Teil 18: Sumatra/Indonesien I

Sumatra wird morgen passé sein. Hier habe ich wieder die abenteuerliche und überaus ursprüngliche Seite Südostasiens kennengelernt. Vor allem im Süden der Insel gibt es keinerlei Touristen. Seit Tagen habe ich keinen Westler gesehen. Dafür sind die Einheimischen umso freundlicher mit mir. Gleich an zwei Hochzeiten war ich eingeladen. einmal wurde ich schon beinahe gezwungen, mit fünf indonesischen Schönheiten vor Hunderten von amüsierten Zuschauern ein Tänzchen zu geben.

 

Aber auch mit Naturschönheiten geizt die Region nicht. Die eindrücklichsten Erlebnisse waren das Zusammentreffen mit mehreren Orang-Utan-Müttern und ihren Babys, die Erklimmung des höchsten Vulkans Indonesien, überhaupt die wilde Natur mit all ihren Gefahren, Urwald, so weit das Auge reicht, der indische Ozean, der an Wildheit kaum zu übertreffen ist, Kraterseen, in denen es sich herrlich schwimmen lässt.

 

Nur die letzte Expedition ist mir nicht gelungen - der Besuch der Krakataus, der 1883 explodiert ist und eine 40 m hohe Flutwelle verursacht hat. Das Wetter ist momentan durchzogen - die Regenzeit hat mich endlich im Griff;-), der hohe Wellengang und der hohe Preis halten mich vorerst von dieser Expedition ab. Morgen geht's mit der Fähre nach Java!

Sa, 16.01.2016: Flug nach Medan – Hello Misteeeer!

Ich war pünktlich bereit heute Morgen für das Taxi, das mit zum Flughafen brachte (45 RM). Hier checkte ich ohne Probleme ein, obwohl mein grosser Rucksack mit 23 kg um drei Kilogramm zu schwer war. Helm und Töffkleider haben mir schon Mühe bereitet, dass sie neben dem üblichen Kram überhaupt Platz fanden darin. Nach einem Cappuccino im Kappa’s passierte ich die Zollkontrolle, wo ich mich einigermassen ärgerte, weil ich vergessen hatte, mein Taschenmesser in den grossen Rucksack zu packen und es am Zoll zurücklassen musste.

Der Flug nach Medan begann pünktlich um 9.55 Uhr und dauerte nur gerade 45 min. Ohne Probleme nutzte ich jetzt mein 60-d-Visum, wurde allerdings bei der Customs-Stelle ordentlich gefilzt – mein Gepäck schien ihnen doch verdächtig gross… Ich wollte zu Fuss den Flughafen verlassen, um per Becakoder TukTukin die Innenstadt zu fahren, alle teuren Taxiangebote lehnte ich ab. Es war dämpfend heiss und sonnig, fand mich bald auf einer vierspurigen Autostrasse wieder, weit und breit kein günstiges Gefährt in Sicht. Ich war nicht unglücklich, dass bald ein Auto mit drei lachenden Einheimischen anhielt und mireinen Lift anbot. Das sind immer Situationen, bei denen du in Sekunden entscheiden musst, ob diese Personen auch genügend vertrauenswürdig sind. Die drei überstanden diesen Check und sagten mir, dass hier keine Becakserlaubt seien. Tatsächlich liegt der kürzlich eröffnete neue Flughafen über 20 km ausserhalb der Stadt – und von dem wusste ich nicht einmal etwas! Vor allem der Fahrer war eine ganz bunte Person, konstant lachend und witzelnd. Er erzählte, dass er eben von Jakarta zurückgekommen sei auf der Suche nach jungen Frauen, die er für gewisse Etablissement gebrauchen möchte. Dieser Englischlehrer (!) meinte, er sei sehr innovativ, denn mit den Einnahmen aus diesem zwielichtigen Geschäft finanziert er den Aufbau diverser Englisch-Schulen in Medan…

 

Ich wurde gratis bis zum PondukWisata Angel Guesthouse mitgenommen, wo ich ein kleines, sauberes Zimmer im ersten Stock bezog, allerdings trotzdem nicht mehr als ein ziemliches Loch… (70‘000 IDR = 4.20 Fr.). Hier lernte ich sofort einen netten, Französisch sprechenden Nachbarn kennen, der mich morgen auf eine Tour durch die Stadt mitnehmen möchte. Es war unangenehm feucht-heiss heute Nachmittag, gleichwohl machte ich mich auf einen Spaziergang Richtung Innenstadt. Schon bald wurde ich gleich von mehreren Schülergruppen angefragt, ob sie mich auf Englisch interviewen dürfen. Natürlich stimmte ich zu, ich wurde per Handy-Kamera sogar gefilmt, gleich mehrfach fotografiert – gute, innovative Lehrmethode!

 

Gleich in der Nähe ist der IstanaMaimoon Palast, 1888 errichtet vom Sultan von Deli (nicht zu verwechseln mit Indiens Hauptstadt), der damals den Holländern erlaubt hatte, Tabakplantagen anzubauen. Das Gebäude hat ein eigenartiges Design mit malaiischen, Mogul- und sogar italienischen Einflüssen, der grösste Raum dieses gewaltigen Gebäudes mit dreissig Zimmern ist heute dem Publikum zugänglich. Der jetzige Sultan war erst acht Jahre alt, als er 2005 an die „Macht“ kam, weil sein Vater bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Seine Rolle ist aber nur noch rein zeremoniell. Es spielte eine einheimische Band, die Leute liehen sich Sultanskleider aus, um sich damit fotografieren zu lassen. Der erste Eindruck von Indonesien ist, dass sich seit dreissig Jahren nicht viel verändert hat – mit einer Ausnahme: Das Handy ist auch hier angekommen, und es wird geknipst wie verrückt! Auf dem Weg in die Innenstadt wurde ich von weiteren Einheimischen angesprochen, Kinder riefen dutzendfach „HelloMisteeeer!“. Medan ist keine Augenweide, erstickt im Verkehr und der Hitze. Ich fand Unterschlupf in einem klimatisierten Café, wo ich ein Bier bestellte, man mir aber „Radler“ brachte. Auf dem Rückweg schaute ich beim Swiss Bel Inn (mit Tiefgarage) vorbei, in das ich vielleicht wechseln werde, wenn ich dann mein Motorrad wieder habe. Ich ass im Marinara recht gute Shrimps mit Tofu und Chili. Im Guesthouse machte ich eine Dusche, legte mich etwas hin – und schlief gleich ein. Es war wohl noch nicht einmal acht Uhr…

 

Km: 34‘202 (Flüge zählen nicht;-)

 

 

So, 17.01.2016: Ein etwas ärgerlicher Sonntagsausflug und Star Model Medan 2016

Es war eine überaus heisse Nacht (temperaturmässig;-), ich wollte am Morgen eigentlich das Hotel wechseln. Das Swiss Bel Inn war mir dann aber doch etwas zu teuer, sodass ich mich entschloss, doch noch mindestens eine Nacht hier zu bleiben.

Ich traf mich am Morgen mit dem gut Französisch und Englisch sprechenden Ari, der mich mit seinem Cousin auf eine Rundfahrt durch die Stadt mitnahm. Ich ärgerte mich aber etwas, weil die Fahrt statt einer plötzlich zwei Stunden dauerte, und Ari wollte pro Stunde bezahlt werden (60‘000 IDR). Zudem waren die Sehenswürdigkeiten nicht gerade atemberaubend, zuerst einige alte holländische Gebäude, später ein hindustischer und ein chinesischer Tempel. Dann fuhren wir mit dem langsamen Tuktuk zur Belangani-Kirche etwa zehn Kilometer ausserhalb der Stadt, erst vor fünf Jahren von einem wohlhabenden Tamilen gebaut, nicht wirklich elegant, aber von der Idee her interessant, weil in diesem Gebäude Gläubige aus allen Religionen willkommen sind. Dementsprechend findet man hier christliche Symbole wie auch hinduistische und moslemische. Ich wohnte für kurze Zeit einem christlichen Gottesdienst bei, bevor wir uns auf den langen Rückweg machten. Schliesslich zahlte ich 100‘000 IDR für die zweistündige Führung.

Im Guesthouse kam ich schnell in Kontakt mit der jungen Kanadierin Isadora. Zwei junge Indonesier führten uns zur nahen Moschee, später nochmals zum Maimoon Palast. Auf dem Weg wurden wir von jungen Englischstudenten gleich mehrmals interviewt. Jetzt habe ich tatsächlich schon sieben Interviews gegeben!

Einer der beiden Indonesier hatte vor zwei Jahren an einem Schönheitskontest (Star Model Medan) teilgenommen. Der Anlass fand ganz in der Nähe statt. Wir hatten gar zwei Freibillette, nur zwei hatten wir also zu bezahlen (je 20‘000 IDR – Fr. 1.30). Als wir eintraten, begann eben der Kinderwettbewerb. Viele Mädchen und Knaben im Alter zwischen 6 und 13 wurde aufs Perfekteste herausgeputzt und gekleidet. Viele Visagisten arbeiteten noch an den älteren Teilnehmern. Es war ja schon lustig, wie sich die Kinder auf dem Catwalk erstaunlich professionell präsentierten, immer aufs Liebste lächelnd im Angesicht der vierköpfigen Jury. Natürlich sehr aufgesetzt, denn beim Wegstolzieren sah man dann in die entspannten Gesichter… Es war eher schräg anzusehen, wie sich die Mädchen in ihren teuren hohen Schuhen abmühten. Die Knaben stellten sich wesentlich entspannter vor, halt eben möglichst männlich, alles wohl stundenlang geprobt. Gleich im Anschluss präsentierten sich die älteren Jungtalente, teils sehr gross gewachsen und viel zu dünn, aber jede auf ihre Weise überaus hübsch. Ich stand bald hinter der Jury, und es machte niemand etwas aus, dass ich die etwas bizarre Szenerie fotografierte. Ich wurde gar gefragt, ob ich dies professionell mache, denn hier traf ich auf einen Holländer, der schon seit Jahren in Medan von seiner Fotografie lebt.

Nach einer Dusche gingen wir nochmals auf die Gasse und assen auf einem Markt mit vielen kleinen Foodständen ein würziges, preiswertes Menu, bevor wir gleich daneben nochmals die Fortsetzung des Contestes besuchten, aber unterdessen war die Air-Condition ausgefallen. Die stehende Luft war so heiss und schwül bei den vielen Zuschauern, dass ich es nicht mehr lange aushielt und mein Zimmer aufsuchte. Aber hier liess sich mein Fan wegen des Stromausfalls auch nicht mehr einschalten, ich schmolz gleichsam vor mich hier. Auch die Wasserversorgung funktionierte nicht mehr. Mit einem Kübel Wasser benetzte ich mein Bett – der alte Trick – und ich schlief bald ein.

Km: 34‘202

 

Mo, 18.01.2016: Statt Töffempfang Karaoke-Party…

Ich stand voller Spannung auf, denn heute wollte ich mein Motorrad in Belawan abholen. Es dauerte genau zwei kurze Telefone, bis ich wusste, dass das Boot (nicht ganz unerwartet) erst heute Abend ankommt, zu spät, um zu meinem Töff zu kommen. Also blieb mir ein weiterer Tag in dieser schmutzig-heissen Stadt nicht erspart. Ich hängte mich am Morgen Isadora und ihren beiden indonesischen, jungen Bewunderern an. Wir besuchten zu Fuss einen kleinen Markt in der Nähe. Der Betrieb auf asiatischen Märkten ist wohl seit Jahrhunderten gleich. Das Handeln um jedes Produkt, die starken Gerüche, die Tausenden kleiner für uns sinnloser Produkte, das Chaos mit herumliegenden Abfällen, magere Katzen (aber auch hier keine Hunde!), Läden, von denen man sich wundert, dass überhaupt etwas verkauft wird, verstopfte Zufahrtsstrassen – eigentlich alles schon gesehen, aber doch immer wieder faszinierend. Ich kaufte einige Früchte, drei Mangos für 60 Rappen, einen Sack voller Salas (snakefruit), dreiteilige süss-saure Früchte mit grossem, braunem Kern, eingefasst von einer braunen Schale, die einer Schlangenhaut gleicht.

Gestern hatten wir beim Medan Model Contest vier Freibillette für eine Karaoke-Bar bekommen. Deshalb spazierten wir am Nachmittag in die Stadt, durchquerten ein ultramodernes Einkaufszentrum mit den besten internationalen Marken und fanden auf der Rückseite des Gebäudes ein kleines Lokal. Für mich überraschend wurde uns ein Separé zugewiesen, in dem die beiden Indonesier gleich vollkommen in ihrem Element waren. Man konnte aus unzähligen Musikstücken auswählen. Eigentlich hatte ich mir geschworen, nie mehr einen weiteren Karaoke-Versuch zu unternehmen, nachdem der erste damals in Hamburg ziemlich gescheitert war. Aber schliesslich liess ich mich doch überreden und forschte nach eher langsamen Stücken mit nicht zu schwierigem Text. War aber auch so noch schwierig – zumindest für mich als ziemlich ungeübter Karaoke-Sänger (das liesse sich sehr wohl üben!). Die beiden Indonesier gaben indonesische Schnulzen zum Besten oder amerikanische Popsorg (Katy Perry etc.), meist gar nicht übel. Die Gesangsleistung wurde jeweils mit Punkten bewertet. Erstaunlicherweise wurde ich mit Hey You (Pink Floyd) mit 99 Punkten überaus gnädig und rekordhoch bewertet. Schon ziemlich schräg, an einem Nachmittag in einem extrem heruntergekühlten Raum zu sitzen und gemeinsam zu singen… Ich bestellte zwei JugsBier, die sich schliesslich als ziemlich kostspielig herausstellten.

Auf dem Heimweg machten wir Halt an einer kleinen Sate-Bude und assen haufenweise Pouletspiesschen. Als ich im Guesthouse ankam, war ich erneut schweissnass und genoss eine kühlende Dusche.

Km: 34‘202

 

Di, 19.01.2016: Und endlich geht’s wieder los!

Etwas griesgrämig stand ich schon früh auf, weil es mehr als unsicher war, ob ich heute wirklich zu meinem Töff kommen würde. Ich hasse es, von Behörden und irgendwelchen Leuten abhängig zu sein. Ein Telefon zu Herrn Adnan in Belawan liess mich aber hoffen. Offenbar war das Boot aus Penang wirklich eingetroffen, und hurtig wurde ein Taxi zur 26 km entfernten Hafenstadt organisiert (170‘000 IDR). Der Chauffeur hatte schon öfters Kontakt mit diesem Herrn, weil dieser offenbar schon mehrere Motorräder ausgelöst hatte.

