Teil 18: Sumatra/Indonesien I

Sumatra wird morgen passé sein. Hier habe ich wieder die abenteuerliche und überaus ursprüngliche Seite Südostasiens kennengelernt. Vor allem im Süden der Insel gibt es keinerlei Touristen. Seit Tagen habe ich keinen Westler gesehen. Dafür sind die Einheimischen umso freundlicher mit mir. Gleich an zwei Hochzeiten war ich eingeladen. einmal wurde ich schon beinahe gezwungen, mit fünf indonesischen Schönheiten vor Hunderten von amüsierten Zuschauern ein Tänzchen zu geben.

 

Aber auch mit Naturschönheiten geizt die Region nicht. Die eindrücklichsten Erlebnisse waren das Zusammentreffen mit mehreren Orang-Utan-Müttern und ihren Babys, die Erklimmung des höchsten Vulkans Indonesien, überhaupt die wilde Natur mit all ihren Gefahren, Urwald, so weit das Auge reicht, der indische Ozean, der an Wildheit kaum zu übertreffen ist, Kraterseen, in denen es sich herrlich schwimmen lässt.

 

Nur die letzte Expedition ist mir nicht gelungen - der Besuch der Krakataus, der 1883 explodiert ist und eine 40 m hohe Flutwelle verursacht hat. Das Wetter ist momentan durchzogen - die Regenzeit hat mich endlich im Griff;-), der hohe Wellengang und der hohe Preis halten mich vorerst von dieser Expedition ab. Morgen geht's mit der Fähre nach Java!

Sa, 16.01.2016: Flug nach Medan – Hello Misteeeer!

Ich war pünktlich bereit heute Morgen für das Taxi, das mit zum Flughafen brachte (45 RM). Hier checkte ich ohne Probleme ein, obwohl mein grosser Rucksack mit 23 kg um drei Kilogramm zu schwer war. Helm und Töffkleider haben mir schon Mühe bereitet, dass sie neben dem üblichen Kram überhaupt Platz fanden darin. Nach einem Cappuccino im Kappa’s passierte ich die Zollkontrolle, wo ich mich einigermassen ärgerte, weil ich vergessen hatte, mein Taschenmesser in den grossen Rucksack zu packen und es am Zoll zurücklassen musste.

Der Flug nach Medan begann pünktlich um 9.55 Uhr und dauerte nur gerade 45 min. Ohne Probleme nutzte ich jetzt mein 60-d-Visum, wurde allerdings bei der Customs-Stelle ordentlich gefilzt – mein Gepäck schien ihnen doch verdächtig gross… Ich wollte zu Fuss den Flughafen verlassen, um per Becakoder TukTukin die Innenstadt zu fahren, alle teuren Taxiangebote lehnte ich ab. Es war dämpfend heiss und sonnig, fand mich bald auf einer vierspurigen Autostrasse wieder, weit und breit kein günstiges Gefährt in Sicht. Ich war nicht unglücklich, dass bald ein Auto mit drei lachenden Einheimischen anhielt und mireinen Lift anbot. Das sind immer Situationen, bei denen du in Sekunden entscheiden musst, ob diese Personen auch genügend vertrauenswürdig sind. Die drei überstanden diesen Check und sagten mir, dass hier keine Becakserlaubt seien. Tatsächlich liegt der kürzlich eröffnete neue Flughafen über 20 km ausserhalb der Stadt – und von dem wusste ich nicht einmal etwas! Vor allem der Fahrer war eine ganz bunte Person, konstant lachend und witzelnd. Er erzählte, dass er eben von Jakarta zurückgekommen sei auf der Suche nach jungen Frauen, die er für gewisse Etablissement gebrauchen möchte. Dieser Englischlehrer (!) meinte, er sei sehr innovativ, denn mit den Einnahmen aus diesem zwielichtigen Geschäft finanziert er den Aufbau diverser Englisch-Schulen in Medan…

 

Ich wurde gratis bis zum PondukWisata Angel Guesthouse mitgenommen, wo ich ein kleines, sauberes Zimmer im ersten Stock bezog, allerdings trotzdem nicht mehr als ein ziemliches Loch… (70‘000 IDR = 4.20 Fr.). Hier lernte ich sofort einen netten, Französisch sprechenden Nachbarn kennen, der mich morgen auf eine Tour durch die Stadt mitnehmen möchte. Es war unangenehm feucht-heiss heute Nachmittag, gleichwohl machte ich mich auf einen Spaziergang Richtung Innenstadt. Schon bald wurde ich gleich von mehreren Schülergruppen angefragt, ob sie mich auf Englisch interviewen dürfen. Natürlich stimmte ich zu, ich wurde per Handy-Kamera sogar gefilmt, gleich mehrfach fotografiert – gute, innovative Lehrmethode!

