Der Reisebericht des Flossabenteuers vom Fr, 20.7.12 bis Mi, 8.8.12 aus Sicht des Expeditionsleiters...
Verfasst am 3. August und den folgenden Tagen!
Momentan sitze ich in Dhermi im Hotel Luciano und fühle mich wenigstens einigermassen fähig, einige Formulierungen zur Albanien-Reise 2012 anzubringen. Seit Tagen kämpfe ich nämlich gegen das Fieber. Es ist nicht ganz klar, ob ich mir eine leichte Lungenentzündung eingehandelt habe. Obwohl das Fieber jetzt weg ist, fühle ich mich krank und schwach. Georgettes Antibiotika haben erst nach vier Tagen begonnen, wenigstens einigermassen zu wirken. Sechs Tage sind wir jetzt bald hier in Dhermi am Ionischen Meer, wir werden von sehr netten Leuten bewirtet, haben eine einfache Unterkunft im obersten Stock (50€/Tag für die ganze Familie) mit grandioser Sicht auf Meer und Kieselstrand. Das Wasser ist glasklar und blitzsauber.
Kulinarisch werden wir bestens verwöhnt, alles, was aufgetischt wird, schmeckt ausgezeichnet. Aber ich bin nur faul hier und mag gar nichts unternehmen. Aber vielleicht brauche ich ja genau dies nach den sehr bewegten und ereignisreichen Tagen auf dem Floss auf der Vjosa.
Der Trip stand eigentlich von allem Anfang an unter einem unguten Stern. Schon am Mittwoch vor unserer Abreise fühlte ich mich schwach und wäre wohl besser nicht mehr ins Training gegangen. Am Donnerstagnachmittag machte sich der Husten und das Fieber immer mehr bemerkbar. Ich schaffte es gerade noch, den Anhänger definitiv startklar zu machen. Um Mitternacht wurde ich von Zollers abgeholt, ich lag mehr oder weniger flach im Kofferraum, Conny und Guido teilten sich die Aufgabe des Fahrens bis Ancona.
Es war absolut problemlos, dass sich hier am Hafen alle Partien zusammenfanden. Da waren Georgette und Fabienne, die in ihrem eigenen Auto angereist kamen (und die in den Hügeln Ancona noch etwas ausgeschlafen hatten), und da erschien die ganz junge Crew mit Dan, Livia, Josua, Florian, Flavia, die uns zu Fuss vom Bahnhof aus erreichten. Die Fähre hatte schliesslich zweieinhalb Stunden Verspätung, sodass wir noch Zeit fanden, im Hafen eine erste kühle Erfrischung zu nehmen. Wir verliessen Ancona auf der gewaltigen Superfast-VI-ANEK-Fähre um 16 Uhr. Wir fanden Zeit für Salami-Dinner, Bier, Swimmingpool, derweil ich versuchte, mich möglichst zu schonen. Aber es ging mir den Umständen entsprechend recht gut. Natürlich erreichten wir Igoumenitsa in Griechenland entsprechend etwas später als geplant. Dies war aber nicht wirklich störend, den die Anschlussfähre Richtung Korfu verliess den Hafen schon zwei Stunden später. Jetzt wurde die Sardinenbüchse – Zollers Auto – zum ersten Mal so richtig gefüllt. Alles nicht menschliche Gepäck kam in den Anhänger, der Kofferraum wurde mit menschlichem Gepäck gefüllt… Auch in Fabiennes Auto fanden zwei Leute Platz.
Es war in Kerkyra aber weniger einfach als erwartet, die nächste Fähre nach Saranda zu buchen. Die erste Information war, dass noch gar keine Fähre nach Saranda fahren würde, sie sei noch in Revision…, aber ich wusste mehr als die eigentlich nette Bürogumsel, die mir schliesslich bestätigte, dass ab Sonntag die Kaliopi tatsächlich nach Saranda fährt. Nur Buchen war noch nicht möglich, weil das Computersystem noch nicht dafür eingerichtet war. So fuhren wir denn nach Sidari zum nordwestlichsten Zipfel der Insel und suchten beim "Canal d’Amour" meine geplante Unterkunft – und das Glück war uns unglaublich hold – genau für zwei Übernachtungen waren noch genügend Zimmer frei – für 30€ die Nacht pro Zimmer… Natürlich wurden die pittoresken Buchten des Canals d’Amour gleich schwimmend erkundet, und wir versuchten uns im Klippenspringen, allen voran Shania, die mir nichts dir nichts von fast zehn Metern ins Meer sprang.
Kulinarisch wurden wir am Abend trotz Lobsters und Fisch nicht sonderlich verwöhnt, aber die Unterkunft war einfach perfekt, wir sassen am Abend noch einige Zeit vor unserer Villa.
Am Sonntag fühlte ich mich wieder etwas schlechter, ich lag und schlief und lag und schlief, schonte mich, soweit die möglich war, aber der Husten wurde eher immer übler. Auch eine Meerwasserkur brachte nicht den gewünschten Erfolg. Am Sonntagabend fuhren wir dann zum Sunset-Point, einem touristisch gut erschlossenen und bekannten Ort, an dem man Sonnenuntergang bei Bier und gutem Essen geniessen konnte. Man konnte die Rosamunde-Pilcher-Steilküste hier aber auch gut zu Fuss bewältigen. Es war hier am Strand mit der gewaltigen Steilküste windiger, und dementsprechend hatte es mehr Wellen. Wir blieben lange sitzen an diesem schönen Ort, und in zehn Minuten waren wir auch schon wieder bei unserer Unterkunft.
