Nachdem wir erst über einen Umweg den Zugang zu Bolivien gefunden hatten, liess uns dieses faszinierende Land bis heute nicht mehr los. Riesige Salzseen, Lagunen, Minenstädte, alle über 4000 m.ü.M. gelegen waren ein weiteres grossartiges Highlight dieser Reise. Aber es war kalt hier oben, sodass wir froh waren, auch das bolivianische Tiefland kennen zu lernen, das es allerdings in sich hatte, denn die Regenzeit liess sich dieses Jahr wegen des El-Niño-Phänomens Zeit und verwandelte die geplanten Routen in Schlammpisten, die uns körperlich und fahrtechnisch das Äusserste abforderten.
Nach einem Trip auf einem Dschungelfluss, auf dem wir fischen lernten und der kurvenreichen Fahrt über die Ruta de la Muerte sind wir unterdessen in La Paz gelandet. In der Zwischenzeit ist eine neue Idee gediehen - das ultimative Abenteuer mit einem Motorrrad-angetriebenen Floss, das uns von Peru über den Amazonas 3000 km östlich nach Manaus bringen soll. Die Vorbereitungen laufen...
Mi, 26.04.2017: Verschlimmbessert oder Sauerstoffstress
Genau auf diesen Trip hatte ich mich schon lange gefreut, nämlich hoch zum Paso Jama zu fahren und schon vor der Passhöhe die Abzweigung vorbei am Volcán Licancabur Richtung bolivianische Lagunas weit über 4000 m.ü.M. zu nehmen. Die Vorfreude war gross, und schon kurz nach acht Uhr war ich daran, das unermessliche Chaos in unserem Zimmer zu entrümpeln und Ordnung in meine Sachen zu bringen.
Fast pünktlich um zehn Uhr fuhren wir zur Tankstelle mitten in San Pedro, wo wir auf Roq, den Spanier trafen. Alle Ersatzcontainer wurden mit Benzin gefüllt, denn in Bolivien wird es vor allem zu Anfang deutlich schwieriger, zu Treibstoff zu kommen. Der Zoll Richtung Bolivien/Argentinien liegt gleich ausserhalb San Pedros, die Formalitäten waren schnell erledigt – und schon waren wir zu dritt unterwegs Richtung Paso Jama. Nach einem anfänglich flachen Stück begann die gut ausgebaute Strasse bald steil aufzusteigen. In vierzig Kilometern waren gegen zweitausend Höhenmeter zu überwinden. Sam hatte noch gestern seine Vergaserschraube so weit verändert, dass seine Maschine in grösseren Höhen mehr Leistung bringen sollte.
Schon bevor wir die 4000 m.ü.M. erreicht hatten, begann seine Maschine immer mehr zu stottern. Sams Honda kroch mit 30 km/h die steile Strasse hoch. Offenbar reagierte der Vergaser von Sams Maschine kontraproduktiv, brachte weniger Leistung. Zudem roch aus dem Auspuff schwarz-weisser Rauch, die Kerzen waren verkohlt, die zwar bald gereinigt waren. Aber auch im nächsten Versuch kam Sam nur weniger als einen Kilometer weit. Depression! Sams gestrige Aktion mutierte zum Rohrkrepierer, die Maschine verlor so viel Leistungsfähigkeit, dass er es unmöglich über die steile Passstrasse Richtung Bolivien schaffen würde.
Natürlich war es klar für mich, bei Sam zu bleiben, obwohl ich zu gerne Roq Richtung Bolivien begleitet hätte. Wir liessen Roq ziehen, Sam rollte mit seiner Maschine talwärts, ich folgte ihm. Am Zoll gab es glücklicherweise keine Probleme. Obwohl wir erst kaum eine Stunde früher den Ausreisestempel bekommen hatte, war es leicht, den bereits sechsten Einreisestempel nach Chile inklusive der Papiere für den Töff zu erhalten.
Wir hatten vor, Richtung Küste zu fahren, wo sich Sams Maschine vielleicht erholen würde, indem all der Russ im Motor verbrannt würde. Nochmals fuhren wir die langweilige Strecke nach Calama, und von dort vorbei an Chuquicamata, der riesigen Kupfermine Richtung Tocopilla am Pazifik, wo wir natürlich unsere Höhentauglichkeit verlieren würden, aber Ziel sollte es sein, Sams Maschine zu etwas mehr Sauerstoff zu verhelfen. Die Strecke durch die unendliche Steinwüste war tödlich langweilig, aber immerhin schaffte Sams Maschine die zu bewältigende Höhendifferenz. Dreissig Kilometer vor Tocopilla machten wir mitten in der Wüste etwas entfernt vom Strassenrand Halt und stellten unsere Zelte auf, denn die Küste war im Nebel versunken, feuchte Kälte wollten wir uns nicht antun. Natürlich war weit und breit kein Holz zu finden, sodass wir wieder einmal den Benzinkocher benutzen mussten.
