aber dann sah ich nur noch Meer und staunte, wie weit weg ich von Südostasien bin. Wir überquerten Guam und den Marianengraben, den ich jetzt auch lokalisieren kann. Der Flug war langweilig. Die Belegschaft betrieb viel Aufwand, die mehr zahlenden Gäste von den Billigreisenden zu unterscheiden. Ich gehörte zu zweiteren und bekam während sieben Stunden gerade mal einen Schwarztee, aber keinen Bissen zu essen!
Kein Wunder, dass ich ziemlich hungrig im längst dunklen Tokyo ankam. Ich versorgte mich mit 40‘000 Yen (350 Fr.) und besorgte eine einheimische Sim-Karte mit 3 GB Internet (48 Fr.), bevor ich mit einem Shuttlebus zum Narita Airport Resthouse fuhr. Fiona und Dean waren längst angekommen und schon am Schlafen. Ich ass im Hotelrestaurant ein gutes Ramen (Nudelsuppe mit Rind und Ei) und trank ein Bier.
Von Winter ist in Tokyo noch nicht viel zu sehen. Es hat 5°C, überhaupt keinen Schnee. Ich erreichte das Hotel problemlos noch in kurzen Hosen. Das Zimmer (9100 Y incl. Frühstück) ist etwas altbacken, aber sauber. Ich geniesse die trockene, kühle Luft und kann wohl gut schlafen.
Die Scheiben sind beschlagen, das Wasser rinnt auf der Zimmerseite herunter, es herrscht strengster Winter hier, aber doch hat es in meinem Zimmer im Hotel Tainan nur einglasige Scheiben, der Elektroheizer läuft neben mir, dass ich nicht auf dem Bett anfriere. Der Szenenwechsel ist einfach zu schräg, wohl noch extremer als damals 1991, als ich fast direkt von Tahiti auf die Klewenalp ins Skilager fuhr.
Es hat tatsächlich meterweise Schnee hier, Akakura/Myoko soll der schneereichste Ort Japans sein, weil sich die von Westen kommenden Wolken am Gebirge stauen und sich wunderbar entleeren. Seit Tagen hat es hier geschneit, aber heute schien die Sonne, als wir von Tokyo innerhalb von fünf Stunden in diesen Winterkurort auf nur 900 m.ü.M. fuhren.
In Tokyo deutete heute Morgen noch nichts auf wirklichen Winter hin, denn die Temperaturen waren deutlich über 0°C, und von Schnee war weit und breit nichts zu sehen. Nach einem vielfältigen Frühstück mit diversen würzigen, japanischen Eigenartigkeiten, ziemlich gewöhnungsbedürftig, fuhren wir mit dem Shuttlebus zurück zum Flughafen, wo wir eincheckten für die Busfahrt Richtung Nagano/Myoko. Die Japaner sind penibel strikt, wenn es um Organisation geht. Als ich die Strasse beim Flughafen überqueren wollte, um die Strecke zum Bus abzukürzen, wurde ich von Ordnungshütern in Sekundenbruchteilen zurückgepfiffen und folgte dem Weg, wie dies alle anderen auch machen. Der Bus Richtung Westen fuhr erstaunlicherweise nicht ganz pünktlich ab, die Fahrt war jedoch durchaus interessant, weil wir Tokyo durchquerten, meist auf einer Autobahn im zweiten Stock inmitten von Hochhäusern, aber wir kamen auf den gebührenpflichten Strassen recht gut voran. Erst allmählich wurde das Weiss auf den Feldern sichtbar, ich staunte über die meist sehr einfachen Behausungen der Einheimischen in Tokyos Vorstädten, ein Antennenwald auf den Dächern der Häusern überrascht mich, weil ich in diesem Land mehr moderne Technik erwartet hätte.
Je weiter wir westlich kamen, desto mehr Schnee lag auf den Feldern. In Nagano machten wir einen Halt bei einer Raststätte, in der eigenartige japanische Köstlichkeiten angeboten wurden. Vor allem aber erstaunte mich, dass es fast nichts gab, das nicht über einen Automaten herausgelassen werden konnte. Kaffee und allerlei Getränke waren das Wenigste, aber ganze Menüs konnten über solche Maschinen bezogen werden. Die letzten fünfzig Kilometer stieg die Schneemenge von Kilometer zu Kilometer krass an. Drei Meter hat es momentan in Akakura, das wir am frühen Nachmittag erreichten. Das Tainan Hotel machte mir wegen fast vollständig fehlender Heizung einen frostigen Eindruck. Bald waren wir auf der Gasse, damit ich ein Board mit Schuhen mieten konnte (recht teuer mit über 300 Fr. für 7 Tage). Aber in meinen Beinen kribbelt es wirklich, denn nach Tagen von Niederschlägen hat es hier Massen von Schnee, die ich jetzt möglichst bald erobern möchte.
Ich kaufte mir ein Paar neue Handschuhe, dann tranken wir in Deans und Fionas wunderbar geheiztem Zimmer fünf grosse Biere, die uns perfekt fit machten für den Ausgang. Wir stiegen ab in einem kleinen Ramen-Restaurant, einem kaum isolierten Schuppen, wo verschiedene Arten von Nudelsuppe serviert werden. Feuchter Boden, belaufene Scheiben, aber frisches, kaltes Asaya-Bier und gute zubereitete Nudelsuppe. Die drei riesigen Sake danach brachten uns definitiv in die richtige Stimmung.