Am Montag glänzten Zollers mit Verschlafen, sodass wir es nicht ganz schafften, Sidari pünktlich um neun Uhr zu verlassen. Gleichwohl erreichten wir Kerkyra rechtzeitig, um zu Tickets nach Sarande zu kommen. Jetzt war aber viel Geduld verlangt, denn die Kaliopi fuhr viel später ein als erwartet – dafür war sie extra für uns frisch gestrichen worden…, sodass wir Korfu erst um 16 Uhr verliessen. Zuerst musste aber noch Hyundai und Anhänger auf die kleine Vier-Auto-Fähre kutschiert werden. Dies gelang ohne Probleme. Schliesslich waren nur unsere drei Fahrzeuge sowie eine Handvoll Leute auf der frisch hergerichteten Fähre.
Wir erreichten Sarande in Albanien problemlos – auch die Wellen waren diesmal nicht mehr unangenehm hoch. Die Spannung war jedoch gleichwohl nicht klein, weil noch der Zoll überwunden werden sollte. Weil das Internet gerade in diesem Moment nicht verfügbar war, musste ich einige Zeit warten, und dies war schliesslich vielleicht auch der Grund, dass wir samt Anhänger ohne Kontrolle über die Grenze kamen. Es waren keinerlei dumme Fragen zu beantworten, im Gegenteil: Wir wurden äusserst zuvorkommend behandelt. In der nahen Bank wechselten wir erste Lekes (100 Leke = Fr. 8.59) und fuhren (wieder zusammengepfercht wie in einer Konservenbüchse) bergan aus Sarande heraus Richtung Gjirokaster. Nach landschaftlich wirklich reizvoller Fahrt erreichten wir bald die Passhöhe, worauf es nicht mehr weit war bis zu unserer Zielstadt und dem Basecamp, dem Hotel Gjirokastra in der gleichnamigen Stadt. Eine kurze Schrecksekunde erlebten wir, als wir einen Polizei-Checkpoint passierten. Aber niemand kümmerte sich wirklich um unseren überladenen Wagen… Nach einem sehr steilen Aufstieg Richtung gewaltiges Castell wurden wir im Hotel sehr herzlich empfangen. Obwohl nicht nicht vorgebucht hatte, waren genügend Zimmer frei – die Suite im dreihundertjährigen Nebenhaus war Zollers vorbehalten. Nach dem Abendessen in einem kleinen albanischen Restaurant mit einheimischen Spezialitäten stiessen nach langer Irrfahrt per Zug und stürmischen Fährfahrten auch noch Sonja und Sebastian zu uns.
Am Dienstag ging die Vorbereitung für den Flosstrip in seine letzte Phase. Zu siebt fuhren wir im Hyundai all unserer Material nach Carcove. Bei Kelcire wurde die Vjosa leider durch ein Lehmziegelwerk unerhört verschmutzt. Glücklicherweise galt dies aber nur für den untersten Teil des Flusses. In Permet, dem letzten grösseren Ort vor unserem Startpunkt musste ein Ort gefunden werden, bei dem wir unsere Schläuche pumpen konnten. Schliesslich half uns in einem Hinterhof einer Tankstelle ein alter Einheimischer beim Pumpen unserer achtzehn Schläuche, die wir jetzt (und dies war eigentlich nicht so geplant) rund um Anhänger und Hyundai festbanden oder anhängten. Was für ein funny Transport für die letzten 25 Kilometer. Die Strasse begann jetzt dramatisch anzusteigen, und ich liess es mir nicht nehmen, mich wie früher auf den Bussen in Indonesien auf das Dach des Anhängers zu setzten, die Landschaft zu geniessen und vor allem Ausblicke auf die Vjosa zu haben, denn noch immer war ich mir nicht sicher, ob die Vjosa im obersten, wildesten Teil für unsere Flosse überhaupt passierbar ist.
Schliesslich erreichten wir Carcove, fanden bei einer Hängebrücke einen idealen Ort, all das Material ab- und auszuladen und gleich auch noch einen idealen ersten Lagerplatz zur Verfügung zu haben. Während sich Guido und seine Crew um den Aufbau des ersten Lagers und den Bau der Flosse kümmerte, fuhr ich den Hyundai samt Anhänger zurück nach Gjirokaster, das ich um 17 Uhr erreichte. Eine halbe Stunde später waren wir mit dem Auto den netten Hotelboys schon unterwegs mit dem restlichen Teil der Crew Richtung Start. Als wir hier um etwa 19.30 Uhr ankamen, waren die Flosse bereit, der Schlafplatz eingerichtet, das erste Essen vom Feuer vorbereitet. Was für ein herrlicher Abend an diesem friedlichen Fluss! Sorgen machten mir aber schon jetzt die fertig erstellten Flosse, die mir weniger stabil erschienen als erwartet. Ich hätte wohl doch die 18-er-OSB-Platten nehmen sollen (statt die 12-er), ausserdem hatte Guido seinen Akkubohrer vergessen und musste deshalb auf die dünneren Schrauben zurückgreifen, um nicht zu viel Akku zu verbrauchen. Aber diese etwas flauen Gefühle verdrängte ich und genoss den schönen Abend, zumal es mir genau im richtigen Moment etwas besser zu gehen schien. Nach einigen Gläsern Rotwein kam Guido auf die Idee, den Vodka zu öffnen, den ich noch im Duty-free in Korfu gekauft hatte. Während Fabienne wie ein Trüffelschwein immer noch einen Rotwein aus einer entfernten Ecke des Lagers fand und schliesslich austrank, leerten Georgette, Guido und ich am Lagerfeuer die ganze Flasche Vodka. Dass es dabei immer feuchtfröhlicher zu- und herging, versteht sich von selbst – und dass die restliche Crew deshalb nicht wirklich schlafen konnte leider ebenso… Schiesslich gab Georgette ihre schrägen Singreime zum Besten (und wir versuchten einzustimmen), und Guido zettelte das Bäsi-Spiel an – mit mir als Verlierer. Ein Bad im Fluss um drei Uhr in Ehren kann niemand verwehren… - die Frauen suchten das Nass später freiwillig auf… – und ich besorgte immer wieder neues Holz, das für die nötige Stimmung sorgen sollte. Erst um halb vier Uhr hatten auch wir uns genügend beruhigt, um auch schlafen zu können… Ich schlief gleich am Feuer tief ein.