Es sollte aber wieder ein Tag des Wartens werden. Der Chef der Zollbehörde war nämlich an einem Meeting, wodurch die nötige Unterschrift dieses wichtigen Herrn lange Zeit fehlte. Zwei Stunden hockte ich auf einem Bänklein, wurde ununterbrochen angequatscht wegen meines Töffs, dabei hätte ich lieber etwas gelesen. Es war wie ein Spiessrutenlaufen. Würde mein Aufenthalt hier vergebens sein? Aber dann bewegte sich doch etwas. Ich fuhr mit Adnan zum Hafen, wo schon ein Beamter stand und meine Cases checken wollte. Er fotografierte auch Rahmen- und Motornummer, die ich vorerst nicht fand!

Nach dem erneuten Packen meiner Seitenkoffer fuhr ich die ersten Meter in Indonesien, aber nur aus dem Hafengebäude, wo ich meinen Töff abstellte. Hier wurde ich gleich von mehreren Hafenarbeitern belagert, die dauernd nach Zigaretten verlangten. Sie seien auch hungrig und wünschten Geld, ich gab ihnen meine alten Phayam-Cashews und Biscuits, aber natürlich kein Geld, aber es war eine etwas beklemmende Stunde, die ich hier wartete. Ausgeliefert und nicht abgeholt, denn Adnan war zur Zollstelle zurückgefahren, um mein Carnet in Ordnung zu bringen. Ich wartete eine weitere Stunde, bis mein Agent endlich wieder erschien. Es hatte also tatsächlich alles geklappt. Das Auslösen kostete mich 1.5 Mio. IDR (=100 Fr.) plus 100‘000 IDR Trinkgeld, das ich Herrn Adnan aber gerne gab, weil ich jetzt endlich meine Freiheit zurückgewonnen hatte. 19. Januar, halb vier Uhr nachmittags!

Aber das Spiessrutenlaufen war noch nicht zu Ende, denn die Rückfahrt nach Medan war wegen des überaus heftigen Verkehrs anstrengend. Ich fand mein Guesthouse problemlos und entschied mich, noch heute Medan zu verlassen. Schnell hatte ich gepackt, musste aber die Hälfte meiner Zimmermiete bezahlen, weil ich nicht ordentlich ausgecheckt hatte (35‘000 IDR = 2.30 Fr…). Aber Medan sollte mich noch eine Zeitlang gefangen halten. Denn das Verkehrschaos und die Hitze waren unerträglich. Ich war aber wachsam, folgte zuweilen einheimischen Zweiradfahrern über Vorplätze, damit ich an Lichtsignalen nicht warten musste. Ich fuhr aggressiv, aber doch defensiv Slalom, so gut es mit meiner beladenen Maschine halt ging. Anderthalb Stunden liess mich dieser unwahrscheinliche Verkehr nicht los, als endlich die Abzweigung Richtung Bukit Lawang kam. Die Strasse führte jetzt fast konstant durch dichte, eintönige Palmöl-Palm-Felder, ökölogisch wertlose Monokulturen, und war meist geteert. Da waren aber auch Abschnitte mit Schotterpiste, tiefen Löchern, die ich souverän umschiffte.

Ich erreichte BukitLawang am Rand der Berge, als es schon dunkel war, als mich ein Schlepper gleich erblickte und mir sofort Dschungeltouren anbieten wollte. Ich wollte aber das IndahGuesthouse ansteuern, zu dem mich der Schlepper auch brachte – allerdings über eine meterbreite, wacklige Hängebrücke, ein ganz neues Erlebnis auf zwei Rädern. Ich traf im Guesthouse auf Isadora und ein französisches Paar, die bereits in Medan eine Tour in den Dschungel gebucht hatten. Mein Schlepper gab nicht locker, und eigentlich war es mir recht, für einmal an einer solchen organisierten Tour teilzunehmen – die erste auf meiner Reise… Aber es war ein hartes Verhandeln mit diesem Typen. Schliesslich handelte ich ihn für eine zweitägige Tour runter auf 800‘000 IDR, immer noch recht teuer, aber immerhin ist Zelt, Essen, Flossfahrt (auf Reifen!) und das Zimmer hier inbegriffen!

Eben sass ich noch auf einem spröden, kleinen Tischchen auf der Terrasse meines Zimmers, bis mich der Bruch eines Tischbeins zu Fall brachte. Unweigerlich stürzte auch mein Computer zu Boden, weil ich ja am Schreiben war – aber noch schreibe ich – ein gutes Zeichen;-) – Mitternacht ist vorbei, es ist ganz ruhig hier und auch angenehm kühl. Morgen geht’s in den Dschungel zu den Orang-Utans! Ich werde die Natur aufsaugen!

Km: 34‘315

 

Mi, 20.01.2016: Die Orang-Utans von Bukit Lawang

Die Geschäftsidee ist bestechend einfach. In BukitLawang hat man den Wert des Dschungels erkannt und hat aufgehört, den Wald niederzumetzeln, weil man entdeckt hat, wie mit Tourismus gutes Geld verdient werden kann. Eine Schweizerin namens Regina war schon 1973 damit beschäftigt, junge Oran-Utans, denen man wegen der Rodung des Urwaldes die Lebensgrundlage geklaut hatte, zu hegen und pflegen, um sie allmählich wieder in die Wildnis entlassen zu können. Allerdings hat man nicht aufgehört, sie nach der Freilassung entlang eines Pfades zu füttern. Da ist zwar Mina, die zu lange in Gefangenschaft gehalten wurde und jetzt einigermassen aggressiv auf passierende Einheimische und Touristen reagiert. Viele Menschen wurden von ihr schon heftig angegriffen und gebissen. Die meisten Tiere sind aber recht zutraulich, in der Hoffnung auf einige Früchte, und man kann sie wunderbar beobachten.

Wir waren zu sechst, die am Morgen von unserem kompetenten Führer abgeholt wurden. Isadora, die Kanadierin, Simmie und Ayhure, die beiden irakisch-stämmigen Holländerinnen und ein französisches Paar, Nicolas und Nici. Es kann ja schon auch vorteilhaft sein, wenn für einmal alles organisiert ist und man an genau jene Stellen geführt wird, wo es am meisten zu sehen gibt – und dies war einzigartig. Wir stachen von BukitLawang gleich sofort ein in den Dschungel. Auf kaum ausgebauten Pfaden ging es zu Anfang steil bergauf. Es war ein herrliches Gefühl, endlich wieder einmal in der Natur zu sein, auch wenn es im üppigen Wald tropisch feucht-heiss war. Wir mussten nicht lange warten, bis wir auf die erste Oran-Utan-Mutter mit ihrem Baby trafen. Wir mussten aber auf der Hut sein, mussten vermeiden, den beiden zu nahe zu kommen, weil es durchaus gefährlich sein kann, wenn sie plötzlich angreifen würden. Wir durften die Rucksäcke nur im Versteckten öffnen, damit sie nicht glauben, dass wir irgendwelche Früchte auspacken. Aber sofort fühlte man sich diesen Tieren auf eigenartige Weise sehr nah, weil sie so viele menschliche Verhaltensweisen zeigen. Nur klettern können sie viel besser als wir. Mit ihren langen Armen bewegen sie sich überaus elegant durch das Geäst. Es ist erstaunlich, wie gut sie die Haltekraft der Äste einschätzen können. Dünnere Äste werden verwendet, um ganz sanft an Höhe zu verlieren. Im Nu erscheinen sie am Boden und versuchten, in Kontakt mit uns zu treten. Wir blieben eine ganze Weile bei diesen beiden Tieren, um sie zu beobachten. Ihre Mimik ist beinahe gleich wie bei Menschen.

Der Weg verlief meist entlang von Kreten, die man aber zuerst erklimmen musste, um kurz danach wieder steil abzusteigen. Es ging den ganzen Tag entweder recht steil auf- oder abwärts. Wir hatten Glück, denn wir trafen gleich auf mehrere Mütter mit ihrem Kind, schliesslich auch auf die etwas spezielle Mina, die sich vor allem am Boden aufhält und den Pfaden folgt. Jetzt musste es schnell gehen, nämlich die Flucht zu ergreifen, um nicht angegriffen zu werden. Durch dichten Urwald umgingen wir die Stelle, wo uns Mina entgegenkam. Der Führer besänftigte sie mit Früchten, sodass wir etwas Zeit gewannen, um ihr zu entkommen! Nur selten trifft man auf herumstreunende Männchen, aber wir hatten Glück und trafen auf einen dieser Einzelgänger.

Orang-Utans waren aber bei weitem nicht die einzigen grossen Tiere, die wir zu Gesicht bekamen. Zwar trafen wir auf keine Tiger und Elefanten, die sich viel tiefer im Urwald aufhalten, dafür auf mehrere Affenarten, darunter Gibbons. Eine schwarz-weisse Art war dank der Fütterung sehr zutraulich. Die Tiere nahmen aus unseren Händen ein Fruchtstück entgegen. Dadurch kam man ihnen sehr nah, zudem schien die Sonne – perfekt für wunderschöne Fotos.

Nach einem kurzen, erfrischenden Bad in einem Dschungelbach, einem letzten heftigen Aufstieg und einem überaus steilen und glitschigen Abstieg erreichten wir unser Camp am Fluss am frühen Abend. Es war keinesfalls langweilig hier. Schnell hatte ich die grossen, mit Schnüren verbundenen Schläuche entdeckt, die auf dem Fluss natürlich probegefahren werden mussten, bald auch zusammen mit den drei jungen Girls… Dann war da eine grosse, anderthalb Meter lange Echse, die wir beobachten konnten. Plötzlich erschien eine weitere Orang-Utan-Mutter mit ihrem Baby, die dank des offerierten Foods überaus zutraulich war. Zuerst nahm Jacky Isadora bei der Hand (!), wenig später auch mich. Jacky wollte mich mit einem kräftigen Händedruck gleich mitnehmen. Was für ein Gefühl, eine so fremdartige Hand in deiner zu spüren, irgendwie gewohnt und doch nicht! Ihr Gesichtsausdruck war überaus friedfertig, auch das Junge streckte seine Hand nach meiner aus. Es kam mir wirklich vor, als ob ich auf einen weit entfernten, nahen Verwandten gestossen war!

Unterdessen war eine ganze Truppe von Einheimischen damit beschäftigt, uns ein mehrgängiges Mahl zuzubereiten. Als es zu dämmern begann, sassen wir zu siebt auf einer Blache und genossen die verschiedenen ausgezeichneten Speisen. Nur etwas schärfer hätten sie sein können, aber Touristen lieben es meist nicht zu scharf. Dann unterhielt uns Eddy mit einigen Zündholz-Spielen, in denen das Querdenken gefragt wäre. Aber ich bin mich unterdessen wohl nicht mehr daran gewohnt, denn nur ein einziges konnte ich dann wirklich auflösen. Das Rufespiel „Hereis a cup!“ „What?“ „A cup!“ „What?“ „Ah, a cup!“ (box, fruit) war dann sehr lustig. Wir sassen lange beim Lagerfeuer, Eddy beklagte sich über die korrupte Regierung, die schon längst die Strasse nach BukitLawang hätte renovieren müssen. Schliesslich hatte ich zu beweisen, dass es möglich ist, in einer Petflasche Wasser bis zum Sieden zu erhitzen. Dies gelang natürlich (Hotpool-Prinzip), weniger das Herbeischaffen des Petgefässes, als ich mir meine Finger tüchtig verbrühte. Ich sass lange Zeit am Fluss, um meine verbrannten Stellen zu kühlen. Eine Verbrennung zweiten Grades war die Quittung – zu dumm! Rund um meinen Mittelfinger bildet sich schon eine grosse Blase, gefüllt mit Brandwasser…

Erst jetzt suchte auch ich mit meinem Material die Hütte auf, legte mich auf die bereitgestellte Matte, schlüpfte in meinen seidenen Schlafsack und schlief wunderbar ein. Weder Tiere noch Regen störten den Schlaf. Ja tatsächlich, entgegen allen Befürchtungen war es heute wunderbar schön, keine Spur von Regenzeit! So kann es weitergehen!

Km: 34‘315

 

Do, 21.01.2016: Wasserfall, Lianenschaukeln und Flossfahrt nach Bukit Lawang

Ich kenne das Gefühl, wenn man am Morgen an einem Fluss aufwacht und vorhat, diesen mit einem Floss zu befahren! Aber diesmal hing nichts von mir ab, ob die Unternehmung auch gelingt. Im Gegenteil: Nach einem Kaffee mit Biscuits wurde uns ein Toast mit Käse (!) serviert. Wir wurden nicht nur von Eddy, sondern auch von drei weiteren Orang-Utans begrüsst, die sich in nächster Nähe zu uns setzten.

Wir wurden wunderbar bedient und verköstigt, ich hatte gar nichts damit zu tun, ausser mich auf den Trip zum nahen Wasserfall vorzubereiten. Um zehn Uhr folgten wir dem Fluss, hatten diesen zu queren, traten in eine kleine Seitenschlucht, wo eine herrliche Erfrischung im kühlen Wasser eines kleinen Wasserfalls gerade recht war. Ich kletterte über das glitschige Gestein über den Wasserfall auf eine nächste Geländestufe und erreichte alleine einen weiteren, grösseren Wasserfall. Auf dem Rückweg entdeckte ich eine grosse, bestimmt zwanzig Meter lange Liane, die sich förmlich anerbot, etwas Tarzan zu spielen. Simmie spielte mit, nachdem ich als Erster die grosse Schaukel ausprobiert hatte. Man stelle sich vor, zu gireizen mit zwanzig Meter langen Schnüren – sehr spassig!

Zurück beim Lager bereiteten wir uns vor für die Rückfahrt per Floss, Rucksäcke wurden in doppelte Plastiksäcke verpackt. Fünf aneinandergehängte, mit starken Schnüren verbundene Schläuche dienten als Floss. Dann ging es los. Gleich mehrere recht deftige Stromschnellen waren zu bewältigen. Eddy war der Steuermann, ein zweiter Gehilfe steuerte das Gefährt mit Staken am Ende unseres langen Flosses. Weil wir sehr schmal (Schlauchbreite) unterwegs waren, staunte ich über die Flexibilität des Flosses. Da konnte ich tatsächlich auch flosstechnisch etwas dazulernen! Die Schlauchinnenseiten waren ebenfalls mit Schnüren verwoben, worauf kleine Matten gelegt wurden, auf denen man herrlich sitzen konnte. Die Stromschnellen waren aber meist so heftig, dass es spritzte und man herrlich erfrischt wurde. Aber das Gefährt blieb aussergewöhnlich gut unter Kontrolle! Eine Stunde lang waren wir unterwegs auf dem mäanderreichen Fluss. Luscher Regenwald als Kulisse, manchmal mit Affen, die uns aus Ufernähe begrüssten oder vielmehr aus Angst die Flucht ergriffen.