Weil es morgen laut Wetterbericht wohl auch noch recht sonnig sein soll, werden wir in das grösste und höchste der vier kleinen Skigebiete fahren, hoffentlich um den ultimativen Tiefschnee geniessen zu können. Ich bin ja mal gespannt. Ab Freitag sollte es intensiv weiterschneien, sodass Pisten und Tiefschnee wohl so weich sein werden, dass dies mein Fuss problemlos ertragen wird.
Mein Zimmer im Taizan Hotel ist nicht gerade eine Offenbarung. Es ist feucht, es zieht durch die einglasige Scheibe übel ins Zimmer, die Heizung ist deshalb überfordert. Immerhin ist hier der WC-Deckel nicht geheizt, dafür mit einem Velour-Stoff überzogen (!), dass der Hinterschinken auch wirklich nicht frieren muss – wie hygienisch das Ganze ist, bleibe dahingestellt.
Ich stand schon früh auf, aber die Dusche werde ich hier wohl nie benutzen, weil es im obersten Stock einen Onzen gibt, ein Bad, zwar etwas heruntergekommen, weil wohl etwa aus den Achtzigerjahren stammend, aber 365 Tage im Jahr mit einer heissen, vulkanischen Quelle gefüttert. Hier erfrischte ich mich am Morgen, sodass ich durch und durch erwärmt in diesen kalten Tag gehen konnte.
Das Frühstück war recht vielfältig, ich hatte es vor allem auf die japanischen Spezialitäten mit Miso-Soup, eingelegtem Gemüse, gesüssten, gewöhnungsbedürftigen Omeletten abgesehen. Unerwarteterweise schneite es schon am Morgen, sodass Dean und ich beschlossen, uns im Akakura Onzen Skigebiet zu versuchen. Alle Hänge im Skigebiet liegen im Wald, sodass die Sicht wegen des Kontrastvorteils trotz dichten Nebels gar nicht so schlecht war. Dafür ist man von den japanischen Regulationen eingeengt, die unter Androhung des Verlustes des Tickets besagen, dass das Verlassen der Piste strikt untersagt ist. Aber genau hier, wie im meterhohen Tiefschnee unter den Bahnen war das Vergnügen des heutigen Tages am grössten, und ich verzichtete auch nicht darauf. Immer wieder war ich auch im Wald unterwegs, geriet einmal aber an den Ansatz eines Tobels, sodass ich schwitzend wieder bergauf kämpfen musste. Mein Fuss machte die ganzen Schneeabenteuer netterweise bestens mit, Dean war mit seiner Fussverletzung aber deutlich vorsichtiger als ich und folgte meist der Piste. Deshalb verloren wir uns um die Mittagszeit beim obersten Lift, dessen Bergstation tiefer als 1900 m.ü.M. liegt. Aber wir trafen uns zufällig wieder und fuhren zum grossen, hipen Akakura Kanso Hotel, wo eine spezielle Art von Schokolade zubereitet wird – mit Zimt, Nelken und Pfeffer (!) – überaus lecker. Auch am Nachmittag waren wir nochmals intensiv im Tiefschnee unterwegs. Was für ein Gefühl, nach Monaten von Wärme das ultimative Winterabenteuer zu erleben!
Die vier kleineren Skigebiete sind leider kaum verbunden untereinander, obwohl sie zusammengehören. Wenigstens fanden wir am Nachmittag eine Verbindung zu unserem Dorf; allerdings erreichten wir ungewollt den wohl tiefsten Punkt des gesamten Skigebietes, ohne dass wir dies realisierten, sodass wir ins Dorf mindestens anderthalb Kilometer bergauf zu gehen hatten, äusserst lästig.
Glücklicherweise durfte ich auf meinen Wunsch das Zimmer wechseln und nächtige jetzt in einem typisch japanischen Zimmer ohne Bett. Am Abend kamen zwei Bedienstete, die mir zwei Matten mit Leintüchern einpackten, mitten im geräumigen, ausgezeichnet geheizten Raum mit viel gesünderer Atmosphäre. Nach einigen Bieren liessen wir es uns gutgehen im Onzen, pflegten unsere beanspruchten Muskeln. Nach dem Abendessen in einem kleinen Restaurant mit überaus freundlicher Bedienung spazierten wir zu dritt ein Viertelstunde durch das Dorf und erreichten eine kleine Radiostation, wo Fiona heute Nachmittag für ein Interview angefragt wurde. Tatsächlich nahmen wir teil an einer zweistündigen Radioshow, die am Samstag zwischen acht und zehn Uhr morgens ausgestrahlt wird. Bill, der amerikanische und gut japanisch sprechende Moderator, sprach uns auf unsere Heimat an, warum wir den Schnee Myokos suchen. Natürlich war auch meine lange Reise ein gutes Fressen für Bill. Währenddessen leerten wir beinahe eine grosse Flasche Sake (1.8 Liter!). Vor allem genossen wir die angenehme Atmosphäre im finnischen (!) Holzhaus, genossen weitere japanische Kleinigkeiten und verliessen das kleine Studio erst deutlich nach zehn Uhr. Der Schneefall hat unterdessen aufgehört, es ist sternenklar, eiskalt, morgen dürfte es einen Traumtag geben. Deshalb ist jetzt Schlaf angesagt – zum ersten Mal in einem echt japanischen Zimmer.