Gleichwohl war ich am Morgen einer der ersten, der aufstand und das Feuer wieder frisch aktivierte. Schlangenbrot, Salami, Kaffee sollten uns für den ersten Flosstag stärken.
Schliesslich hatten wir unsere sieben Sachen gepackt, und wir stellten fest, dass wir nicht übertrieben hatten mit der Menge unseres Expeditionsmaterials. Alles inklusive der zusätzlichen Blache und der Zelte fand in den Kisten Platz. So ging es etwa um halb elf Uhr los mit unserem ersten Flossabenteuer. Die Vjosa war zu Anfang lieblich und stellte uns kaum vor Probleme. Einige kleine Stromschnellen wurden problemlos bewältigt. Ich übernahm mit meiner Crew den Anfang der Trosses. Die fünf Ersatzschläuche waren dem Floss des Chefs angehängt und behinderten uns nur wenig. Der Gruppe wurde aber bald bewusst, dass Flossfahren bedeutet, dauernd achtsam zu sein. Mit den Staken musste unseren einfachen Gefährten immer wieder die gewünschte Richtung gegeben werden. Aber es war nicht daran zu denken, das Floss einfach treiben zu lassen. Die Flosse hielten den ersten Belastungen problemlos stand. Vielleicht war es ja auch gut, so leicht gebaut zu haben. Die OSB-Platten glichen sich den durch Wasser und Schläuche vorgegebenen Bewegungen bestens an. So war zu Anfang viel Genuss angesagt. Wir fanden Zeit, uns in die Schläuche zu legen und uns von den sich gleichsam gratis bewegenden Flossen ziehen zu lassen. An einer Stelle mussten wir allerdings einem in den Fluss ragenden grossen Ast ausweichen, was nicht allen so gut gelang – aber das Floss zog vorwärts - und der Ast war überwunden. Zudem war die Landschaft einfach traumhaft. Das gewaltige Nemercka-Gebirge türmte sich zu unserer Linken auf, von Siedlungen war gar nichts zu sehen. Wir passierten uralte Hängebrücken, kleine Kühe, die niemandem zu gehören schienen, weideten am Flussrand. Unter einem unterspülten Felsen nährte eine Quelle ein mehrgefiedertes Pflanzenreich. Die Wassersäcke, die wir aussen an den Kisten montiert hatten, waren aber noch nicht nachzufüllen!
Aber der Schein des reinen Vergnügens trügte. Unter einer Hängebrücke wollten wir bei einer weiteren Quelle eine kurze Rast machen, als Florian auf einen aus einem alten Hängebrückenbrett ragenden rostigen Nagel stand. Dieser bohrte sich durch den Turnschuh gleich tief in Flos Ferse ein. Sofort wurde er aus unserer Apotheke medizinisch versorgt, aber Fragen nach einer kommenden Blutvergiftung standen natürlich sofort im Raum. Schliesslich setzten wir die Fahrt aber gleichwohl fort. Und dann kam sie dann doch, die erste Stelle, die sich auch für unsere Flosse als etwas heikler herausstellte. Mein Team schaffte es noch relativ problemlos, die Stelle, die sich als leichte Walze herausstellte, zu überwinden. Aber Guidos Team schlug mit dem Floss schon ziemlich stark gegen einen Stein, sodass eine Platte schon eine starke Schramme abbekam. Das dritte Floss mit Dan, Josua, Flo und Flavia kämpfte aber mit veritablen Schwierigkeiten, denn sie prallten frontal gegen einen Felsbrocken gleich neben der besagten Walze. Das Holz war viel zu schwach und zerriss augenblicklich, derweil die Passagiere ins Wasser geschleudert wurden, sich aber ohne Verletzungen retten konnten. Aber Tatsache war, dass eines von drei Flossen schon nach kaum zweieinhalb Stunden einen derartigen Schaden davongetragen hatte, dass er beinahe irreparabel war. Die erste Krisensitzung nach so kurzer Zeit war angesagt. Sofort machte ich mich daran zu planen, wie der havarierte Kahn zu retten war, und ich sah bald eine Lösung.