Allmählich häuften sich die Siedlungen am Ufer und man sah, dass sich hier vor Jahren eine ziemlich Katastrophe ereignet hat. 350 Menschenleben waren 2003 zu beklagen, als ein von gefallenen Baumstämmen gebildeter Damm viel weiter oben am Fluss bei heftigen Regenfällen brach und viele Häuser in BukitLawang mitriss. Mauerstücke liegen noch heute im Wasser. In einem alten Guesthouse sieht man Eingangstüren der Zimmer, die heute unmittelbar fünf Meter über dem Wasser liegen – der Zugang wurde weggeschwemmt. Wohlweislich hat man jetzt die Neubauten etwas höher gebaut.

Wir erreichten BukitLawang am Nachmittag, die beiden Irakerinnen und Isadora wollten noch heute Richtung Bandar Aceh aufbrechen – eigentlich schade!

Jetzt sitze ich auf der Terrasse des Indah-Restaurants, lausche dem Gitarrenspiel eines Indonesiers oder den Gesprächen einer anderen Gruppe am Nebentisch, die heute ebenfalls per Floss hierhergelangt war.

Und: Wiederum war es strahlend schön heute! Aber ich vermisse sie nicht, die Regenzeit… Auch wenn es gerade jetzt zu regnen beginnt, und dazu wie aus Kübeln. Aber wenn dies in der Nacht geschieht – kein Problem, vor allem wenn ich in einem geschützten Zimmer übernachten kann.

Km: 34‘315

 

Fr, 22.01.2016: Üble Pisten sind besser als nochmals Medan

Ich liess mir Zeit heute Morgen, um aus dem beschaulichen Bukit Lawang wegzukommen. Zudem hatte ich mein Gepäck zweihundert Meter weit zu schleppen bis zu meinem Motorrad, ziemlich anstrengend… Ich hatte heute zwei Möglichkeiten, um nach Berastagi zu kommen. Google maps und mein Sygic Navi zeigte mir nämlich vollkommen unterschiedliche Fahrstrecken an. Ich verliess mich heute wieder einmal auf google, denn dessen Streckenführung führte weniger nah an Medan vorbei. Dieses Verkehrschaos wollte ich heute möglichst vermeiden. Aber schon von Anfang an stimmte die eingezeichnete Strecke keineswegs mit der wirklich gefahrenen überein, ich fuhr offensichtlich viel mehr südlich, bald auch nicht mehr auf der Strasse des Hinwegs.

Meist war diese Strasse geteert, aber einige Strassenstücke waren mit Schlaglöchern und rauhen Wellen mit Schotter, Lehm und Wasser durchsetzt. Ich durchquerte einige Dörfer, vor allem aber eintönige Palmöl-Plantagen. Nach etwa 50 km konnte ich aber wieder in die google-Strecke einfädeln. Diese führte mich tatsächlich weg vom wieder stärker gewordenen Verkehr. Aber sie hatte es doch in sich. Google führte mich nämlich weg von der schmalen Teerstrasse auf einen besseren Feldweg, der von immer grösser werdenden Steinen durchsetzt war. Ich kam noch im Schritttempo vorwärts. Zudem war es sehr heiss, meine Töffjacke wurde von innen immer feuchter, ziemlich unangenehm. Sobald ich mich einem Dorf näherte, wurde auch der Weg wieder etwas besser. Aber unerwartet viele Kilometer musste ich auf diese Weise zurücklegen. Immerhin war da immer ein Weg, und verschiedene Flüsse konnte ich auf alten Metallbrücken überqueren.

Schliesslich erreichte ich die Hauptstrasse von Medan Richtung Süden, aber die Fahrt wurde wegen des überaus starken Verkehrs nicht weniger anstrengend. Aber jetzt waren wir am Rande des Gebirges, die Strasse begann anzusteigen. Vor sich hin kriechende, unzählige Lastwagen galt es zu überholen, nicht ganz einfach, weil auch der Gegenverkehr stark war. Dafür wurde es mit jedem zurückgelegten Höhenmeter etwas kühler. Aber jetzt war es plötzlich stark bewölkt, ein erster Sumatra-Regenschauer auf dem Töff drohte…

Kurz vor Berastagi überquerte ich einen 1600 m.ü.M. hohen Pass und erreichte dann diese Kleinstadt, am Fusse von zwei halbwegs aktiven Vulkanen gelegen regenfrei!Berastagi wurde zur Kolonialzeit wegen seines kühlen Klimas schon von den Holländern sehr geschätzt, ist wegen der vulkanischen Böden äusserst fruchtbar, es werden verschiedene Arten von Früchten und Gemüse angebaut. Ich suchte einige Zeit, bis ich endlich das angepeilte Hotel gefunden hatte. Im Sibayak Multinational Resthouse belege ich ein riesiges Zimmer mit Terrasse mit Sicht auf einen grossen Park, allerdings nicht ganz billig – 250‘000 IDR. Am Abend fuhr ich in die lebendige Stadt und ass im sauberen Panorama-Restaurant einen ersten Fisch aus dem Lake Toba, ganz lecker, auch wenn mit Ginger etwas verwürzt, übrigens unglaublich preiswert. Zusammen mit einem Avocado-Saft zahlte ich gut 2 Fr.! Ich legte mich recht früh schlafen, denn ich habe für morgen etwas Spezielles geplant…

Km: 34‘472

 

Sa, 23.01.2016: Gunung Sibayak

Gunung heisst Vulkan. Sumatra liegt gleichsam auf einem der grössten Kochtöpfe der Erde und ist durchsetzt mit mehreren Vulkanen. Einen ersten wollte ich mir heute zu Gemüte führen. Ich stand schon um halb fünf Uhr auf. Es war noch tiefe Nacht, als ich mit dem Töff hochfuhr Richtung Vulkan. Bei einem Checkpoint hatte ich 4000 IDR zu bezahlen –nicht einmal 30 Rappen! Jetzt ging es in vielen Kurven steil bergauf über eine sehr ruppige Strasse, bis ich das Basecamp auf etwa 1700 m.ü.M. erreicht hatte.

Von hier aus ging es zu Fuss weiter auf einem ausgetretenen, glitschigen Weg, Licht spendete mein Handy – meine kirgisische Stirnlampe gab ihren Dienst schon bald auf. Bald überholte ich einige einheimische Gruppen, die sich wunderten, dass ich alleine (so schnell) unterwegs war. Ich erreichte den Kraterrand schon nach etwa einer halben Stunde, staunte über die vielen jungen Einheimischen, welche die Nacht hier oben im Zelt verbracht hatten. Das Rauschen, das ich schon längere Zeit vernommen hatte, stammte nicht von einem Bach, sondern von verschiedenen Fumarolen, rauchenden Löchern im Boden, die sich von den austretenden Gasen hellgelb verfärbt haben. Ich stieg aber gleich noch weiter auf bis zum höchsten Punkt auf (2094 m.ü.M.). Auch hier traf ich auf mehrere Gruppen von jungen Indonesiern, die wie ich auf den Sonnenaufgang warteten. Aber leider war und blieb es neblig, Fotos wurden jetzt nicht von der Aussicht, sondern von den Gruppen gemacht. Ich war wieder einmal ein begehrtes Fotomotiv. Als es hell wurde, blieb ich noch einige Zeit auf dem Gipfel, die Sonne drückte, gab die Sicht aber erst allmählich frei, unter anderem auf den höheren Gunung Sinabung (2450 m.ü.M.).

Nach einem ersten kurzen Abstieg stieg ich ab in den Krater, um etwas näher an die teuflisch stinkenden, grössten Fumarolen zu kommen. Ich hatte darauf zu achten, von der Luf-Seite an diese dampfenden Löcher zu kommen, der Rauch stank nicht nur bestialisch, sondern war scharf, brannte in den Augen und liess einen nach Sauerstoff japsen…

Der Rückweg zum Töff war ein Klacks. Ich fuhr zurück zum Hotel. Nach einem Nickerchen fuhr ich noch einmal hoch zu den Hot Springs, wo ich den ganzen Nachmittag verbrachte. Dieses siedend heisse Wasser wird mit Frischwasser vermischt, aber auch so sind die in schönen Gärten angelegten Bäder noch sehr heiss. Sie liegen innerhalb eines zweiten, viel weiteren Kraters, indem unterdessen ein Dorf liegt und wo man die fruchtbare Erde zum Pflanzen von Früchten und Gemüse nutzt.

Ich machte die Runde jetzt voll, indem ich nochmals zum gestern befahrenen Pass fuhr und von der andern Seite Richtung Berastagi fuhr. Ich machte Halt bei einem Restaurant. Wiederum Fisch mit Gemüse und Reis und ein Bier – hervorragend!

Jetzt sitze ich auf der Terrasse. Die Ruhe im Park wird gestört durch einen lauten Karaoke-Anlass. Aber es wird auch so unschwer sein einzuschlafen…

Km: 34‘533

 

So, 24.01.2016: Über eine schräge Ebene (?) zum Danau Toba

Es ist gut, dass ich mich unterdessen so weit im Süden befinde, denn eine Nordströmung liess heute in Bangkok die Temperaturen auf 15°C fallen, und in Hongkong gab es gar Eis! Ich möchte gar nicht wissen, wie kalt es jetzt in Nordthailand ist… Ich durfte mich auch heute über erneut sonniges Wetter freuen. Auf diesen Höhen sind die Temperaturen perfekt, um mit dem Töff unterwegs zu sein.

Ich überlegte am Morgen, ob ich doch noch die fliessende Lava beim Sinabung anschauen wollte. Der kahle Vulkan war heute Morgen nämlich besser sichtbar als gestern, aber ich wollte das gute Wetter nutzen, um einen weiteren Schritt gegen Süden zu machen. In der Umgebung von Berastagi war der Verkehr auch heute Sonntag sehr gross. Ich befinde mich im Batak-Land. Nie konnte sich hier der Islam durchsetzen, die animistischen Einheimischen wurde erst von europäischen Missionaren zum Christentum bekehrt. Zeuge davon sind viele einfach gebaute Kirchen, manchmal gleich mehrere in einem Dorf, die heute Morgen alle stark begangen waren. Ich beobachtete fein angezogene Einheimische, die mit der ganzen Familie vor der Kirche standenund parlierten.

Ab Kabanjahe nahm der Verkehr deutlich ab, ich passierte einen weiteren kleineren, erloschenen Vulkan. Das Land hier ist unglaublich fruchtbar. Offenbar ist Mandarinen-Zeit. An kleinen Ständen werden diese Früchte zu Pyramiden aufgeschichtet und wären für einen Spottpreis zu kaufen gewesen. Schon am Morgen hatte ich mich jedoch in Berastagi mit zwei Kilogramm diverser Fruchtarten (Sala, Kaki, Mini-Mango, Avocado) eingedeckt für den Tag. Die Landschaft änderte sich dramatisch, als es plötzlich anzusteigen begann. Es gibt keine direkte Zufahrt zum Lake Toba, wenigstens auf gut ausgebauten Strassen, deshalb fuhr ich jetzt durch dichten Urwald hoch zum Kraterrand des grössten Sees Südostasiens. Nach der Passhöhe senkt sich die Strasse fast steckengerade immer noch durch dichten Wald Richtung Dairi. Die Landschaft ist hier gezeichnet von vulkanischen Einflüssen vor langer Zeit, denn nach diesem langen Strassendorf folgte ich auf der Anhöhe einem veritablen tiefen Graben. Es kam mir vor, als ob eine Ebene leicht schräg gestellt wurde, es ging konstant gleichmässig ganz leicht aufwärts durch fruchtbare Felder, an verschiedenen kleinen Dörfern vorbei. Schliesslich hatte ich wieder den Kraterrand des Danau Toba erreicht. Jetzt ging es in vielen Kehren steil abwärts, und die Sicht auf diesen See wurde freigegeben. Innerhalb des Sees befindet sich vermeintlich eine Insel, die an einer Stelle jedoch durch einen Isthmus verbunden ist, heute unterbrochen durch einen Kanal. Die Hänge dieser Berghänge sind kahl oder mit Pinien bewachsen. Schade, dass hier der Urwald wohl einmal abgeholzt wurde.

Ab Pangururan folgte ich der Strasse auf der „Insel“ im Uhrzeigersinn, fuhr also zuerst Richtung Norden. Ich staunte über die verschiedenen einzigartigen Siedlungen der Bataks. Massive Holzbauten sind gedeckt mit geschwungenen Dächern, in denen wohl wie damals in Sumba die Seelen ihren verflossenen Verwandten weiterleben. Die Bataks sind vor Jahrhunderten aus Thailand und Burma hierher eingewandert. Die verschiedenen Stämme sind aber nie wirklich zur Ruhe gekommen. Die Dörfer wurden durch keine Wege verbunden, man stand in dauernder Fehde miteinander, nahm sich gegenseitig gefangen. Opfer wurden bestial ermordet, zuerst jedoch noch mit Knoblauch und Chili eingeschmiert, bevor sie enthauptet, gekocht und gegessen wurden! Mit Verbrechern wurde in gleicher Weise umgegangen. Heute sind fast alle Bataks protestantisch und gehen friedlicher miteinander um, sie sind gegenüber Fremden überaus offen und freundlich, (glücklicherweise) keine Spur mehr von Kannibalismus!

Ich erreichte nach schöner Fahrt entlang des Sees die Halbinsel Tuk Tuk, wo es unzählige kleine Resorts gibt, häufig im alten Stil gebaut. Ich fand Unterschlupf im Merlyn (100‘000 IDR/Nacht = 7 Fr.), direkt am See mit sehr schöner Gartenanlage. Nach einem Bier testete ich das erstaunlich warme Süsswasser, die Fahrt hatte mich aber müde gemacht. Ein Nickerchen in Ehren kann niemand verwehren. Am Abend ass ich im Rumba’s eine Pizza und Guacamole mit selbst gefertigen Chips. Dann sass ich noch eine Zeitlang zusammen mit einem Japaner und einem finnischen Paar. Es ist angenehm kühl. Im Bett hörte ich noch etwas Musik und schlief bald ein…

Km: 34‘730

 

Mo, 25.01.2016: Ein ruhiger Tag in Tuk Tuk

Eigentlich wollte ich heute eine Rundfahrt auf der „Insel“ machen, um mich mit der speziellen Kultur der Bataks etwas vertraut zu machen. Aber es war bedeckt, und bald begann es leicht zu regnen, glücklicherweise aber nicht für lange. Ich blieb den ganzen Tag im Merlyn, schaute, dass meine frisch gewaschenen Kleider an der wieder aufkommenden Sonne trocken wurden.