Auch wenn wir auf nur noch 1400 m.ü.M. übernachteten, dürfte die Nacht kalt werden – halt typisch Wüste. Die Luft ist trocken und laugt die Lippen aus, dafür kamen wir heute Abend in den Genuss von einem besonders klaren Sternenhimmel mit dem Kreuz des Südens, der hell leuchtenden Milchstrasse und anderen fernen Galaxien.
Km: 70‘598 (313)
Do, 27.04.2017: Wüstenküste und Krabbenfänger
Die Wellen schlagen unerbittlich gegen die felsig-zerrissene Pazifikküste, ein wunderbarer Sound, der nur durch die dutzendfachen Schreie der Seelöwen von einer vom wilden Ozean abgetrennten Insel regelmässig unterbrochen wird. Wir befinden uns nur siebzig Kilometer entfernt von Iquique, folgten heute fast den ganzen Tag der „wüsten“ Steilküste Chiles Richtung Norden.
Tocopilla war heute Morgen schnell erreicht, die gut ausgebaute Strasse wurde plötzlich kurvenreich und führte in geschwungenen Kurven steil bergab, bis wir die Ciudad de Energia erreicht hatten, eine wenig attraktive Hafenstadt in der Atacama-Wüste. Es ist hier so trocken, dass zu jedem Tropfen Wasser Sorge getragen werden muss. Den ganzen Tag über sah ich nicht etwas pflanzlich Grünes. Die rekordverdächtig karge Landschaft entlang des Pazifiks mit seiner steinigen Steilküste hat aber durchaus etwas Reizvolles, solange man sich nicht dauernd hier aufhalten muss. Wir passierten einige Caletas, kleine Dörfer, in denen die Menschen mit etwas Tourismus zu überleben versuchen. Die Häuser sind armselig, das Wasser wird per Tank-Lastwagen angekarrt, es ist nicht wirklich ersichtlich, wie die Menschen ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Ich habe Menschen gesehen, die fischen oder in mühseliger Arbeit grosse, dunkelgrüne Algen aus den wilden Wassermassen des Pazifiks sammeln, keine Ahnung wofür. Ich versuchte, diese anzuzünden, aber der Brennwert scheint gering zu sein.
Je weiter wir gegen Norden fuhren, desto sandiger wurde die Steilküste. In wilder Fahrt bewältigten wir die kurze Strecke hinaus zu einer Felsnase hoch über dem Meer gelegen und posierten auf einem Betonpfahl in kontroverser Kulisse mit so viel Wasser zur Rechten und Staub, Sand und Stein zur Linken.
Dann erreichten wir die Seaworld, einem durch eine Mauer abgetrennten, längst aufgegebenen Naturpark. Wir fuhren bis jenseits eines Felsens und sahen auf einer nahen Insel Hunderte (!) von Seelöwen, die sich ein Sonnenbad gönnten oder sich um einige Quadratmeter warmen Felsens stritten. Es war noch relativ früh, sodass ich viel Zeit hatte, diese Tiere zu beobachten. Ich überraschte fünf der Tiere in einem von einem Felsen geschützten Salzwassertümpel, sie ergriffen sofort entsetzt entlang eines Felsspalts die Flucht. Nachdem die Natur den ganzen Tag über inexistent zu sein schien, überrascht sie hier mit einer unerwarteten Vielfalt. Lange beobachtete ich die vielen Seelöwen auf der nahen Insel, ich wurde aber immer wieder abgelenkt durch verschiedene Arten von Vögeln, unter anderem eine Art Seegeier mit rotem Kopf, aber auch durch Massen von an das grau-braune Gestein angepasste, kleine Echsen, vor allem aber auffällig rot-orange gefärbte, massenhaft vorkommenden Krabben, die sich auf dem warmen Gestein sonnten.