Aber die Gruppe kam zum ersten an ihre Grenzen wurde heftig auf die Probe gestellt. Es war um die Mittagszeit und sehr heiss, weshalb wir uns am Flussrand ein schattiges Plätzchen suchten. Hier diskutierten wir, wie es weitergehen sollte. Vielen war die Angst ins Gesicht geschrieben. Dazu wurde die schlechte Stimmung noch dadurch gestärkt, dass Georgette und Guido meinten, alle müssten am selben Strick ziehen, und die Arbeiten müssten gleichmässig verteilt werden, was die Stimmung noch einmal verschlechterte. Ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt für derlei Diskussionen... Leider wollten jetzt zwei Personen, nämlich Florian und Flavia, sofort aussteigen. Florian machte sich vor allem Sorgen um seinen Fuss, und Flavia zog wohl vor allem deshalb am selben Strick. Am andern Flussufer konnten sie über einen Einheimischen ein Taxi organisieren, das sie zurück nach Permet und später nach Gjirokaster bringen sollte. Die restliche Crew wollte aber dabeibleiben. So machten sich Guido und ich daran, aus dem entstandenen Wrack wieder ein gebrauchsfertiges Floss, wenn auch ein kleineres, wendigeres zusammenzubasteln. Die Krux an der Sache war, dass der Akkubohrer bald seine Leistung aufgab. Zwei Fehler wurden uns jetzt bewusst. Erstens hatte ich mich wohl falsch entschieden in der Wahl der Dicke der OSB-Platten, zweitens hatte Guido seinen Akkubohrer zu Hause gelassen, und wir konnten nur die dünneren, weniger stabilen Schrauben gebrauchen, welche leider nochmals für weniger Stabilität sorgten. Aber wenigstens reichte so der Strom, dass wir mit den nötigen Arbeiten beinahe fertig wurden. Zwei letzte Schrauben liessen sich nicht mehr hineindrehen, sodass wir uns mit einem kleinen Zurrfix behelfen mussten (die uns auch in den folgenden Tagen weitere nützliche Dienste leisten sollten).
Nach kaum einer Stunde waren wir wieder startklar, die beiden Aussteiger herzlich verabschiedet. Für sich hatten sie sich bestimmt richtig entschieden. Wir wollten ab sofort wesentlich vorsichtiger weiterfahren. Jedem sollte es frei sein, bei einer Stromschnelle, das Floss verlassen zu können. Wir wollten bei heiklen Stellen die Flosse vermehrt ohne Passagiere über die Stromschnellen gleiten lassen. Vor allem Conny und die beiden Kinder machten von diesem Recht sehr häufig Gebrauch. Die anfängliche Nonchalance wich jetzt bei den meisten einer Übervorsichtigkeit, und mir kostete es einiges mehr an Einschätzungsvermögen, Kraft und Energie, die Gruppe zusammenzuhalten. Ich bildete jetzt mit Dan und Livia die Spitze des Trosses. Livia hatte jetzt aber so viel Respekt vor der Fortsetzung des Trips, dass es für Dan nicht einfach war, seine vorhandene Power wirklich einsetzen zu können. Wir hatten aber auch abgemacht, bald einen Lagerplatz zu suchen, den wir ohne weitere Probleme etwa um vier Uhr auch erreichten.
Und dieser zweite Lagerplatz war noch um einiges idyllischer als der erste. Nach einer Biegung der Vjosa fuhren wir einer dramatischen Felswand entgegen, und just davor machten wir bei einer feinen Sandbank Halt, ideal für Lager, fürs Kochen. Und wir hatten genügend Zeit, die wilde Umgebung zu erkunden. Wir spannten ein Seil über den Fluss, über den wir jetzt bestens übersetzen konnten. Livia, Dan, Sebastian und die Girls trafen hier auf eine kranke Schildkröte, die gleich von den vielen Zecken befreit wurde. Es wurde gefischt – für einmal beinahe erfolgreich – der Fisch zappelte schon an der Rute, entkam aber schliesslich doch noch. Faszinierend war aber vor allem die mehr als urige Landschaft: im Hintergrund der bedrohlich Nemercka, im Vordergrund drei dicht bewaldete Hügelspitzen, beinahe unwirklich, Wilderness pur. Heute suchten wir etwas mehr Holz, damit wir auch in der Nacht noch über genügend Licht verfügten. Gemeinsam zauberten wir ein exquisites Risotto aus den Töpfen - ich fand einmal mehr Verwendung für meine geschmolzene Schweizer Butter - und auch der mitgebrachte Tilsiter eignete sich hervorragend, um dem Reis die nötige Würze zu verleihen. Dazu gab es herrlichen frischen Salat aus einheimischen Gurken und Tomaten. Conny entstresste sich am Lagerplatz mittels Zwiebelnschnetzeln. Georgette widmete sich einmal mehr der Vorbereitung des Teiges für das Schlangenbrot, das für den nächsten Morgen gedacht war. Da auch an diesem Abend ein ordentlicher Wind blies, bastelten Fabienne und Sonja lange an einem Windschutz aus einer Blache. Auch diese Nacht waren kaum Mücken auszumachen. Die Stimmung stieg im Verlaufe des Abends wieder um Welten. Mein Lagerplatz sollte auch diese Nacht neben dem Feuer sein.
Natürlich war uns bewusst, dass wir noch nicht viele Kilometer zurückgelegt hatten, und auch am nächsten Tag sollten wir vor weiteren Abenteuern nicht verschont bleiben. Offenbar war es jedoch jedem zu wenig bewusst, was für Klippen uns auf diesem Trip wirklich heimsuchen konnten. Von allem Anfang war nicht klar, ob plötzlich ein Wasserfall auftauchen sollte, der dann wirklich nicht mehr so leicht zu bewältigen sein würde. Es war klar kommuniziert worden, dass wir unter Umständen einen solchen Wasserfall zu umgehen hätten, und deshalb hatte ich ja auch auf die Leichtbauweise der Flosse gesetzt.