Ich las, nahm ein Bad im See, ass ein herrliches Guacamole, trank einen frischen Mangosaft und beobachtete Einheimische, wie sie von einem Mangobaum mit einem an einem Stab befestigten Netz Mini-Mangos pflückten. Ein richtig friedlicher Tag des Nichtstuns, an dem ich Zeit fand, über meine Zukunft nachzudenken. Die nächste Zukunft ist ja schon bestimmt, es drängt mich vorwärts, all die indonesischen Inseln zu erkunden. Natürlich frage ich mich, ob mein Töff auch die nächste Zeit schadenfrei übersteht. Aber wie lange werde ich in Australien verweilen? Und dann? Werde ich die Reise fortsetzen? Zurückkehren? Einen Job als Lehrer finden? Wie gut werde ich dies ertragen? Es ist klar, dass ich in den Lehrerjob zurückkehren werde, aber ich habe Respekt vor der alten, neuen Aufgabe, weil ich mir sämtliches Material wieder neu erarbeiten muss. Die Lust, wieder einmal eine eigene Klasse zu führen, wird gross sein, denn ich weiss, wie anstrengend dieser Job heute geworden ist mit all den zusätzlichen administrativen Arbeiten. Aber der Reiz, wieder mit Kindern zu arbeiten und wirklich der Chef zu sein, ist gross!

Jetzt sitze ich am leicht wellenden See, geniesse die Ruhe. Wäre eigentlich ein weiterer Ort, wo man tüchtig abhängen könnte. Mir wurden schon Gras und Magic Mushrooms angeboten, und das in Indonesien! TukTuk ist beinahe leer, schon beinahe schläfrig, ich suche bald neue Herausforderungen!

Km: 34‘730

 

Di, 26.01.2016: Hochzeit bei den Menschenfressern

Ei, Tomaten, Zwiebeln und viel Knoblauch auf dunklem Toast gaben mir am Morgen genügend Energie, um Samosir, die vermeintliche Insel etwas zu erkunden. Ich fuhr nur 5 km weit nordwärts bis Ambarita mit einigen alten, traditionellen Batakhäusern und einer Gruppe von 300-jährigen, steinernden Stühlen, auf denen damals die Dorfältesten berieten, was mit Verbrechern oder gefangenen Opfern aus Nachbardörfern zu geschehen habe… Ich traf hier auf eine Gruppe von Einheimischen, die von hiesigen Dörflern zu Batak-Tänzen aufgefordert wurden. Ich beobachtete die Szenerie und setzte ich auf einen dieser geschichtsträchtigen Stühle.

Ich fuhr etwas weiter bis Simanindo zum HutaBolon Museum, wo es weitere feine, traditionelle Häuser mit den weit geschwungenen Dächern zu bewundern gab. Simalungun, ein Batak-König, residierte hier mit seinen 14 Frauen. Die Dächer sind geschmückt mit 10 Büffelhörnern, die zehn Generationen der Dynastie veranschaulichend. Um halb elf Uhr begannen einige Bataks mit ihren traditionellen Tänzen, meist in Form von Gebeten zu Ehren des Schöpfers von Himmel, Erde und allen Geschöpfen, aber auch als Dank für Wohlstand und Gesundheit. Die Teilnehmer eines Festes tanzten jeweils um den Borotan, einem in die Erde gerammten Stab, wo ein Büffel angebunden war, der später geschlachtet und das Fleisch verteilt wurde. Der eindrücklichste war der letzte Tanz, der Gondang Sigale-Gale. Eine Puppe wurde mit Schnüren von einem Menschen bewegt. Vor langer Zeit verlor ein König seinen einzigen Sohn. Als der König die Nachricht erhielt, war niemand im Stande, die Totenrituale durchzuführen. Deshalb bediente er sich einer Puppe, womit die Zeremonie durchgeführt werden konnte. Natürlich machten die Bataks sich einen Spass darauf, dass die wenigen Zuschauer an einem Tanz mitmachen mussten…

Die Strasse führte jetzt um den schon bekannten Nordrand der Insel, vorbei an vielen hochgeschwungenen Batak-Häusern, in denen nach wie vor gewohnt wird, bis zum grössten Ort der Insel, Pangururan, betriebsam und schmutzig. Die Landschaft wurde erst jetzt richtig spannend. Ich machte Halt bei einer grossen Menschenansammlung einige Kilometer südlich von Panguruan. Ein junger Bursche in perfekter Schale kam sofort Englisch sprechend auf mich zugerandt und erzählte, dass seine Schwester eben heiratet. Sofort wurde ich in seine grosse Familie eingeführt und gleich zum Fest eingeladen. Es ist wahrlich ein strenger Tag für ein Hochzeitspaar, konstant im Fokus aller über dreihundert Gäste zu stehen. Im grossen, bereitgestellten Zelt bekommt jede Familienseite ein Zeitfenster, mit dem Hochzeitspaar zu tanzen, verstärkt mit traditioneller Musik. Es ist Brauch, das Paar und die Eltern mit Geldscheinen zu beschenken. Bis „mein“ Familienteil dran war, musste ich einige Zeit warten, wurde immer wieder von Familienangehörigen fotografiert, gleich dutzendweise. Eine alte, Bethel kauende Frau hatte besondere Freude an mir und hatte einen Riesenplausch, als ich mich neben sie setzte und mich mit ihr fotografieren liess. Ich bin mittlerweile offenbar so alt, dass ich eine andere Kategorie von Frauen anspreche… Ich wurde auch verpflegt mit Reis und einer Art Schweineragout, verfeinert mit Schweineblut und verschiedenen Gewürzen, bis wir endlich an die Reihe kamen. Man bestand darauf, dass ich am Einzug der Familie teilnehme. In geflochtenen Körben wurden Geschenke mitgetragen, zwei neue Matratzen herbeigeschleppt! Geführt wurde die Feier von verschiedenen Conferenciers, die sich in ihrem Geschätz zu überbieten versuchten. Natürlich verstand ich nichts, manches wurde mir aber von John erklärt. So stand ich inmitten der bunt und feierlich gekleideten Frauen und Männer in meinen etwas schmutzigen, kurzen Hosen, tanzte mit der ganzen Gesellschaft und genoss den Augenblick. Als viele Ansprachen auf dem Programm standen, gelang es mir, mich zurückzuziehen, denn es ging schon gegen Abend zu, und ich hatte noch einiges an Strecke zu bewältigen.

Unterdessen strahlte die Sonne von blauem Himmel, und die Landschaft leuchtete in den kräftigsten Farben, als ich auf immer schlechter werdender Strasse den Südrand Samosirs umrundete. Der Danau Toba ist ein alter Kratersee, und einen der Kraterränder hatte ich jetzt zu erklimmen. Es ging steil aufwärts und gab die Sicht frei auf den tiefblauen See, Reisterrassen und luschen Urwald. Immer wieder passierte ich Dörfer und schmucke, kleine Kirchen. Ich folgte der Kraterkrete am Ostrand der Insel, als es endlich in vielen Kurven steil bergab ging Richtung Tomok, in dem wegen der kleinen Touristenstände grosser Betrieb war. Noch bevor es eindunkelte, erreichte ich TukTuk. Der Tag war erfreulich ereignisreich. Im Today’s Café ass ich einen guten Avocado-Fladen, trank einen Ananas-Saft. Das Live-Konzert in Roy’s Pub begann mir aber zu spät. Ich setzte mich an den See, las noch etwas, aber nicht lange, weil mir bald die Augen zufielen…

Km: 34‘867

 

Mi, 27.01.2016: Ein ruhiger Tag vor dem nächsten Schritt

Fast 600 km sind es bis Bukittinggi in Zentralsumatra, und ich denke, dass ich dies morgen nicht in einem Tag schaffen werde. Ich werde ab morgen wohl die langen Strecken kennenlernen müssen, die es in diesem Land zu bewältigen gilt. Sorgen bereitet mir ausserdem mein Zündschloss, das lose ist, der Schlüssel lässt sich nur mit Mühe drehen. Wenn ich da dann nur nicht irgendwann einmal stehen bleibe…

 

Ich genoss heute nochmals einen ruhigen Tag, las, genoss das erstaunlich warme Wasser dieses über 1000 m.ü.M. hoch gelegenen Sees und arbeitete an meinem Blog; vorwiegend gab das Bearbeiten meiner vielen geschossenen Fotos viel Arbeit. Das Internet ist hier so schlecht, dass ich am Nachmittag das nahe Internet-Café besuchte, wo beinahe alle Computer mit Kindern besetzt waren, die sich irgendwelche Gewaltspiele reinzogen… Das Internet war hier aber so gut, dass ich in relativ kurzer Zeit den ersten Teil meines Blogeintrags 18 vervollständigt hatte. Es fällt mir schon auf, dass meine Seite immer weniger besucht wird, vielleicht übertreibe ich es mit den Einträgen wirklich etwas, aber noch gibt es einige Leute, welche meine Notizen sehr schätzen…

 

Am Abend besuchte ich nochmals das Rumba’s für eine Pizza und traf hier auf den holländischen Fotografen, den ich schon in Medan am Star Model Contest kennen gelernt hatte. Jetzt gilt es noch zu packen, denn morgen geht es früh los!

 

Km: 34‘867

 

 

Do, 28.01.2016: Südlicher als Singapore, und zum ersten Mal zeigt mir die Regenzeit ihr wahres Gesicht…

Schon um zehn vor sechs Uhr stand ich auf, denn ich wollte um sieben Uhr die Fähre von Tomok nach Parapat am Ostufer des Lake Tobas erwischen. Die deutsche Hausherrin stand extra für mich auf, um einen Kaffee und Toast mit Ei und Knoblauch zuzubereiten. Erneut brauchte ich aber lange, bis all mein Material verstaut und angebunden war. Erst um 6.52 Uhr war ich unterwegs zur Fähre, logisch, dass es knapp werden würde.

 

Erst um 07.02 Uhr erreichte ich den Hafen, die Fähre war fertig geladen, die Rampe wurde schon gehoben, als ich heranfuhr und mir glücklicherweise doch noch Zugang auf die Fähre gewährt wurde, obwohl ich etwas zu spät war. Ich erreichte Parapat eine Stunde später und war der erste, der die Fähre verliess. Bis Balige hatte ich den See in vielen Kurven in südlicher Richtung zu umfahren. Jetzt ging es erst richtig ins Gebirge. Bei Tarutung machte ich Halt in einem Dorf, in dem es von heissen Quellen dampfte. Ich wagte aber nicht, durch die wirklich sehr heissen Bächlein zu fahren und machte mich zu Fuss auf einen Spaziergang. Die Quellen kochen hier, verfärben den Grund der Bäche gelb, grün und hellbraun. Bewahre, in die Bäche zu stehen, weil sie sehr heiss sind und weil man leicht einsinkt! Ich kletterte einem Lavafelsen entlang, verlor das Gleichgewicht und trat in den heissen Bach, in dem ich gleich einsank, aber glücklicherweise nicht genug tief, um mir die Füsse zu verbrühen – Töffschuhe sei Dank!

 

Die Strasse führte jetzt durch hügeliges, sehr fruchtbares Land. Ich kam nicht schnell vorwärts, weil gut asphaltierte Abschnitte mit ungeteerten abwechselten. Zudem war es überaus kurven-, aber glücklicherweise nicht besonders verkehrsreich. Auf der Passhöhe vor Sipirok, wo es angenehm kühl war, hielt ich bei einem sauberen Restaurant an. Ikan bakar – gebackenen Fisch, überaus gut und scharf gewürzt – hervorragend. Die umliegenden Hügel waren hinter dem Nebel versteckt. Je mehr ich mich dem Äquator nähere, umso mehr machte ich (endlich ;-( Bekanntschaft mit der Regenzeit. Gleich mehrere Male musste ich wegen eines starken Regenschauers Zuflucht unter ein Dach eines Privathauses suchen. Ich hatte aber jeweils nicht lange zu warten, bis der Schauer vorüber war. Jetzt ging es Richtung Padang Sidempuan konstant abwärts, dementsprechend wurde es immer wärmer. Die Stadt konnte ich glücklicherweise umfahren, denn unterdessen war der Verkehr wieder grösser geworden. Ein weiterer Wolkenbruch spielte mir ein Schnippchen, als ich in eine eigentlich wenig bewölkte Region fuhr, es aber gleichwohl stark regnete, sodass sich meine Jacke und die Hosen mit Wasser vollsaugten. Bald schien aber wieder die Sonne, und die Kleider trockneten im Fahrtwind wie der Blitz. Panyabungan hatte ich mir unterdessen als Ziel vorgenommen. Als ich hier eintraf, war es aber nicht so leicht, ein geeignetes Hotel zu finden. Schliesslich fand ich einen ziemlich abgehalfterten Laden, in dem ich schliesslich trotz des Abriss-Preises (von 400‘000 auf 300‘000 IDR runtergehandelt) eincheckte. Das Zimmer ist zwar sauber, aber alt; zudem funktioniert die Klimaanlage nicht, sodass ich wohl wieder einmal eine „Schmelznacht“ vor mir habe. Panyabungan liegt südlicher als Singapore, aber ich habe heute realisiert, wie gross Sumatra ist. Ich werde noch viele Stunden fahrend auf dieser Insel verbringen…

 

Km: 35‘202

 

 

Fr, 29.01.2016: Überquerung des Äquators

Panyabungan ist keine Reise wert und eignete sich nur als Zwischenhalt auf dem Weg nach Bukittinggi. Weder eigentlich benötigte Klimaanlage noch die Steckdosen funktionierten, sodass ich für das Zimmer definitiv zu viel bezahlte und kein wirklich schlechtes Gewissen hatte, ein altes Frottéetuch (für die Kettenreinigung) sowie einen indonesischen Doppelstecker mitlaufen zu lassen…

 

Ich kann mir nicht erklären, warum ich bei der Ausfahrt aus der Stadt nicht dieselbe Strasse wie gestern genommen hatte. Auf jeden Fall blieb mir das Verkehrschaos der Innenstadt erspart. Zu meinem Ärger entdeckte ich auf dieser Strecke einige andere, wohl angenehmere Hotels. Die Fahrt heute war einfach nur atemberaubend. Zuerst ging es bei strahlendem Wetter in vielen Kehren hoch zu einem Pass, herrliche Aussichten auf Reisterrassen mit Menschen mit Spitzhüten, welche die Reispflanzen von Hand setzten oder ernteten. An den Strassenrändern werden Kaffee, Kakaobohnen oder mir unbekannte Früchte an der Sonne getrocknet – der Strassenstaub oder der schwarze Dieselgestank der alten Lastwagen, welche die Strassen hochkriechen, stört niemand. Der Urwald nahe des Äquators scheint mir noch kräftiger und undurchdringlicher zu sein. Aber auch heute blieb mir der Regen nicht erspart. Nebel krochen um die steilen Hügel, die Bewölkung wurde immer grauer und schwärzer, und bald wurde ich eingenässt. Diesmal schützte ich mich mit meinen Regenklamotten, aber bald entkam ich den schweren Wolken. In Kota Nopa machte ich Halt bei einem kleinen, recht modern eingerichteten Café. Der Kaffee war zwar mit Schokolade übersüsst, das Nasi Goreng Special aber sehr lecker. Ich wurde belagert von vielen Kindern, die sich für Motorrad und meine Person interessierten. Seit einiger Zeit habe ich das Christenland der Bataks verlassen. Auch in kleineren Dörfern dominieren silbern leuchtende Kuppeln von übertrieben grossen Moscheen, und die Kleidung der Frauen, auch der Mädchen hat sich grundlegend verändert. Die Köpfe, nicht aber die Gesichter, sind verschleiert, meist auch schon jene der kleinsten Mädchen, vor allem wenn sie die Schule besuchen. Ganz Truppen von Kindern passierten mein Restaurant, natürlich Knaben und Mädchen säuberlich getrennt. In den Schulen gibt es eine Knaben- und gleich daneben einen Mädchenzone. Natürlich werden die Geschlechter getrennt unterrichtet. Gleichzeitig ist die hiesige Gesellschaft dank der früheren Minangkabau-Kultur matrilinear aufgebaut, das heisst weltlicher Besitz folgt der mütterlichen Linie. Die älteste lebende Frau eines Clan ist der (die?) Matriarch. Der älteste Bruder einer Mutter ist für die Erziehung der Kinder verantwortlich. Die Aufteilung der Macht zwischen den Geschlechtern wird als wunderbare Ergänzung angesehen. Ein lokales Sprichwort sagt, dass die Haut und der Fingernagel gemeinsam agieren in Form der Fingerkuppe.