Bald sassen wir bei Rotwein bei unserem Lagerplatz, mit gutem Grund, denn Sam feierte heute seinen 29. Geburtstag. Bald war er daran, aus einer herumliegenden Zweiliter-Petflasche eine Reuse zu basteln, mit der er versuchte, eine Krabbe zu fangen. Als Köder verwendete er etwas argentinische Salami. Ich staunte nicht schlecht, als Sam bald mit seiner Flasche aufkreuzte, aber nicht etwa leer, sondern gefüllt mit einer dieser Krabben. Zuvor hatte ich noch gesagt, er sei ein Held, wenn er eine fangen würde, und jetzt war er tatsächlich einer. Aber wie zubereiten? Das Wasser kochte schnell (erneut ohne Holzfeuer), dafür wegen Wassermangels mit 50% Meerwasser. Das Tier wurde ganz einfach in das brühend heisse Wasser geworfen und bewegte sich dort nur noch Momente. Die Vorspeise gelang ausgezeichnet, die Spaghetti danach waren eher geeignet, den Hunger zu nehmen. Sam war schon wieder unterwegs, eine weitere Krabbe zu fangen. Weil es dunkel war und die Krabben sich das helle Taschenlampenlicht offenbar nicht gewohnt sind, konnte er ein weiteres, diesmal noch grösseres Exemplar mit riesigen Scheren recht problemlos mit zwei Teilen einer Petflasche festhalten und hoch zu unserem Lagerplatz bringen. Das Spaghetti-Wasser diente uns jetzt bereits ein drittes Mal, es bekam allmählich eine senfgelbe Farbe (!), aber das Krabbenfleisch war sensationell zart und fein und diesmal auch von der Menge etwas ausgiebiger. Schliesslich fingen wir auch noch ein drittes Exemplar, das Brühwasser tat damit seinen vierten Dienst…
Aber nicht alles läuft momentan rund. Sams Maschine produziert noch immer russiges Abgas. Zwar läuft sie unterdessen wieder problemlos, aber sie verbraucht massiv mehr Benzin. Noch ist nicht klar, wie es weitergeht, ob sogar am Motor etwas beschädigt ist. Es kann gut sein, dass wir in Iquique einige Tage bleiben werden, oder ich werde alleine in Boliviens Hochland reisen müssen – unterdessen wird dies wohl auch nicht ohne Probleme abgehen, weil ich mich unterdessen wieder auf Meereshöhe befinde. Ich geniesse dies momentan zwar enorm, weil es wieder wärmer ist (der Nebel hat sich heute hinaus aufs Meer verzogen), aber es fragt sich, wie ich dann die grosse Höhe ertragen werde…
Km: 70‘789 (191)
Fr, 28.04.2017: Mahnmale am Strassenrand und eine überraschend wohlhabende Stadt
Die Sonne liess sich heute Morgen lange Zeit, mit ihren wärmenden Strahlen das taunasse Zelt zu trocknen. Ich war nicht der einzige, der sich über den Wärmespender freute, Dutzende von rotschnabeligen Geiern sassen auf den Felsen und breiteten ihre Flügel aus, als ob dadurch die Geschmeidigkeit ihrer Flugbewegungen perfektioniert würde. Die Seelöwen hörten auch mit Sonnenstrahlen nicht auf zu schreien – wie die ganze Nacht, aber der Schlaf auf Meereshöhe bei angenehmen Temperaturen und wenig Wind war trotzdem hervorragend und erholsam.
Ich machte mich nochmals auf einen Rundgang zu den Seelöwen und den Geiern, Sams Reuse war leer, sodass es keine Krabben zum Frühstück gab, dafür Eier und Brot, und es war angenehm mild – einfach herrlich. Wie überall in Chile staunt man, wie viele Verkehrsunfälle auch auf scheinbar ungefährlichen Stellen passieren. Gleichsam wie Mahnmale stehen immer wieder mehr oder weniger kunstvolle Grab-Denkmäler am Strassenrand, manchmal mit Teilen des Unfallfahrzeuges, immer mit Kreuz, für Vorbeireisende vielmehr als Mahnmale wirkend oder als Hinweis gedacht, dass es nicht selbstverständlich ist, unfallfrei unterwegs zu sein.
Kurz nach der Abfahrt realisierte man, warum in dieser trostlos trockenen Gegend Menschen wohnen. Das Land ist überaus mineralienreich, die Menschen schöpfen daraus Reichtum. Ich staunte, wie zwanzig Kilometer vor Iquique aus der zweispurigen Überlandstrasse eine vierspurige Autobahn wurde. In der lebendigen Stadt mit einem schönen, alten Stadtkern mit Bauten aus dem frühen 20. Jahrhundert stehen heute erstaunlicherweise zum Teil Hochhäuser, obwohl es eigentlich Land zur Genüge gibt, um sich in der Horizontalen auszudehnen.