Wir fuhren am Donnerstag weiterhin ultravorsichtig weiter und brauchten deshalb viel Zeit für die wenigen Kilometer. Immer wieder redeten wir über Permet als Zwischen (oder End-)Station unseres Trips, aber wir konnten nicht richtig einschätzen, wie weit wir in Wirklichkeit schon vorwärts gekommen waren. Aber allmählich verabschiedeten wir uns von der Vorstellung, den Zielort Tepelene auch wirklich zu erreichen. Es sprach auch nichts dagegen, langsamer als geplant vorwärts zu kommen und einfach die grandiose Natur dieses Landstrichs zu geniessen. Wir kämpften an diesem Tag zuerst mit einer ziemlich langen, aber eigentlich ungefährlichen Stromschnelle, die ich nicht jedem Teilnehmer zumuten wollte. Schliesslich brachten Dan und ich (nur zu zweit, bei der zweiten Fahrt half auch Livia mit) alle drei Flosse über diese heikle Stelle. Mit vollem Krafteinsatz konnte dreimal einem etwas bedrohlichen Felsbrocken ausgewichen werden. Die Stromschnelle war zu lang, als dass wir sie gehend am Seil hätten bewältigen können. Und dann wies uns ein Einheimischer auf eine Stelle hin, bei der die an sich ruhige Vjosa offenbar Wirbel bildete. Ultravorsichtig passierten wir auch diese Stelle, ohne von einem Strudel etwas zu bemerken. Mehr Angst hatte ich vor einem Wasserfall, der vielleicht komme möge; vielleicht hatten wir den alten Albaner ja falsch verstanden. Aber auch von solcherlei Unbillen blieben wir verschont. Aber der Flosstag war noch nicht vorbei... Eine an sich leicht zu überwindende Stromschnelle wurde für das zweite und dritte Floss zu einem Problem, weil beide Flosse sich plötzlich in stillem Wasser wiederfanden und nicht aus diesem herauskamen. Sebastian verliess dazu noch das Floss und blieb auf einem moosigen Felsen stehen. Er wollte wohl das Floss aus dem sich drehenden stillen Wasser herausziehen; dies gelang ihm aber nicht. Ins Wasser zu springen und wegzuschwimmen empfahl ich ihm nicht, weil ich nicht wusste, wie sehr der Felsen unter ihm unterspült ist und was die entstehenden Wirbel mit ihm vorhaben würden. Ich war mit Dan und Crew auf der richtigen Seite des Flusses gelandet. Zwei Drittel der Crew sassen auf der anderen Flussseite fest und wusste nicht, wie sie Sebastian wieder aufs Floss bringen würden. Immer wieder wurden die Versuche abgebrochen, ihn wieder aufs Floss zu bringen, weil sie immer wieder ins stille Wasser abgetrieben wurden. So entschloss ich mich, die Vjosa weiter oben an einer sicheren, ungefährlichen Stelle zu überqueren und den andern zu Hilfe zu eilen. Endlich angekommen packte ich sofort eine Schwimmweste der Kinder und schwamm, das Floss stossend, zu Sebastian, der schliesslich aufs Floss aufspringen konnte.
Jetzt waren aber nur zwei Personen, nämlich Livia und Dan auf der richtigen Seite des Flusses. Dan warf ein Seil über den Fluss, das gespannt wurde und das ich nutzen wollte, daran hangelnd auf die andere Seite zu gelangen. Als ich mich in der starken Strömung am Seil bis in die Mitte des stark strömenden Flusses vorgekämpft hatte, aber vom Wasser förmlich überspült wurde und immer wieder versuchte, seitlich nach Luft zu japsen, verliessen mich die Kräfte, und es blieb mir nichts anderes übrig, als mich gehen zu lassen. Zum Glück hatte ich schon vorher eine Schwimmweste montiert, und es gelang mir, trotz starker Strömung die andere Seite des Flusses zu erreichen. Zu dritt zogen wir jetzt die beiden Flosse im stillen Wasser samt Passagiere an den Seilen auf die „richtige“ Seite des Flusses. Es war einiger Kraftaufwand nötig, aber es gelang uns, die Flosse auf die andere Seite des Flusses zu ziehen. Jede Anstrengung hatte bei mir wieder einen heftigen Hustenanfall zur Folge…
Wiederum fanden wir einen genialen Lagerplatz, waren uns aber bewusst, dass unsere Vorräte an diesem Abend definitiv zur Neige gehen würden. So kochten wir die letzten Pakete schweizerischer Nudeln, die letzten Portionen an Tomatensauce. Ich machte mich jedoch auf zur nahen Strasse, wo ich einige Zeit wartete, bis mich ein einheimischer Mercedes fünf Kilometer weit bis zu einem Weiler mitnahm, wo ich in einer Bar einen Rucksack voller Mineralwasser und eine Tüte voller herrlich kühlem Bier besorgte. Die Tochter des Hauses sprach sogar einige Brocken Englisch und erklärte mir, dass mich ihr Bruder bald zurück zu unserem Lagerplatz fahren würde. Was für ein Auftritt dieses eigentlich netten jungen Mannes! Die Schwester half ihm beim Schuhe- und Hemdenanziehen, versorgte dessen Slippers, die er achtlos auf dem Boden liegen gelassen hatte, an seine Stelle. Die Rollenververteilung der Geschlechter ist hier sehr klar geregelt... Die Freude war allenthalben gross, als ich mit den kühlen Getränken wieder erschien. Der Lagerplatz war unterdessen fast fertig eingerichtet, Wasser für Tee und Nudeln vorbereitet. Wir verbrachten einen harmonischen Abend am riesigen Lagerfeuer. Fabienne und ich stellten riesige Holzstämme zu einem Dreibein zusammen. Wie lange dieses Dreigestirn wohl halten würde? Derweil hängten wir in unseren bequemen Schläuchen, die sich bestens als Sitz oder Sessel nutzen liessen. Wir spielten noch einmal das Werwolf-Spiel - Livia ist wirklich eine überlegte Spielerin und überzeugte als gewiefte Taktikerin. Leider waren wir beim Fischen einmal mehr nicht erfolgreich. Die Vjosa gibt diesbezüglich eindeutig weniger her, als ich erwartet hatte. Aber das Wasser ist wirklich sauber. Anfänglich achteten wir genauestens darauf, dass das Wasser auch wirklich zehn Minuten siedet, wenn es aufgesetzt ist. Aber niemand zeigte die ganze Zeit nicht die kleinste Spur von Magenproblemen. Trotzdem ist das Wasser weniger glasklar, als ich dies erwartet hatte.