 

Die Fahrt war auch heute überaus zeitraubend und kurvenreich. In Bonjol erreichte ich den Äquator. Ich hätte beinahe meinen können, dass man mir einen solch grandiosen Empfang an dieser Stelle bereitet hätte. Ich wurde gleich integriert in einen traditionellen Tanz zweier mit Naturmaterial verkleideter Frauen, die von anderen mit alten Schlaginstrumenten begleitet wurden. Aber der grosse Menschenauflauf galt nicht mir, sondern einem Politiker aus Jakarta, dessen Vater in Bonjol geboren wurde. Gleichwohl wurde ich bestimmt mehr fotografiert als dieser mit weissem Hütchen gekleideten und von mehreren „Gorillas“ beschützten Mann.

 

Angekommen auf der Südhalbkugel wurde ich gleich überrascht. Die Strasse führte nämlich erneut lange Zeit aufwärts durch dichten Dschungel. Die Kurven wollten gar nicht mehr aufhören. Reisterrassen mitten im Urwald leuchteten dank der durchdrückenden Sonne gelbgrün. Und dann erreichte ich endlich Bukittinggi, eine grosse Stadt am Fusse zweiter gewaltiger Vulkane gelegen (Gunung Merapi/Sinagung, über 2800 m.ü.M.). Die Stadt machte mir einen erstaunlich sauberen Eindruck. Nach einem Tankstopp realisierte ich, dass mein schwarzer Koffer offenstand, den ich wohl nicht verschlossen war. Ein weiterer herber Verlust ist zu beklagen – Iso wird sich freuen, denn ich hatte einen meiner grünen Crocs verloren… Ich fuhr nicht lange, als ich auch schon einen Schuhladen entdeckte und mir ein paar billige Slippers kaufte.

 

Jetzt war das 55 km entfernte Harau Valley das Ziel; allerdings fuhr ich zu weit bis zu mehreren Viadukten, mit denen eine tiefe Schlucht überwunden wird. Ich machte kehrt und fand die richtige Strasse bis Bukit Harau, folgte schliesslich einer kleinen Lehmstrasse und fand Abdi’s Homestay am Fuss eines sich hundert Meter in die Tiefe stürzenden Wasserfalls. Ich bezog gleich einen feinen Bungalow mit Sicht auf die steilen Hügelketten und weite Reisfelder (115‘000 IDR mit Frühstück). Was für ein idyllischer Platz! Ich war hundemüde und liess meine Glieder bei einem Bier zuerst einmal gründlich hängen. Dann wurde mir ein herrliches Abendmahl zubereitet. Ich redete noch lange mit einem amerikanischen Paar, aber die Müdigkeit trieb mich bald in mein Zimmer. Und das Angenehme: Es hat kaum Moskitos hier, trotz der Tümpel all überall!

 

Km: 35‘505

 

 

Sa, 30.01.2016: Das Naja-Erlebnis im Harau-Valley – und Chantal

Ich schlief herrlich beim unaufhörlichen Rauschen des Wasserfalls. Schon vor acht Uhr kraxelte ich barfuss hoch an den Fuss dieses an einer fast senkrecht stehenden Wand herunterrauschenden Gewässers und nahm eine feinstäubende Dusche; ein Regenbogen reflektierte sich im feinen Wasserstaub dank der aufgehenden Sonne. Jetzt sitze ich auf der Gartenterrasse und beobachte die Hühner, die auf der Suche nach Essbarem sind. Kein Wunder, war das Poulet gestern so wohl schmeckend – mehr Bio geht wohl nicht…

 

Ich versuchte meinen Indonesien-Aufenthalt heute Morgen etwas zu planen und muss feststellen, dass die Zeit für die 5000 km bis Timor wohl zu knapp ist, denn ich habe nicht die Absicht, einfach nur durchs Land zu rasen. Ich stellte mit Schrecken fest, wie wenig Strecke ich bis jetzt in 14 Tagen gemacht habe…

 

Gegen Mittag wollte ich auf Anraten des Resortmeisters die Harau-Schlucht mit seinen Wasserfällen zu Fuss etwas erkunden. Ich folgte lange einer geteerten Strasse. Die Einheimischen sitzen in ihren kleinen Läden oder maroden Holzhäusern und haben Freude an vorbeispazierenden Fremden. Nach einer halben Stunde erreichte ich tatsächlich einen Wasserfall, der einer typisch indonesischen Touristenattraktion gleicht. An vielen Essständen wird versucht, Streetfood an den Mann zu bringen. Am Fusse des 80 m hohen Wasserfalls wurde ein Schwimmbecken angelegt, sieht alles etwas vergammelt aus, das frische Wasser wurde nur von wenigen Einheimischen genossen, und schon gar nicht von Frauen in ihren Schleiern. Ich kam in Kontakt mit einer Schulklasse, die in einer alten, offenen Aufenthaltshütte ihren Lunch zu sich nahmen. Ich war bald umringt von einer Horde Kindern, die den Plausch hatten, sich fotografieren zu lassen. Es war nicht verwunderlich, dass die Knaben viel kecker den Kontakt suchten, während die Mädchen mich lange Zeit nur verstohlen beobachteten, aber bestimmt nicht minder Interesse hatten. Es herrschte ringsherum grosser Betrieb, der Abfall häuft sich an allen Ecken und Enden und wird achtlos liegen gelassen.

 

Das Kehrichtproblem ist in der Tat in vielen Ländern ein grosses Problem. Erstens fehlt die Erziehung, dass ein schöner Ort an Wert gewinnt, wenn er sauber gehalten wird. Zweitens ist es aber nicht einfach, der Abfallentsorgung Herr zu werden, denn wohin wandert dieser, wenn er auch in Kübeln gesammelt wird? Im besten Fall auf einer Müllhalde, ebenfalls nicht wirklich schön anzusehen. Oder er wird in Metallfässern oder über dem offenen Feuer verbrannt. Der Geruch von verbranntem Plastik steigt einem in jedem Dorf mindestens einmal in die Nase. Drittens ist die Abfallentsorgung in Ländern wie Indonesien definitiv nicht das zuerst zu lösende Problem. Verständlicherweise ist es die erste Aufgabe einer Familie, diese zu ernähren und wenigstens zu etwas Geld zu kommen. Die Art und Weise, wie in „entwickelten“ Ländern Abfall zu hohen Kosten entsorgt wird, ist zwar lobenswert, aber global gesehen nur ein Tropfen auf den heissen Stein und eigentlich dekadent. Es ist wohl das Grundproblem, dass es auf dieser Welt einfach zu viele Menschen gibt. Je mehr Menschen unsere Erde bevölkern, umso mehr Abfall wird auch produziert. Die relative Unordnung ist demnach in solchen Ländern für uns schwierig zu verurteilen, denn dies ist hier bestimmt nicht das vorherrschende Problem. Aber es ist gleichwohl klar, dass ich solche Orte normalerweise trotzdem meide – aus der Augen aus dem Sinn…

 

Deshalb konnte mich auch der Ausflug am Nachmittag per Töff zu zwei weiteren Wasserfällen wenig begeistern. Beide Orte sind gleich angelegt, das Chaos ebenfalls gross. Aber es ist auch typisch Asien. Viele fahren gerne an solche leicht erreichbare Plätze, es wurden Sitzplätze angelegt (an denen der Abfall natürlich meist liegen gelassen wird). Beim hinteren Wasserfall wurde sogar ein einfacher Klettersteg angelegt, aber das Holz der Seilbrücken ist so morsch, dass sich unterdessen niemand mehr über diese Brücken wagt.

 

Trotzdem strahlen die Menschen eine unglaubliche Zufriedenheit aus. Man wird fast von jedem freundlich begrüsst und wird gefragt, ob man etwas Bahasa Indonesia spricht. Dies ist meist der Eisbrecher für eine kleine Fotosession. Hierin unterscheidet sich Indonesien auch deutlich von vor 25 Jahren. Es wird wie wild geknipst – das Handy hat einen hohen sozialen Stellenwert.

 

Eine Überraschung erlebte ich am Abend, als eine junge Holländerin mit ihrer 250-er-Maschine heranfuhr, die auf dem Weg nach Europa ist. Sie möchte gerne Myanmar, Indien, Nepal und tatsächlich auch Pakistan und Afghanistan durchqueren. Chantal ist eine ganz wilde Frau, sich alleine auf einen solchen Trip zu wagen, hat einige Zeit in Australien gearbeitet und hat genau jene Strecke bereits zurückgelegt, die ich noch vor mir habe. Bis spät in die Nacht tauschten wir unsere Erlebnisse und Erfahrungen aus und sind beide um ein ganzes Stück weiser, wie die nächsten, kommenden Herausforderungen zu bewältigen sind. Tatsächlich befördert die ANL in Dili Motorräder nach Australien. Chantal hat sogar gemeint, dass die Leute dieser Firma überaus freundlich und hilfsbereit waren. Das hört sich ja schon mal gut an! Sie hat mir auch viele Tipps bezüglich Australien gegeben, ich solle doch im Juli unbedingt an der Alice Springs-Filch-Rallye mit mehreren hundert Motorrädern und Tausenden von campenden Zuschauern teilnehmen… Es war ein überaus netter und informativer Abend, der bis Mitternacht dauerte. Ganz nette, spannende Person, die leider in der falschen Richtung unterwegs ist… Aber das ist Reisen: Die besten Informationen holt man sich immer auf der Reise selbst, und meistens deckt sich das Routing nicht.

Km: 35‘520

 

So, 31.01.2016: Danau Maninjau

Wir standen beinahe gleichzeitig auf und tauschten uns noch weitere Stunden aus, diesmal viel mehr persönlichere Art. Unsere Wege trennten sich (leider) bereits um elf Uhr morgens wieder. Chantal ist auf dem Weg nach Medan, wo sie wohl dasselbe Schiff für den Transport ihrer Maschine nutzen wird – sie ist ordentlich am Hetzen, weil ihr Visum ausläuft. Ich machte mich auf den Rückweg Richtung Bukinttinggi, wiederum durch sehr starken, unangenehmen Verkehr. Mein Ziel war heute das nur 90 km entfernte Maninjau, ein riesiger Kratersee, umgeben von einer stark bewaldeten Caldera. Vor allem die Fahrt hinab zum See war überaus sehenswert, als man die Kraterkrete überschritt und von hoch oben auf den See sah. Wolken krochen den Hängen entlang, aber erneut freute ich mich über einen sonnigen Tag. Gestern muss dies hier noch völlig anders ausgesehen haben. Ich erfuhr von wolkenbruchartigen Regengüssen, die diverse Erdrutsche verursacht und Strassenabschnitte verschüttet hatten. Die Strasse war unterdessen aber bereits wieder freigebaggert.

 

Ich erreichte das Muara Guesthouse in Maninjau schon am frühen  Nachmittag und bezog einen frisch renovierten Bungalow direkt am See. Ich kam gleich in Kontakt mit dem Engländer, der hier eine Indonesierin geheiratet hatte, der es aber nicht gut ging, weil eben gestern ihr Bruder gestorben war. Deshalb ist das Restaurant momentan nicht in Betrieb. Ich genoss am Nachmittag den See und kostete in einem nahen Restaurant von den Padang-Gerichten, ziemlich üppig gewürzt, aber leider schon vorgekocht und deshalb kalt.

 

Mein Reiserhythmus gefällt mir momentan, ich fühle mich fit und bin zufrieden. Der Töff läuft wie ein Örgeli, ich fahre unterdessen so routiniert, dass es kaum zu kritischen Situationen kommt…

 

Km: 35‘610

 

 

Mo, 01.02.2016: Eine Runde um den Maninjau-Kratersee

Ich nehme es im Moment gemütlich. Zwar wurde ich heute Morgen früh geweckt, weil eine Horde Makaken mein Wellblechdach als Durchgangsroute benutzte und einen Höllenlärm verursachte. Es wäre ja nett gewesen, wenn sie mein Dach wirklich nur zum Passieren benutzt hätten, aber sie machten sich einen Sport daraus, gefühlte hundert Mal hin- und herzuturnen. Dabei balancierten sie auch elegant über meine elektrische Zugangsleitung. Makaken sind diebische Geschöpfe, aber da war der Respekt dann doch zu gross, um etwas von meiner Terrasse zu klauen. So war ich recht früh wach und stand gleich auf. Nachdem ich meine T-Shirts gewaschen und an die Sonne gehängt hatte, machte ich mich auf eine Runde rund um den Maninjau-Kratersee. Der nördliche Teil ist viel dichter besiedelt als der südliche. Ich beobachtete zwei Dutzend Fischer beim Angeln und wenig später eine Gruppe Einheimischer, die noch lebende Seefische in mit Wasser gefüllte Plastiksäcke verpackten (!), um auf diese Weise die Frischware nach Kerinci zu transportieren.

 

Wenig später machte ich Halt bei einer Schule, wo gerade der Religionsunterricht im Gange war und die armen Kinder im arabisch geschriebenen Koran lesen mussten. Ich wurde freundlich empfangen, aber an ein Unterrichten war nicht mehr zu denken, zu aufgeregt waren die vielen Kinder wegen meines Besuches. Die Hauptlehrerin sprach auch etwas Englisch, und ich unterhielt mich einige Zeit mit ihr. Sie respektierte auch meinen Glauben, und wir waren uns einig, dass schliesslich der eine Gott für alles Schaffen verantwortlich ist. Keine Spur von irgendwelchem Extremismus. Überhaupt scheint es in diesem Land kein Problem zu sein, dass es da verschiedene Religionen gibt. Man scheint sich zu respektieren, das Zusammenleben wird dadurch nicht zusätzlich erschwert.