 

Gleich in der Nähe ist der IstanaMaimoon Palast, 1888 errichtet vom Sultan von Deli (nicht zu verwechseln mit Indiens Hauptstadt), der damals den Holländern erlaubt hatte, Tabakplantagen anzubauen. Das Gebäude hat ein eigenartiges Design mit malaiischen, Mogul- und sogar italienischen Einflüssen, der grösste Raum dieses gewaltigen Gebäudes mit dreissig Zimmern ist heute dem Publikum zugänglich. Der jetzige Sultan war erst acht Jahre alt, als er 2005 an die „Macht“ kam, weil sein Vater bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Seine Rolle ist aber nur noch rein zeremoniell. Es spielte eine einheimische Band, die Leute liehen sich Sultanskleider aus, um sich damit fotografieren zu lassen. Der erste Eindruck von Indonesien ist, dass sich seit dreissig Jahren nicht viel verändert hat – mit einer Ausnahme: Das Handy ist auch hier angekommen, und es wird geknipst wie verrückt! Auf dem Weg in die Innenstadt wurde ich von weiteren Einheimischen angesprochen, Kinder riefen dutzendfach „HelloMisteeeer!“. Medan ist keine Augenweide, erstickt im Verkehr und der Hitze. Ich fand Unterschlupf in einem klimatisierten Café, wo ich ein Bier bestellte, man mir aber „Radler“ brachte. Auf dem Rückweg schaute ich beim Swiss Bel Inn (mit Tiefgarage) vorbei, in das ich vielleicht wechseln werde, wenn ich dann mein Motorrad wieder habe. Ich ass im Marinara recht gute Shrimps mit Tofu und Chili. Im Guesthouse machte ich eine Dusche, legte mich etwas hin – und schlief gleich ein. Es war wohl noch nicht einmal acht Uhr…

 

Km: 34‘202 (Flüge zählen nicht;-)

 

 

So, 17.01.2016: Ein etwas ärgerlicher Sonntagsausflug und Star Model Medan 2016

Es war eine überaus heisse Nacht (temperaturmässig;-), ich wollte am Morgen eigentlich das Hotel wechseln. Das Swiss Bel Inn war mir dann aber doch etwas zu teuer, sodass ich mich entschloss, doch noch mindestens eine Nacht hier zu bleiben.

Ich traf mich am Morgen mit dem gut Französisch und Englisch sprechenden Ari, der mich mit seinem Cousin auf eine Rundfahrt durch die Stadt mitnahm. Ich ärgerte mich aber etwas, weil die Fahrt statt einer plötzlich zwei Stunden dauerte, und Ari wollte pro Stunde bezahlt werden (60‘000 IDR). Zudem waren die Sehenswürdigkeiten nicht gerade atemberaubend, zuerst einige alte holländische Gebäude, später ein hindustischer und ein chinesischer Tempel. Dann fuhren wir mit dem langsamen Tuktuk zur Belangani-Kirche etwa zehn Kilometer ausserhalb der Stadt, erst vor fünf Jahren von einem wohlhabenden Tamilen gebaut, nicht wirklich elegant, aber von der Idee her interessant, weil in diesem Gebäude Gläubige aus allen Religionen willkommen sind. Dementsprechend findet man hier christliche Symbole wie auch hinduistische und moslemische. Ich wohnte für kurze Zeit einem christlichen Gottesdienst bei, bevor wir uns auf den langen Rückweg machten. Schliesslich zahlte ich 100‘000 IDR für die zweistündige Führung.

Im Guesthouse kam ich schnell in Kontakt mit der jungen Kanadierin Isadora. Zwei junge Indonesier führten uns zur nahen Moschee, später nochmals zum Maimoon Palast. Auf dem Weg wurden wir von jungen Englischstudenten gleich mehrmals interviewt. Jetzt habe ich tatsächlich schon sieben Interviews gegeben!

Einer der beiden Indonesier hatte vor zwei Jahren an einem Schönheitskontest (Star Model Medan) teilgenommen. Der Anlass fand ganz in der Nähe statt. Wir hatten gar zwei Freibillette, nur zwei hatten wir also zu bezahlen (je 20‘000 IDR – Fr. 1.30). Als wir eintraten, begann eben der Kinderwettbewerb. Viele Mädchen und Knaben im Alter zwischen 6 und 13 wurde aufs Perfekteste herausgeputzt und gekleidet. Viele Visagisten arbeiteten noch an den älteren Teilnehmern. Es war ja schon lustig, wie sich die Kinder auf dem Catwalk erstaunlich professionell präsentierten, immer aufs Liebste lächelnd im Angesicht der vierköpfigen Jury. Natürlich sehr aufgesetzt, denn beim Wegstolzieren sah man dann in die entspannten Gesichter… Es war eher schräg anzusehen, wie sich die Mädchen in ihren teuren hohen Schuhen abmühten. Die Knaben stellten sich wesentlich entspannter vor, halt eben möglichst männlich, alles wohl stundenlang geprobt. Gleich im Anschluss präsentierten sich die älteren Jungtalente, teils sehr gross gewachsen und viel zu dünn, aber jede auf ihre Weise überaus hübsch. Ich stand bald hinter der Jury, und es machte niemand etwas aus, dass ich die etwas bizarre Szenerie fotografierte. Ich wurde gar gefragt, ob ich dies professionell mache, denn hier traf ich auf einen Holländer, der schon seit Jahren in Medan von seiner Fotografie lebt.

Nach einer Dusche gingen wir nochmals auf die Gasse und assen auf einem Markt mit vielen kleinen Foodständen ein würziges, preiswertes Menu, bevor wir gleich daneben nochmals die Fortsetzung des Contestes besuchten, aber unterdessen war die Air-Condition ausgefallen. Die stehende Luft war so heiss und schwül bei den vielen Zuschauern, dass ich es nicht mehr lange aushielt und mein Zimmer aufsuchte. Aber hier liess sich mein Fan wegen des Stromausfalls auch nicht mehr einschalten, ich schmolz gleichsam vor mich hier. Auch die Wasserversorgung funktionierte nicht mehr. Mit einem Kübel Wasser benetzte ich mein Bett – der alte Trick – und ich schlief bald ein.

Km: 34‘202

 

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