Und dann kam der Freitag. Einmal mehr hoffte ich, dass die Vjosa jetzt endlich den gebirgigen Teil verlässt und wir leichter über die immer wiederkommenden Stromschnellen kommen würden. Zudem war ich am Morgen eine Stunde damit beschäftigt, gelöste Holzplatten und Querlatten mittels Spannsets und Zurrfix zu stabilisieren - ein wohl sehr weiser Entscheid, wie sich später herausstellen sollte. Lieber hätte ich mit Schrauben fixiert, aber die Akkubohrmaschine tat weiterhin keinen Wank mehr. Aber der Tag sollte zur veritablen Piece de Resistance werden. Nach einigen leichteren Stromschnellen, bei denen wir die Flosse an einem Seil sichernd problemlos gemeinsam ins Ziel brachten, stiessen wir auf eine längere, wildere Stromschnelle. Das wirklich Gefährliche an dieser Stelle war, dass das Wasser an der untersten Stelle frontal gegen einen riesigen Felsbrocken prallte. Dummerweise legten wir mit unseren Flossen erneut auf der falschen Seite des Flusses an. Nach einigen Beratungen entschied ich mich, schwimmend mit einem Seil in der Hand den Fluss zu überqueren. Dies schaffte ich relativ locker, obwohl das Wasser schon recht reissend war. Auch Dan überquerte den Fluss schwimmend. Jetzt sicherte ich das mittere Floss an einem kräftigen Baumstrunk. Das oberste Floss wurde am mittleren mit fünf Metern Abstand an einem Seil befestigt, das unterste mit über zehn Meter Seil am obersten. Die Flussströmung sollte die Flosse inklusive Passagiere auf die andere Seite des Flusses befördern, wenn nur Seile und Anhängevorrichtung halten sollten. Das erste Floss wurde samt Passagieren auf diese Weise wie geplant auf die andere Seite getrieben. Etwas mehr Glück hatten wir beim zweiten Floss, das plötzlich von den Wassermassen überspült wurde, im letzten Moment aber doch noch gerettet werden konnte. Das dritte Floss reagierte dann wieder so, wie ich dies erwartet hatte. Alle drei Flosse waren inklusive der Passagiere auf der richtigen Seite des Flusses. Leider war diese Seite des Flusses wesentlich mehr mit Büschen bewachsen als die andern Seite. Alle Flosse waren jetzt mittels Seilen abhängig vom Strunk, an dem das oberste Floss befestigt war. So fingen wir beim untersten dritten Floss an, es zu lösen und mittels gemeinsamen Ziehens an der linken Flussseite über die Stromschnelle zu lotsen. Und dies funktionierte bestens! Jetzt war das zweite (vormals das oberste) Floss dran. Und auch diesmal ging alles gut. Unbeschadet brachten wir es in eine ruhige Bucht. Und auch das letzte der drei Flosse brachten wir mit derselben Methode über diese bis anhin schwierigsten Klippe!
Die folgende Stelle kannte ich noch den Vorbeifahrten per Töff und Auto. Die Vjosa zwängt sich hier durch verkarstete, dunkel verbrandte Felsmauern – auf diese Stelle freute ich mich schon im Voraus ganz besonders. Aber die Crew war überhaupt nicht mehr gleich motiviert wie ich, dazu wussten wir schon am Morgen, dass unsere Vorräte fast vollständig aufgebraucht waren. Zwar hatten wir noch genügend Tee – wir hatten die Wassersäcke am Morgen mit reichlich Tee abgefüllt, aber es blieben nur noch etwas Salami, etwas Appenzeller Käse und etwas Brot übrig... Wiederum waren wir heute nicht besonders weit gekommen, Permet, das wir schon am zweiten oder dritten Tag erreichen wollten, schien noch meilenweit entfernt zu sein. Die Strasse nach Permet war zwar sichtbar, aber weit viel höher oberhalb einer rutschigen Felswand. Aber manch einer wäre in diesem Moment wohl am liebsten ausgestiegen, denn die folgende Stelle bereitete wiederum einigen Angst, denn es war nicht zu hundert Prozent absehbar, welchen Gang die Vjosa nach dieser langsam fliessenden Stelle wohl nehmen würde. Die allgemeine Verunsicherung hatte in diesem Moment wohl seinen Höhepunkt erreicht. Trotzdem konnte ich die Gruppe schliesslich überzeugen, diese weiteren wohl etwa vierhundert Meter noch hinter uns zu bringen. Tatsächlich bekam die Vjosa am Ausgang der Schlucht etwas mehr Zug, aber wir schafften es alle, am rechten Ufer anzulegen. An dieser Stelle versperrte ein riesiger Felsklotz scheinbar die Weiterfahrt.