 

Ich genoss die stupende Landschaft mit dem bewaldeten, steilen Kraterrücken, lauschte den Gesängen des Muezzins aus idyllisch gelegenen Moscheen hinter saftig grünen Reisplantagen. Manche Häuser sind sehr alt und dementsprechend marod, weil das Geld für eine Renovierung fehlt. Sie stammen wohl noch aus der Besatzungszeit der Holländer.

 

Zurück bei meinem Bungalow gönnte ich meiner Töffkette wieder einmal etwas Öl und versuchte, das lose Schloss mit WD40 etwas zu schmieren. Ich las etwas, ass im Muara’s fried noodles und war einige Zeit am Internet, das mich zwar erneut ärgerte, weil es unregelmässig funktionierte. Morgen ist Zeit für etwas Action, sprich die Weiterfahrt in Richtung des höchsten Vulkanes Indonesiens. Der Gunung Kerinci lockt…

 

Km: 35‘662

 

 

Di, 02.02.2016: Im Land der Vulkane

Zur selben Zeit wie gestern kam erneut die Makaken-Sippe zu Besuch. Dies machte insofern Sinn, dass ich frühzeitig wach war, um meine Sachen zusammenzupacken. Es wurde aber doch neun Uhr, bis ich mit dem nächsten Reiseabschnitt endlich loslegte. Der erste Teil der Strecke war bekannt, es ging nämlich zurück nach Bukittinggi. Jetzt ging es direkt Richtung Süden, zwischen den beiden eingenebelten Vulkanen Merapi und Singgalang hindurch. Mir schwante Böses, weil es schon am Morgen stark bewölkt war.

 

Nach Padang Panjang nahm der Verkehr etwas ab, weil die Hauptroute offenbar Richtung Padang führt. Ich erreichte bald einen weiteren See, den Danau Singkarak. Am Ostufer machte ich einen Kaffeehalt, die drei Einheimischen wollten mich beinahe nicht mehr gehen lassen. Nach Solok passierte ich den nächsten Vulkan, den Gunung Talang. Es ging konstant aufwärts bis auf 1700 m.ü.M., Gemüse- und Teeplantagen, so weit das Auge reicht. Der Danau Diatas, ein weiterer grösserer Kratersee, befindet sich in selber Höhe, es war angenehm frisch hier oben. In einem kleinen, sauberen Restaurant genoss ich eine weitere Portion Padang-Food. Aus verschiedenen vorgekochten Speisen konnte man auswählen, worauf man Lust hat. Gut gewürzt, aber leider wieder kalt.

 

Durch ein ewiges Tal mit unzähligen Kurven ging jetzt wieder abwärts, und dementsprechend wurde es wieder wärmer. Und da kam er in Sicht, der Vulkan der Begierde, der Gunung Kerinci (3805 m.ü.M.), der zu meiner Überraschung gut sichtbar war, denn gegen Abend hellte es auf. Ich hatte den Vulkan jetzt fast vollständig zu umrunden, machte einen Halt bei einigen jungen Leuten, einer davon ultraschwul, der mich am liebsten gleich geheiratet hätte… Die Landschaft war jetzt atemberaubend. Stark bewaldete Ausläufer des Vulkans, Teefelder, diverse Dörfer durchquerte ich, und es ging wieder aufwärts, bis ich Kersik Tuo erreichte und im Subandi Homestay ein hellblau gestrichenes Zimmer bezog. Es wurde mir ein ausgezeichnetes Abendessen serviert und informierte mich auch über den morgigen Trip auf den Vulkan. Es wurde mir ein Führer angeboten, allerdings für 1.2 Mio. IDR. Nach einigen Abklärungen entschloss ich mich, den Berg auf eigene Faust zu erklimmen, auch dank der Infos, die ich von einem Belgier bekommen hatte, der mit seiner Freundin ebenfalls morgen den Berg erklimmt. Ich bin ja bestens ausgerüstet. Wenn wir uns dann nur nicht verirren an diesem Berg! Aber das Wetter scheint ja zu stimmen!

 

Jetzt heisst es also packen, damit ich morgen über genügend Zeit verfüge!

 

Km: 35‘976

 

 

Mi, 03.02.2016: Gunung Kerinci I: Der Aufstieg

Wir waren nicht nur zu dritt, sondern zu fünft, denn Jonny, ein Pole, der sich hier in Indonesien niederlassen will und Dina, seine einheimische, junge Freundin, welche er bald heiraten wird, begleiteten uns. Per Anhalter liessen wir uns zum Nationalpark-Büro chauffieren, zahlten dort einen recht teuren Eintritt (150‘000 IDR).

 

Sehr bald traten wir dann ein in dichten Dschungel, und ich fragte mich, wie gut ich es schaffen würde, meine Vollpackung bis zum Shelter 3 auf 3300 m.ü.M. zu tragen, immerhin 1500 Höhenmeter! Ich war wegen des enormen Gewichtes recht gemächlich unterwegs. Naturgemäss ist die Steigung am Fusse eines Vulkanes noch angenehm moderat, aber dies sollte sich je länger desto mehr ändern. Ich durchschritt heute sämtliche Stufen tropischen Urwaldes ab 1800 m.ü.M.. Ich war überrascht, wie einfach es war, den recht ausgetretenen Weg (ohne Abzweigungen) zu finden. Einheimische Gruppen mit jungen Trekkern waren ebenfalls unterwegs, aber in wesentlich gemächlicherem Tempo. Je höher wir aufstiegen, desto eindrücklicher wurde die Natur. Die Bäume sind weniger hoch gewachsen und teils dicht bemoost. Weil der Weg der Falllinie des Berges folgt, wurde es immer steiler. Veritable Canyons, beidseits flankiert von lehmigen Abhängen, waren zu bewältigen. Es folgten mehr und mehr Kletterpartien über mit Wurzeln bestandene, steile Abhänge, wo das Gewicht auf den Schultern besonders drückte. Trotz einiger längerer Pausen kamen wir gut vorwärts. Die kleinwüchsigen Büsche, die wir wie in einem Tunnel teils gebückt durchquerten, waren so dicht, dass es richtig düster, schon beinahe dunkel war.

 

Schliesslich erreichten wir Shelter 3 gleich oberhalb der Baumgrenze. Leider war das Abfallchaos hier oben grenzenlos, die Aussicht aber genial. Nachdem wir die Zelte aufgestellt hatten, genossen wir die Abendstimmung. Die Sonne versteckte sich hinter Wolken, aber die Sicht auf die fruchtbaren Felder rund um Kersik Tuo, benachbarte Seitenvulkane und einen erstaunlich hoch gelegenen Kratersee im Osten war grossartig. Ich hatte auch den Kocher hierher hochgeschleppt und bereitete mir eine Nudelsuppe sowie Grüntee zu. Jonny war unterdessen damit beschäftigt, mir dem wenigen Holz ein Feuer anzufachen, an dem wir bei jungle juice, einem leicht alkoholhaltigen Kokosgetränk noch einige Zeit sassen. Unterdessen waren noch weitere Gruppen mit Einheimischen eingetroffen, die im Dunkeln ihr Zelt aufstellten. An eine ruhige Nacht war deshalb auch auf dieser Höhe nicht zu denken, denn die jungen Leute wollten den Moment feiernd geniessen. Es war ihnen wohl gar nicht bewusst, dass andere Leute gerne schlafen würden. Ich war wieder einmal froh um meinen Schlafsack, denn es war ordentlich kalt geworden.

 

Km: 35‘976

 

 

Do, 04.02.2016: Gunung Kerinci 3805 m.ü.M. II: Das brodelnde Teufelsloch und der muskelzehrende Abstieg

Es war sternenklar, als ich schon um zwanzig nach vier Uhr aufstand. Ich war pünktlich um halb fünf Uhr abmarschbereit, aber die andern vier brauchten noch etwas mehr Zeit. Mit Stirnlampe bewaffnet folgten wir in stockdunkler Nacht einer ausgewaschenen, überaus steilen Wasserrinne. Bald erreichten wir einen Grat einer Seitenmoräne, dem wir lange Zeit folgten. Es galt, möglichst bald weitere 500 Höhenmeter zurückzulegen, denn das Ziel war klar, den Sonnenaufgang auf dem Gipfel zu erleben.

 

Wir kamen zwar ganz gut vorwärts, aber es bald begann schon zu dämmern. Die riesigen Schwefelwolken, die über den Gipfel zogen, waren der Grund, dass wir schon etwas weiter unten einen längeren Halt für einige Fotos machten. Was für eine grandiose Aussicht auf die Felder tief unter uns, die benachbarten Berge und die aufgehende Sonne, die sich zwar erneut hinter Wolken versteckte, eigentlich nicht zu beschreiben. Es war klar, und kein bisschen Nebel verhinderte unsere Aussicht. Es war aber windig und sehr kalt hier oben. Ich war maximal ausgerüstet, mit Kappe! Natürlich waren wir nicht die einzigen, die schon so früh unterwegs waren. Der letzte Aufstieg war aber ziemlich unangenehm, weil uns der schweflige Rauch in Nase und Augen stieg. Um sieben Uhr standen wir auf dem Gipfel! Um dem beissenden Rauch auszuweichen, folgten Sara, Ed und ich der Kraterkrete im Gegenuhrzeigersinn. 2009 war dieser Vulkan zum letzten Mal ausgebrochen, weshalb wir jetzt über erst kürzlich abgekühltes Lavagestein stiegen. Man musste sich an die grossen Steinbrocken halten, denn das kleine Geröll war ungemein rutschig, und man hatte achtzugeben, nicht zu Tal zu stürzen. Noch fataler wäre ein Fall in den Krater gewesen, wo der gleichsam wahrhaftige Teufel damit beschäftigt war, üble Säfte zu brauen. Der Gang entlang des Kraters lohnte sich insofern, weil der Wind die Rauchschwaden Richtung Gipfel trieb und jetzt die Sicht auf die tiefste Stelle des Kraters freigab. Brodelnde Lava, allerdings bei Tageslicht kaum sichtbar, und der Ausgangspunkt des Sulphurgases war jetzt deutlich zu erkennen. Es wäre keine gute Idee gewesen, in diesen Krater abzusteigen, erstens weil fast senkrechte Wände einen Zugang kaum zuliessen und zweitens weil ich keine Lust hatte, mein Leben wegen mangelnden Sauerstoffs aufzugeben… Wir hatten jetzt wieder etwas aufzusteigen, um rüberstechen zu können zum Weg. Dies war aber eine ziemlich rutschige Kletterpartie, aber wir schafften es. Der Abstieg zum Camp war nicht viel einfacher. Gleich mehrmals landete ich auf dem Hintern, und das rauhe und scharfe Lavagestein war schuld, dass ich mir eine blutende Wunde auf der Handfläche zuzog.

 

Eigentlich hätte mir das Wandern für heute schon vollkommen gereicht, weil ich die Nacht wirklich nicht gut geschlafen hatte und ich noch müde von gestern war. Zudem war die Aussicht hier oben einfach atemberaubend. Die Lust war klein, mein Chaos im Zelt zu entwirren und dieses abzubauen, aber schliesslich waren wir bereit für den langen Abstieg. Es ging ziemlich in die Knochen, all die lehmig-rutschigen Canyons, die manchmal nur fussbreit waren (!) und die verwurzelten Steilwege hinter mich zu bringen. Viele starke Äste und Wurzeln halfen beim Abstieg, da war auch gute Armarbeit gefragt. Wir waren abwärts viel schneller unterwegs als aufwärts – auch weil uns das Wasser auszugehen drohte. Ich war deutlich am sparsamsten und versorgte die Gruppe immer wieder mit einigen Schlücken. Es war schliesslich aber nichts weniger als eine ziemliche Tortur, endlich den Ausgang aus dem Wald zu erreichen. Zweitausend Höhenmeter, drei Viertel davon mit Vollpackung, der nächste Muskelkater ist vorprogrammiert. Ein Lastwagen, voll beladen mit 35 Fünfzig-Kilogramm-Kartoffelsäcken, auf die wir uns setzten und von hier beste Aussicht auf all die Gemüseplantagen hatten, brachte uns zurück zum Parkoffice, wo wir uns eigentlich aus dem Park hätten abmelden müssen – aber niemand war dort.

 

Als ich bei Subandi ankam, war ich ziemlich nudelfertig, aber die typisch indonesisch Dusche mit eiskaltem Wasser, indem man sich mit einer Schöpfkelle Wasser über den Körper giesst, war zwar ungenehm, aber sehr erfrischend. Nach einem Bier assen wir in einem kleinen Restaurant für Fr. 1.20 Poulet mit Reis…

 

Km: 35‘976

 

 

Fr, 05.02.2016: In der tiefsten Provinz

Schon einmal in Muko Muko gewesen? Es wird nicht viele Reisende hierhin verschlagen, denn für einige Tage werde ich mich wirklich in einer der tiefsten Provinzen Indonesiens aufhalten. Ich habe in Muko Muko am Indischen Ozean tatsächlich eine zwar etwas schäbige Unterkunft gefunden (Wisma Mama, 100‘000 IDR). Ich habe wieder einmal alles richtig gemacht, denn kurz nachdem ich hier schon am frühen Nachmittag eingecheckt habe, wurde der Himmel gegen das Landesinnere tiefschwarz, und es begann bald zu regnen. Jetzt ist es Abend, es schüttet immer noch wie aus Kübeln. Hoffentlich werden da die Strassen der Küste entlang nicht weggeschwemmt. Eigentlich suchte ich nach einem kleinen Resort am riesig breiten, wilden Strand am Indischen Ozean, aber da war wirklich nichts ausser einem Chaos von herumliegenden Abfällen. Kurz nach der Ankunft fuhr ich aber doch noch zum schier unendlich langen Strand. Lauwarmes Wasser, von der aussergewöhnlich starken Brandung mit riesigen Wellen, aber braun gefärbt. Der Regen tut gut, denn als ich ankam, war es heiss wie in einem Dampfkochtopf.

 

Ich erwachte am Morgen mit heftigem Muskelkater, der sich morgen noch verschlimmern dürfte, und begann, mein Material wieder an den richtigen Ort zu versorgen – ich habe gemerkt, dass ich bei immer gleicher Packorganisation weniger Materialverlust erleide. Eine Gruppe von jungen Kanadiern bereitete sich auf den geführten Trip auf den Vulkan vor. Ich hatte Sara und Ed aufzuwecken, um mich von ihnen zu erabschieden.

 

 

Erst um halb zehn Uhr fuhr ich los und genoss nochmals die aussergewöhnlich fruchtbare und sehenswerte Landschaft um Kersik Tuo. Da wird alles angepflanzt, das auf dieser Höhe wächst: Kartoffeln, Chili, Kohl, Zwiebeln, Tomaten, Mais, Spinat – ein wahres Paradies mit riesigen Erträgen. Ich verliess diese Hochebene aber bald abwärts durch ein kurvenreiches Tal bis Sungai Penuh. Hier erlebte ich einen Schock, als ein Mädchen mit ihrer Passagierin ziemlich unmotiviert auf ihrem Scooter auf die Strasse fuhr. Ich gab Gas, um gleich noch zu passieren, aber gleichwohl touchierte sie einen meiner Koffer, kam aber glücklicherweise wie ich nicht zu Fall! Das Gefährlichste an diesem Verkehr sind wirklich die unzähligen, kleinen Motorräder. Gefahren wird ab zehn Jahren, manchmal zu dritt oder gar zu viert, natürlich meist ohne Helm. Kontrolle zero!