Aber ich hatte die Botschaft der Crew einige Minuten zuvor schon verstanden. Wir wollten hier eine Rast einlegen, uns mit dem letzten Essen, das übrig blieb, stärken. So sass die Gruppe friedlich vereint und zumindest körperlich einigermassen fit beim Essen, derweil ich mich sofort auf die Erkundung der Umgebung machte. Fabienne war es, die mich auf die Idee brachte, dem Plateau oberhalb des Flusses zu folgen. So gelang es mir, diese enge Stelle wenigstens zu Fuss problemlos zu meistern. Ich verschaffte mir einen Überblick, entdeckte sofort einen vermutlichen Zugang zur Strasse, erklomm in Windeseile einen kleinen Hügel, von dem ich eine noch bessere Aussicht hatte und kam mit einem Vorschlag zur rastenden Gruppe zurück. Die beste Botschaft war wohl, dass es hier wirklich einen vernünftigen Exit gab; dies war vor allem für Georgette und Fabienne wichtig, die heute wie schon früher geplant aussteigen wollten, weil sie die nächsten fünf Tage noch für ihre Heimfahrt (1800 km) aufwenden wollten. Aber auch für die verbliebenen Teilnehmer der Crew hörte sich diese Möglichkeit des Exits wie Balsam an, denn auf diese Weise sollte es eigentlich kein Problem sein, zu neuen Nahrungsmitteln zu kommen – oder gar per Taxi das unterdessen bestimmt nahe Permet zu erreichen.
Ich erzählte auch, auf welche Weise wir die Flosse über diese letzte heikle Stelle bringen können. Auf dem schon beschriebenen rauen Felsenplateau liessen sich die Flosse bestens zuerst durch eine enge Stelle zwischen zwei Felsbrocken, anschliessend per bekannten Seilsicherungstechnik über die folgende Stromschnelle lotsen. Gleich anschliessend fand sich erneut ein wunderschöner Lagerplatz, den wir für die folgende Nacht nutzen konnten. Wir entschlossen uns, noch einmal an der Vjosa zu übernachten. Livia, Sonja und Sebastian erklärten sich bereit, nach Permet zu fahren und einzukaufen, während die anderen für einen tollen Lagerplatz sorgen sollten. Die Grill- und Kochstelle wurde mit jedem Tag noch mehr optimiert. Die flache Form der Steine eignete sich dafür ausgezeichnet. Die Bauten wurden mit jedem Tag kunstvoller.
Ich war selber froh, nicht auch noch für das Posten verantwortlich zu sein, denn unterdessen war auch ich völlig ausgepowert. Ich fühlte mich für das Wohlergehen der Truppe, aber auch für das Gelingen dieses etwas wahnsinnigen Trips verantwortlich und investierte extrem viel Energie. Woher ich diese während dieser Zeit nur hernahm, war mir selber ziemlich schleierhaft. Der Trip hatte nicht gerade verheissungsvoll begonnen, als ich in der Donnerstagnacht mit Fieber im Kofferraum von Zollers Auto lag. Auch am Sonntag lag ich noch mehrheitlich flach, ausserdem plagte mich ein aussergewöhnlich lästiger Würgehusten, aber eigenartigerweise wurde ich just auf den Flosstrip wieder einigermassen fit. Aber das wiederholte Eintauchen ins doch recht frische Wasser der Vjosa (wohl etwa 20 Grad) war für eine baldige Heilung des Hustens auch nicht wirklich förderlich... Nachdem ich die Einkaufstruppe sowie Georgette und Fabienne durch den ausgetrockneten Fluss bis zur Strasse begleitet und verabschiedet hatte (nach kaum einer Viertelstunde kamen die fünf in einem Mercedes - was denn sonst? - weg), fand ich wenigstens ich jetzt einmal etwas Zeit für mich, wanderte noch einmal zur letzten heiklen Stelle hoch, fotografierte, konnte die Zeit geniessen. Dan hatte dann die Idee, in einem Schlauch sitzend die letzten zwei speziellen Passagen genüsslich herunterzudraften. Auch mit dem Floss wären eigentlich beide Stellen problemlos zu meistern gewesen.
Schon recht bald erschienen die drei Poster mit Taschen voller Essen und Bier, aber es war ihnen ein Missgeschick unterlaufen. Die Tasche mit all dem frischen Gemüse hatten sie in einem Laden liegen lassen. Welch ein Ärger! Es war Sonja, Sebastian und Josua extrem hoch anzurechnen, dass die drei ein weiteres Mal nach Permet fuhren, um die verlorene Tasche zu holen. Es war unterdessen schon dunkel, als das köstlichste aller Risottos endlich bereitstand. Der Höhepunkt sollte aber noch folgen: Josua ist ein wahrer Fischspezialist. Seine Marinade mit Knoblauch und Olivenöl war ein Gedicht, der Fisch vom Grill einfach hervorragend. Wie jeden Abend waren die Unbillen des Tages zwar nicht vergessen, so aber doch verarbeitet. Bei einem grossen Feuer hängten wir in unseren Schläuchen - gleichsam zeitlos, nur der Rotwein aus Permet war nicht so gelungen und erinnerte uns eher an einen missratenen Essig...