 

Jetzt ging es wieder in vielen Wenden aufwärts. Ich durchquerte den Kerinci Seblat Nationalpark mit seinem grossen unberührten Urwald, in dem es noch Tiger geben soll (natürlich sah ich keinen, nicht einmal einen Affen…). Aber die Fahrt über die Barisan Range hatte es in sich. Nachdem ich zuerst verwundert war, wie gut ausgebaut die Passstrasse ist, hatte ich mein Fahrverhalten plötzlich grundlegend zu ändern. Fahren im ersten und zweiten Gang war angesagt, die Lehm- oder Gravelpiste war mit Unmengen von Potholes durchsetzt, die es möglichst zu umfahren galt. Noch nicht lange musste hier ein schweres Unwetter niedergegangen sein. Die Strasse war jedoch bereits wieder freigeräumt worden von den diversen Erdrutschen und gefallenen Bäumen, aber noch war es eine sehr rutschige Angelegenheit. Dies waren lange 15 Kilometer. Erst als ich die Hügelkette überschritten hatte, wurde auch die Strasse wieder besser. Dorf reihte sich an Dorf. Hier traf ich auf eine Gruppe von indonesischen Motorradfanatikern, die sich x-mal mit mir ablichten lassen wollten.

 

In meiner Wisma hatte ich einen ziemlichen vergnüglichen Abend, als der Chef des Hauses, ehemaliger Lehrer, versuchte, mir Bahasa Indonesia beizubringen. Diese Sprache ist tatsächlich sehr einfach zu lernen. Ich beginne auch entfernt gespeicherte Brocken dieser Sprache von der 1990-er-Reise auszupacken. Schliesslich hatte ich fünf Seiten mit neuen Wörtern in mein Notizheft geschrieben. Zum ersten Mal auf dieser Reise, dass mich eine Sprache packt! In einem nahen Rumah Makan ass ich aussergewöhnlich raffiniert gewürzten Fisch mit Reis und Chili, ohne Besteck, wie das auf dem Land so üblich ist. – Ein Bier fand ich nicht, ich befinde mich in tiefstem Moslem-Land…

Km: 36‘177

 

Sa, 06.02.2016: Die Doppelzüngigkeit des Meeres

Eigentlich bin ich gestern bewusst zur Küste des Indischen Ozeans gefahren in der Hoffnung, vielleicht einen Ort zu finden, wo man sich etwas entspannen kann. Es war mir aber auch klar, dass sich nur selten Touristen in diese Gegend Indonesiens verirren. Ein wenig Leben in einem Bungalow konnte ich aber auch heute glatt vergessen. Ich befand mich heute zwar konstant in der Nähe des kilometerlangen, von steilen, rötlichen Klippen unterbrochenen Strandes, aber ich bekam ihn nur selten zu Gesicht. Die Strasse ist wohlweislich meist einige Kilometer ins Landesinnere gebaut. Die unheimliche Kraft des Meeres könnte einem hier Angst machen. Tatsächlich machte ich am frühen Nachmittag einen Halt an einem der vollkommen unbevölkerten Strände, aber die hohen Wellen sind so kraftvoll und die Strömung so stark, dass sich hier wohl nur passionierte Surfer wirklich wohl fühlen. Der Strand ist übersät mit kleinen und grossen Holzstücken, ja ganzen Palmenstämmen  - Zeugen, wie wild es hier tatsächlich zu- und hergehen kann. An diesen Stellen hat der Tsunami 2004 am schlimmsten gewütet, noch heute sieht man ganze Betonmauern der ehemaligen Strasse meterweit weggeschwemmt. Ich befinde mich nahe des damaligen Epizentrums.

 

Ich beobachtete lange Zeit einen Fischer auf einer Felsklippe mit seiner Angel, während wenige Meter von ihm entfernt die Wellen an die Felsen prallten und eine mehrere Meter hohe Gischt verursachten. Der feine Wasserstaub machte die Luft noch feuchter. Hier wird sichtbar, wie das Meer Leben nehmen, aber auch Quelle für Leben sein kann als unendlicher Speicher für Nahrung.

 

Ich war heute neun Stunden unterwegs und schaffte nicht einmal 300 km! Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, weiter als nur bis in die grössere Stadt Bengkulu zu kommen, aber schliesslich war ich froh, diese Stadt endlich erreicht zu haben. Die Fahrt war unglaublich anstrengend. Zwar war die Strasse meist geteert, aber durchsetzt mit tiefen Löchern und Bodenwellen. Man musste konstant auf der Hut sein, nicht von einer Unbill getroffen zu werden. Zudem schlängelte sich die Strasse in unendlich vielen Kurven um die küstennahen Hügel. Ich durchquerte diverse kleine Dörfer, in denen man auf die einheimischen Motorräder achtgeben musste. Dafür bekam man Einblick ins wahre indonesische Provinzleben. Die Menschen versuchen, mit kleinen Läden zu etwas Einkommen zu kommen. Je weiter südlich ich fuhr, umso röter wurde das Gestein oder der lehmige Boden. Ich passierte viele kleine Ziegeleien, in denen Backsteine in Handarbeit hergestellt werden. Ich traf auf Steinverkäufer, welche aus vielfarbigen Steinen Schmuckstücke herstellen. Sind es vielleicht gar Opale? Ich weiss es nicht, mein weniges Indonesisch, das ich gestern gelernt hatte, reichte nicht, um es herauszufinden.

 

Ich beobachtete Dutzende von weiss gekleideten Frauen und Kindern, welche geführt von einem singenden Imam (?) um eine improvisierte Kaba mit arabischen Schriftzeichen marschierten. Die Menschen sind extrem gläubig hier, die Art und Weise, wie sich einige Frauen verhielten, zeigt, dass sich Südostasiaten nicht so sehr in eine Zwangsjacke stecken lassen. Ich wurde wohl hundert Mal fotografiert (!), die Frauen machten sich einen Spass daraus, sich an meine Schulter zu hängen, um einen besonders speziellen Schnappschuss zu erhalten…

 

Landschaftlich war die heutige Fahrt eher enttäuschend. Meist durchfuhr ich kilometerlange Palmöl-, manchmal Gummi-Plantagen. Selten führte die Strasse direkt der Küste entlang, und dann bekam man Einblick auf das wilde Meer und die rötlich schimmernden Felsklippen.

 

Als ich in Bengkulu ankam und im SS-Hotel eincheckte (150‘000 IDR), war ich nudelfertig und machte mich gleich an die Planung des morgigen Tages. Es graut mir! Weitere Hunderte von Kilometern Küstenfahrt stehen vor mir. Sumatra ist so unheimlich gross. Ich wünschte mir wirklich einen etwas ruhigeren Tag, um etwas auszuspannen. Aber die Gegend ist dafür nicht eingerichtet, und in einer Stadt wie dem heissen Bengkulu lässt sich dies nicht wirklich umsetzen. Ich bin wirklich gespannt, wie weit ich es morgen schaffen werde. Ich werde noch mehr im Middle of Nowhere sein.

 

Aber ich habe zweimal ganz gut gegessen heute – nochmals ikan bakar und heute Abend Pecel lele, Huhn ganz exquisit gewürzt mit zwei verschiedenen Arten von Küchlein, eines davon mit Tofu. Zudem habe ich mir endlich eine einheimische Sim-Karte gekauft (2 GB für 45‘000 IDR = 3 Fr.), um endlich wieder einmal über Internet zu verfügen. Salt Schweiz verkauft einen Hundertstel der Menge für 15 Fr… Unterdessen ist es noch nicht einmal zehn Uhr, aber ich bin hundemüde. Schlaf wirkt regenerierend. Und nur ausgeruht werde ich morgen möglichst weit kommen.

 

Km: 36‘452

 

 

So, 07.02.2016: Eine Riesen-Hochzeit, auf der Bühne am Tanzen (!), Reisfelder am Meer – welches war nun das Highlight?

Es war eigentlich heute nur das Ziel, möglichst weit Richtung Süden zu fahren. Erstaunlicherweise war es erneut klar und hell, nur gegen die Berge türmten sich schwarze Wolken, aber ich folgte fast ausschliesslich der Küstenstrasse, die zu meiner Freude mindestens zu Anfang auch noch recht gut ausgebaut war. Die langweiligen Palmöl-Plantagen wurden immer seltener und abgelöst von Abschnitten mit Dschungel und Reisfeldern direkt am Meer, dies habe ich in dieser Art noch nie gesehen.

 

Schon nach zwei Stunden Fahrt wurde ich jedoch angehalten, nicht etwa von der Polizei, sondern von einer grossen Menschenansammlung in einem Dorf. Hunderte (!) von festlich gekleideten Menschen nahmen teil an einer Hochzeit eines offenbar wichtigen oder wohlhabenderen Paares. Gleich am Strassenrand wurde eine mit viel Gold und Kitsch aufgebaute Bühne aufgestellt, und noch Dutzende Meter entfernt säumten weitere Gäste die Strasse und wollten das Geschehen verfolgen. Wiederum wurde ein Conférencier angestellt, der von einer Bühne durch das Fest führte. Ich hielt an und kam gleich in Kontakt mit dem Bruder des Bräutigams. Ich konnte mich recht gut in Englisch mit ihm unterhalten oder meine paar wenigen Brocken Indonesisch auspacken. Ich fühlte mich erneut überaus willkommen, war im Fokus so vieler Menschen. Ich bin es mich unterdessen gewohnt, für Fotos zu posieren. Schnell wurde mir stark gesüsster Tee angeboten, ich wurde aber auch gleich zum Essen eingeladen – raffiniert gewürzte Speisen, Poulet, Fisch an einer scharfen Sauce, gefüllte Peperoni, Gemüse, Melonen und natürlich viel Reis, der in riesigen Töpfen über dem Feuer weichgegart wurde. Ich hätte hier noch lange bleiben können, beobachtete eine Gruppe Frauen, die in riesigen Schüssel das viele Geschirr sauber machten. Eine Gruppe von Kindern verfolgte mich auf Schritt und Tritt, neugierig und immer wieder den Kontakt suchend.

 

Aber ich wollte noch etwas vorwärts kommen, erreichte bald eine grössere Stadt – Manna, die ich recht elegant umfahren konnte. Zunehmend wurde die Landschaft jetzt wilder, die Dörfer seltener. Ich war heute häufiger der Küste entlang unterwegs mit etwas lieblicheren Stränden, grün-blauem Meer, aber immer noch denselben riesigen Wellen. In Bintuhan sah ich, dass es hier einige Hotels gibt, und dies machte mir Mut, noch etwas weiterzufahren bis nach Krui. Kurz nach dieser Stadt wurde ich dank grossen Hinweistafeln auf eine Lagune aufmerksam gemacht. Schnell hatte ich diese kleine Halbinsel erreicht und traf auf ein riesiges Volksfest mit einer OpenAir-Bühne, auf der fünf Schönheiten aus Bengkulu laut verstärkt einheimische Musik zum Besten gaben. Der Mann, der durch das Programm führte, hatte mich in meinen schmutzigen Töffklamotten schnell entdeckt und bat mich zur Bühne, wo ich sofort interviewt wurde. Der Clou war dann aber, als mich die fünf hübschen Girls auf die Bühne baten, um an einem Tanz teilzunehmen. Von jeder einzelnen wurde ich recht erotisch umgarnt, notabene in einer streng muslimischen Region… Es war mir nicht wirklich wohl, dermassen im Mittelpunkt zu stehen und froh, als ich die Bühne wieder verlassen konnte. Der Organisator des Anlasses lud mich ein, beim ihm zu übernachten, gratis und franko, und eigentlich hätte ich dieses Angebot annehmen müssen, aber ein Abend alleine mit so viel Smalltalk war mir dann doch zu anstrengend, zudem war ich schon ziemlich müde, und ich wollte Krui unbedingt noch erreichen. War es Intuition? Siehe Wetter 8. Februar…

 

Und die Fahrt wurde jetzt unglaublich pituresk. In der warmen Abendsonne leuchteten die nahe am Meer angelegten Reisfelder in beinahe neongrüner Farbe. Frauen in Spitzhüten standen barfuss im Wasser dieser Felder, um zu ernten oder neue Pflanzen einzeln zu setzen. Die letzten 50 km hatten es aber nicht nur deshalb in sich. Ich passierte unbevölkerte Traumstrände, aber gleichzeitig wurde die Strasse viel schlechter. Löcher, Gravel, Lehm, alles schon gehabt, aber ich kam teils nur im Schritttempo vorwärts – oder gar nicht, weil ich anhalten musste, um zu fotografieren. Dann führte die Strasse Richtung Inland durch luschen Dschungel beinahe auf Meereshöhe, noch viel kräftiger mit enormen Baumriesen als in den Bergen, wie ich dies schon so oft erlebt habe.

 

Schliesslich erreichte ich Krui kurz vor der Dämmerung. Krui liegt auf einer kleinen Halbinsel, ich kurvte durchs halbe Dorf und fand am wilden Strand tatsächlich gleich mehrere kleine Hotels, allerdings alle nicht ganz billig. Es war schon stockdunkel, als ich in der Villa Monalisa doch eincheckte – für 250‘000 IDR die Nacht, 16 Fr., relativ teuer. Mein Zimmer ist ganz neu, noch etwas staubig, ich bin wohl der erste Gast in diesem Raum. Einige Einheimische lassen sich also trotz all der Naturgewalten, die hier alles wieder zerstören können, nicht abhalten, wieder etwas Neues aufzubauen. Die Gastgeber sind sich westliche Gäste aber nicht gewohnt. Es gab weder Bier noch eine Speisekarte. Ich war aber zu müde, um nochmals auszugehen und gab mich mit einem fried rice und Wasser zufrieden.

 

Und dann begann der grosse Regen, der fast die ganze Nacht andauerte. Kräftig aufprasselnde Regentropfen ergeben das eigentümliche Geräusch, das einen gut einschlafen lässt.

 

Ich bin zufrieden mit mir und der Welt. Ich bin heute gut vorwärtsgekommen. Noch eine Tagesreise bis Java! Und wiederum habe ich regenfrei durchfahren können und so viele positive Überraschungen erlebt… Und jetzt wartet der gewünschte Strandtag auf mich.

Km: 36‘817

 

Mo, 08.02.2016: Die grosse Sturzflut

Ohne dass ich wirklich musste, stand ich schon um halb sieben Uhr auf, um einen Augenschein auf den Strand zu nehmen, klein, aber fein, gelber Sand, es hatte aufgehört zu regnen. Eigentlich wollte ich einen Morgenschwumm machen, aber ich sah eine brandschwarze Wand schnell näher kommen. Der erneute Regen liess nicht lange auf sich warten und wollte nicht mehr aufhören. All die Menge Wasser, die ich verteilt schon in den letzten Tagen erwartet hatte, kam jetzt mit einem Male herunter. Gewaltiges Naturschauspiel! Natürlich wollte ich eigentlich den Strand bei Sonne geniessen, aber ich konnte mir auch nicht vorstellen, bei diesem Unwetter Motorrad zu fahren. Und dies hatte ich auch nicht geplant.

 

Sowohl Foto- wie auch Video-Speicherkarten waren voll, die Bilder mussten auf meine externe Festplatte gespeichert werden, die im Wert immer mehr steigt. Seit Wochen ist das Internet so schlecht, dass ich es nicht mehr schaffe, die Bilder auf Dropbox hochzuladen.

 

Das Frühstück sah gleich aus wie gestern Abend – fried rice mit Ei, dazu Tee. Es regnete den ganzen Morgen weiter. Das auf die Blechdächer prasselnde Wasser wirkte so einschläfernd, dass ich ein nettes Morgenschläfchen hielt.

 

Aber den kleinen, wilden Strand konnte ich den ganzen Tag nicht nutzen, weil es bis in den späten Nachmittag weiterhin intensiv regnete. Es regnete noch leicht, als ich ins Städtchen, aber es war nicht leicht, ein Bier zu finden. Dann sass ich einige Zeit fröstelnd am Strand, es war feucht-klamm-kühl, ich konnte mich nicht überwinden, ins Wasser zu springen.

 

Am Abend fuhr ich nochmals Richtung Stadt. In einem kleinen Restaurant wurde ich sehr nett bedient und ass einen weiteren ikan bakar, begleitet von Gemüse, Suppe, Reis und einem Orangensaft. Am Abend widmete ich mich meinen vielen neuen Fotos, die bearbeitet werden mussten. Morgen geht’s weiter – der Krakatau ist im Visier. Ich bin gespannt, wie die Strasse nach diesem Unwetter aussieht. Im Moment ist es trocken, hoffentlich auch morgen während der Fahrt.

 

Km: 36‘839

 

 

Di, 09.02.2016: Weniger Regen als erwartet bis zur Südspitze Sumatras

Es hatte die ganze Nacht durchgeregnet, am Morgen war es noch immer stark bewölkt, und ich rechnete eigentlich mit einem überaus feuchten Tag. Es läuft wie immer ab, wenn es wieder losgeht. Zuerst werden die beiden Cases montiert, die ich diesmal nicht neu packen musste, weil ich das Material darin kaum benötigt hatte. Nur Biscuits, Wasser und einige übriggebliebene Mandarinen mussten im schwarzen Koffer noch Platz finden. Dann werden sie mit je einem Zurrfix gesichert. Die Kleider finden im grossen Rucksack Platz. Als letztes werden immer die kurzen Hosen verpackt, sodann rüste ich mich jeweils mit meinen (zu warmen) Töffhosen aus. Aber dank des Regens hatte es auch auf Meereshöhe einigermassen abgekühlt. Dann wird der Rucksack in den weissen, nur halbwegs wasserdichten Reissack verpackt und per Spannset angebunden. Die wichtigsten Utensilien sind im kleinen Rucksack (Kameras, Strom- und USB-Kabel in verschiedenen Formen). Der Regenschutz des kleinen Rucksacks ist unterdessen keineswegs mehr wasserdicht und wird zusätzlich mit einem grossen Plastiksack abgedeckt. Die diversen Bänder des Rucksackes werden am Spannset des grossen Rucksacks angebunden. Ein zusätzliches Zurrfix hält den Plastikschutz und dient als zusätzliche Sicherung. Die letzte Aktion ist immer der Griff an meine beiden seitlichen Seitentaschen meiner Töffhose. Auf der rechten Seite muss sich mein Bauchgurt (mit Pass, Geld und Kreditkarten) befinden, auf der linken Seite Handy (mit GPS) und Lesebrille.

 

Just bevor ich abfuhr, hellte es zu meiner Freude deutlich auf, und ich sollte lange Zeit regenfrei durch den Tag kommen. Gleich zu Anfang hatte ich einige 30 cm tief mit Wasser überflutete Strassenstellen zu überqueren – kein Problem. Die Strasse Richtung Südosten war aber meist in einwandfreiem Zustand und sogar recht gut ausgebaut, sodass ich die ersten hundert Kilometer recht schnell hinter mich brachte. Ab Bengkunat hatte ich auf kurvenreicher Strecke eine Halbinsel über einen Bergrücken zu überwinden. Vor diesem Stück hatte ich besonderen Respekt, weil hier schon ganze Busladungen und auch einzelne Reisende von mit Macheten bewaffneten Banditen ausgeraubt wurden. Ich kam glücklicherweise unbehelligt durch. Jetzt wurde der nächste markante Vulkan sichtbar, der allerdings dicht in Wolken gehüllt war. Ich passierte diesen Berg ganz nahe steil bergauf, erreichte Kota Agung. Hier wurde der Verkehr immer lebhafter. Die Verkehrsinfrastruktur ist für den gestiegenen Verkehr in diesem Land einfach unzulänglich ausgebaut. Richtung Bandar Lampung hatte es auch wieder viel mehr schwarz rauchende Lastwagen, die manchmal recht riskant überholt werden mussten, weil auch der Gegenverkehr stark war.

 

Die Bewölkung wurde jetzt immer dichter, und es war nur eine Frage der Zeit, bis es wirklich zu regnen anfängt. Nur 60 km vor dem Ziel bei der Einfahrt in die grosse Stadt Lampung lösten dann die Wolken wirklich ihr Wasser. Lampung liegt am Fusse eines weiteren Vulkans, und hier hatten sich dichte, schwarze Wolken aufgetürmt, die jetzt in einem Sturm über die Stadt herfielen. Ich fand Schutz unter einem Vordach eines kleinen Ladens und wollte einmal abwarten, ob es sich nur um einen Schauer handelte. Lustigerweise war gleich daneben ein kleines Schneidergeschäft, und ich nutzte die Zeit, hier das abgerissene Klettband meiner Regenjacke nähen zu lassen. Nach einer Stunde liess der Regen wirklich nach, und ich fuhr weiter, aber nur etwas zwei Kilometer, als mich der nächste Wolkenbruch erwischte und ich bei einem kleinen Markt Unterschlupf fand. Die vielen Einheimischen hatten grosse Freude an meinem Stopp, luden mich zum Kaffee ein, und nochmals wartete ich hier fast eine Stunde, bestens unterhalten, aber diesmal liess der Regen nur etwas nach. Ich rüstete mich mit Regenklamotten aus. Das Verkehrschaos am frühen Abend in dieser Stadt war gross, aber der Kaffee hatte mich hellwach gemacht. Es war erneut höchste Konzentration gefragt, in diesem aggressiven Verkehr zu bestehen. Nur die Ruhe kann es bringen, und irgendwann hatte ich die Küste erreicht und folgte der Küstenstrasse Richtung Südosten. Kalianda war das Ziel, Ausgangspunkt für einen Trip zum Krakatau-Vulkan. Der Regen hörte erst kurz vor diesem Dorf auf.

 

Ich nahm mir diesmal Zeit für das Finden einer Unterkunft, fuhr auf und ab und fand schliesslich ein brandneues, sich noch im Bau befindliches Homestay, Kembar, Richtung Strand gelegen. Man reagierte etwas unbeholfen, als ich ankam, aber doch sehr freundlich. Ich scheine hier der erste Gast aus dem Westen zu sein, denn bevor ich mich meiner feucht-heissen Klamotten entledigen konnte, wurde ich schon ein Dutzend Mal in allen Lagen fotografiert. Nach einer Dusche, aus der vorerst rostrotes Metallwasser strömte (vielleicht ist Rostwasser gut gegen meine fortschreitende Glatze;-) holte man mir Bier und Essen. Ich ernähre mich momentan vor allem von Fisch und Reis, auch zum Frühstück. Diesmal war auch noch eine Suppe dabei.

 

Ich war müde nach erneut über 300 km Fahrt und legte mich aufs Bett meines klimatisierten Zimmers, das ich noch von 200‘000 IDR auf die Hälfte heruntergehandelt hatte und schlief wohl schon vor neun Uhr ein.

 

Km: 37‘172

 

 

Mi, 10.02.2016: Hohe Wellen und der Preis auf Krakatau-Verhinderer

Ich werde im Kembar äusserst liebenswürdig und zuvorkommend behandelt, Frühstück mit Kaffee und Mittagessen werden unaufgefordert serviert, aber halt nur Reis in diversen Variationen…

 

Die jungen Hausherren sind sich überhaupt noch nicht an den Tourismus gewöhnt, bemühten sich zwar, eine Laundry zu finden, aber tatsächlich war niemand bereit, meine Kleider zu waschen, sodass ich mich selber an die Arbeit machte. Glücklicherweise schien über weite Strecken die Sonne, dass die Kleider auch wieder trocken wurden. Dies ist auch nötig, denn ohne Sonne bringt man feuchte Sachen beinahe nicht trocken, und meine sauberen Sachen waren unterdessen ausgegangen.

 

Ich beschäfttgte mich eine Weile mit dem Internet und wählte Guido für einen Testanruf über Skype aus, der im Moment in St.Moritz in den Ferien weilt.

 

Am Nachmittag fuhr ich ins nahe Canti zu einem kleinen Hafen, wo man Touren zum Krakatau in kleinen Fischerbooten anbietet. Zwei Tatsachen hielten mich davon ab, auf den Deal einzugehen. Erstens ist der Wellengang momentan zu hoch, sodass mir ein solcher Trip als zu gefährlich erschien, und zweitens war der Preis (2.5 Mio. IDR) zu hoch. Das ist der Nachteil, wenn man alleine reist. Auf dem Rückweg kaufte ich einige frische Früchte (Rambutan, Litschis und Salas) und fuhr an den mit Abfällen verwüsteten Strand, wo ich lange einen Fischer beobachtete, der mit seinem Netz einige kleine Fische fangen wollte – ohne Erfolg. Die Stimmung über der See war stürmisch. Rund um mich stehen Vulkane, viele davon im Meer. Die Wolken stauen sich, und es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis es zu regnen anfängt.

 

Ich verzichte also vorderhand auf den Krakatau-Trip, aber in Java habe ich in Carita noch eine zweite Chance. Vielleicht finde ich dort einige Mitreisende. Dieser Vulkan wäre schon eine Reise wert, denn er ist legendär. 1883 explodierte er und verschwand im Meer – eine 40 m hohe Flutwelle brauste innert Minuten über die Küste und hinterliess 36‘000 Todesopfer. Die Wellen sollen sogar im fernen Kanal noch zu spüren gewesen sein. Das Naturereignis hatte Folgen für das Weltklima, weil Tonnen von Asche in die Atmosphäre geschleudert wurden und einige Jahre für besonders kitschige Sonnenuntergänge auf der ganzen Welt verantwortlich waren. Heute kann man nur den den kleinen Krakatau (Anak = Kind) besuchen, der in den Dreissigerjahren aus dem Meer gewachsen ist und jedes Jahr um sieben Meter wächst.

 

Km: 37‘202

 

 

Teil 18 ist abgeschlossen!

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Kommentare: 4
  • #1

    iso (Donnerstag, 11 Februar 2016 12:58)

    ENDLICH! Wieder sehr geile Geschichtlein und ebenso geile Bilder. Die Spannung ist bei dieser Lektüre rasant angestiegen. Und Reschpeckt, Reschpeckt: Je ein Liebesantrag von einer uralten Tante und einem flotten Jüngling – das ist doch schon mal was, du alter Junggeselle....:-)
    Wenn sich die Zahl der Blogleser reduziert hat, so spricht das keinesfalls gegen die Qualität deiner Berichte als vielmehr gegen die neuen Lesegewohnheiten. Das ist jetzt halt die "Generation 20 Minuten". Was mehr Zeit in Anspruch nimmt als das Angaffen eines Youtube-Filmchens auf dem Handy, ist nicht mehr zumutbar. Ich finde: Weiter so und mehr davon!
    Zugegeben: Die Detailschilderungen der jeweiligen Verpflegungen mit Preisangabe und Geschmackseindruck (ein sehr feiner Fisch mit viel Chili und einem Bier....) sind auf Dauer etwas wiederholt. Aber selbst da bietet Blog 18 ganz neue Höhepunkte: Wie kocht man einen Menschen? Mit viel Knoblauch anscheinend... Gourmetherz, was willst du mehr?
    Und das Beste: ENDLICH SIND DIE UNSÄGLICHEN CROCKS WEG! Jetzt noch eine Panne mit der grünen Sonnenbrille, und du bist wieder richtig hip.
    Go on!

  • #2

    Hildegard (Freitag, 12 Februar 2016 02:10)

    Nu nöd lugglo mit schreiben! Ich warte auf deine Fortsetzungen, aber muss mir auch genügend Musse freischaufeln für die Lektüre. Joo, Iso, die genauen Angaben über Unterkünfte Essen und Preise dienen einesteils Nachahmern des Trips, andererseits helfen sie dem nicht jünger werdenden Hirni für spätere Erinnerung des noch jung wirkenden aber auch alternden Abenteurers Urs.Ich wäre nicht geeignet für diese Art Reisen, aber kann mich nicht sattsehen an den Bildern, die gratis und franco durchs Internet in die gute Stube kommen. Merci, Sturzi und wiiter so - mit allne Details!!!

  • #3

    Dään (Samstag, 13 Februar 2016 16:25)

    Lieber Urs.
    Endlich komme ich auch wieder mal bei deiner Seite vorbei. Schon sehr eindrücklich, wie viel du schon durchlebt hast! Schaut super aus!

    Nun bin ich gerade auf Spurensuche von dir. Bin zur Zeit für drei Wochen in Georgien, Armenien und Istanbul. Gemeinsam mit Arjen sind wir nun gestern südwärts gefahren und höcklen jetzt beim ominösen Sebi (er ist immer noch in Yerevan ! ;) ) in der gemütlichen Wohnung.
    Der Kaukasus ist auch im Winter absolut faszinierend. Es ist teilweise zwar schissi-chalt, dafür sind die Kontraste der schneebedeckten Hochebenen und Gipfeln umso eindrücklicher!

    Hebs guet mein Lieber!

    Lieber Kuss, Dään.


  • #4

    Moni (Montag, 22 Februar 2016 15:51)

    jo nöd ufhöre schriibe, i ls alles, au wenn i mo nie en kommentar gschribe ha! und zumal du allefalls nöchschtens mit de Vera zämetriffsch! bo gspannt, öb sich eui wäg chrüzed!
    liebs grüessli Moni