Eigentlich wollten wir am Samstag all unser Material die Steinschlucht hoch zur Strasse schleppen. Mein Vorschlag, doch noch etwas weiter zu fahren, um nach einer einfacheren Ausstiegsmöglichkeit Ausschau zu halten, wurde von der Mehrheit verworfen. Dabei setzte wohl vor allem Livia ihren Willen durch. Die jungen Leute wollten an diesem schönen Ort lieber noch etwas hängen und das Material zur Strasse hochtragen. Schliesslich waren wir noch vier, welche einen weiteren Teil der Vjosa erleben wollten, derweil sich Conny per Taxi auf den Weg nach Gjirokaster machte, um das Auto zu holen. Sie hatte damit ihr ganz eigenes besonderes Erlebnis, denn auf halbem Weg hatte sie das Taxi zu wechseln, das über eine ganz besondere Einrichtung verfügte. Wenn der Fahrer weiter am Zündschlüssel drehte, beschleunigte das Auto um ein Mehrfaches – und sie erreichte Gjirokaster in Rekordzeit… Und dieser Samstag wurde wirklich stressfrei. Die Vjosa zeigte sich jetzt endlich von seiner lieblichsten Seite. Zwar passierten wir wieder einige kleine Stromschnellen, die aber alle problemlos zu meistern waren. Innert zwei Stunden hatten wir Petran erreicht. Mich wollte der Fluss zwar auch jetzt noch nicht loslassen, denn ich schätzte, dass Permet wirklich in weniger als zwei Stunden erreicht werden könnte, aber Guido lockte mich mit einem kalten Bier auf die Strasse, zudem waren wir an einem ganz besonderen Ort angekommen. Ein Nebenfluss brachte hier nämlich Wasser in die Vjosa, das wohl an die 30°C hatte – irgendwo im nahen Nationalpark musste es eine heisse Quelle geben. So vergnügten wir uns zusammen mit einigen Einheimischen im warmen Wasser dieses Nebenflusses – herrlich! Wir hatten ein weiteres Bier in der nahen Bar noch nicht leergetrunken, hielt Connys Auto gleich neben diesem kleinen Restaurant. So kam auch Conny noch in den Genuss der heissen Quelle. Guido fuhr jetzt das Auto zum Endpunkt der anderen Gruppe – sämtliches Material hatten sie bereits hoch zur Strasse geschafft, inklusive der grossen Holzkisten, die ich nur ungerne in Albanien gelassen hatte.
Das letzte Floss war schnell auseinandergenommen, junge Einheimische halfen uns beim Hochschleppen des Materials. So waren die zehn Übriggebliebenen am späteren Nachmittag wieder vereint. Nach einem letzten Bad in der heissen Quelle fuhren wir jetzt Richtung Gjirokaster, wurden bei einem Checkpoint jedoch aufgehalten. Ich wollte aussteigen, durfte aber nicht. Der Polizist erschien mir doch recht mürrisch, griff an den Lichtschalter und schaltete das Licht an… - und wir konnten weiterfahren…
Wieder nahmen wir Unterkunft im Hotel Gjirocastra, assen im nahen Restaurant ausgezeichnet und blieben noch lange bei Bier, Raki und Kaffee sitzen…
Am nächsten Tag sollten sich unsere Wege trennen. Tirana war der Zielpunkt der jungen Crew, Livia, Sonja und Sebastian wollten am Dienstag per Flugzeug nach Mailand und nach Hause reisen, während Josua und Dan noch mindestens noch zehn Tage in Albanien bleiben und den Norden erkunden wollten.
Am Sonntagmorgen stellten Zollers und ich die Pläne kurzfristig um. Wir wollten nicht nach Durres, sondern nach Dhermi am Ionischen Meer fahren und das albanische Strandleben geniessen. Dafür fuhren wir zurück nach Sarande und dann entlang der Küste nordwärts. In Shendeli konnten wir einer traditionellen Hochzeit mit farbigen Volkstänzen beiwohnen. Nur das Brautpaar schien nicht glücklich zu sein. Es schien, als hätten sich die beiden zuvor noch nie gesehen…
Wir passierten Lukove, Borsh, Qeparo, Himare und erreichten endlich Dhermi. Im Hotel Luciano fanden wir einen perfekte Unterkunft mit zwei Zimmern direkt am Strand (50 € pro Tag). Aber meine Hustengrippe holte mich jetzt wieder ein. Ich blieb einige Tage vor allem flach liegend im Bett oder lesend auf unserer grossen Terrasse mit gediegener Aussicht. Das Fieber war wieder da und wollte nicht verschwinden. Hatte ich mir gar eine leichte Lungenentzündung geholt? Georgettes Antibiotika begannen erst nach vier Tagen zu wirken. Jetzt waren Erholungsferien angesagt – und dies passte allen. Dazu assen wir im dem Hotel angeschlossenen Restaurant ausgezeichnet, es gab nichts, das nichts hervorragend schmeckte – und dazu noch extrem preiswert war.
Erst am 4. August verliessen wir Dhermi nach sechs Tagen, aber nicht wie geplant Richtung Norden, sondern Süden. Noch einmal passierten wir Sarande, übernachteten zweimal in Ksamil, genossen noch einmal Albaniens feine Strände, machten einen Ausflug nach Butrint, einer griechisch-römischen kulturellen Stätte (UNESCO Weltkulturerbe) und fuhren nochmals ins Landesinnere Richtung Gjirokaster, um im zehn Grad kalten „Blue Eye“, einer auf dem Boden sprudelnden Quelle mit sauberstem Wasser zu baden. 35 Badewannen sauberstes Wasser pro Sekunde strömen hier aus dem Erdinnern, kein Mensch weiss woher. Dies ist schon erstaunlich, denn die Umgebung ist extrem trocken…
Am 6. August fuhren wir wieder nach Igoumenitsa (problemloser Grenzübergang) und fuhren am 7. per Fähre nach Venedig. Am Mittwochabend erreichten wir wohlbehalten Gossau/Oberbüren. Am Ofenpass hatten wir nochmals eine Schrecksekunde zu überstehen, als uns das Benzin ausging. Ich schaffte es gerade noch zu wenden (nicht so leicht mit Anhänger) und in Tschierv zu tanken…
Zu den Fotos!