Wir fanden in einem kleinen Hotel eine saubere Unterkunft mit Parkplätzen. Am Nachmittag war ich in der Stadt unterwegs, um einen Aluminiumschweisser zu finden, weil meine Benzinflasche fürs Kochen ein Loch hat. Ich hatte sie so ungeschickt an meinen Töffrahmen gebunden, dass eine Mutter durch die Vibrationen das Aluminium zum Erodieren gebracht hatte. Aber ich blieb wenig erfolgreich, sodass ich die undichte Stelle mit Poxipol leimte.
Am Abend schlenderten wir ins Stadtzentrum, wo wir in einem Fischrestaurant hervorragend zu Nacht assen. Unsere gemeinsame Reise steht morgen vor einer Prüfung. Sam hat die wirkliche Ursache der Leistungseinbussen seines Töffs nicht wirklich herausgefunden. Morgen werden wir seine Maschine noch einmal testen und in die Berge Richtung Bolivien fahren, wo sich entscheiden wird, ob wir weiterhin gemeinsam unterwegs sind. Schwierige Aussichten!
Km: 70‘877 (88)
Sa, 29.04.2017: Von Geisterstädten und mysteriösen Schläuchen
Sams Schlauchtragödie fand heute ihre Fortsetzung. Zwar stiegen wir problemlos hoch vorbei an einer gewaltigen Sanddüne über der Stadt, aber bald mussten wir anhalten, weil der Schlauch des Vorderpneus erneut undicht und ergo platt war. Gleich dreimal musste der Schlauch repariert werden, aber es ist nicht klar, weshalb die Schläuche immer wieder lecken.
Als wir Humberstone erreichten, war der Pneu erneut platt (!), aber jetzt interessierte uns vielmehr diese Geisterstadt, in der seit 1872 bis in die Sechzigerjahre Salpeter und Jod abgebaut wurden. Der Ort zog viele Menschen an, die hofften, in den Bergwerken zu etwas Reichtum zu kommen. Eine ganze Stadt wurde in dieser unwirtlichen Wüste aufgebaut, notabene mit Theater, Swimmingpool (obwohl kaum Wasser vorhanden war), Hotel, Kirche, Schule. Nachdem die Produktion aufgegeben wurde und 3000 Menschen ihre Arbeit verloren, wurde der Ort aufgegeben. Heute sind die vielen Produktions- und Industriehallen verrostet und verrottet, die meisten Maschinen, unter anderem von Sulzer (!) wurden zerstört, stehen aber noch immer hier. Die Wellblechdächer sind unterdessen marod, ein Kamin muss gestützt werden, die niedrig gebauten Häuser der Stadt erinnern jedoch an die Blütezeit, allerdings wäre es für mich unvorstellbar, in dieser Pampa zu versuchen, eine Existenz aufzubauen.
Wir waren vor allem lange in den Industriehallen mit den alten Maschinen unterwegs, interessant vor allem für Samuel, der die Funktion vieler riesiger Maschinen erkannte. Das Gestein wurde mit kleinen Eisenbahnwagen zu dem Fabriken gekarrt, zerkleinert, der Salpeter wurde in einem chemischen Prozess aus dem Gestein gelöst.
Nachdem Sam einen weiteren Platten repariert hatte, besuchten wir auch noch die alte, verlassene Minenstadt Santa Laura, etwas kleiner, aber nicht minder interessant.
Wir wollten jetzt noch einige Kilometer Richtung Anden fahren, wurden aber erneut gestoppt durch einen weiteren Platten an Sams Vorderreifen, immerhin an einem Ort mit dürren Büschen und stachligen Bäumen, wo wir jetzt campieren und mitten in der Atacama-Wüste wieder einmal ein Feuer entfachen können. Es war ein recht vergnüglicher Abend – die Bewährungsprobe folgt morgen. Erstens muss herausgefunden werden, warum Sams Vorderschlauch immer wieder punktiert wird, und zweitens wird es überaus interessant sein, wie gut Sam Maschine die Höhe erträgt. Morgen werden wir wieder über 4000 m.ü.M. sein.
Km: 70‘956 (79)
So, 30.04.2017: Zurück in den Hochanden mit störrischer Honda
Als ob sich Sams Honda gegen die Rückkehr in die Hochanden wehren wollte, wurde unsere Hochfahrt gleich zweimal unterbrochen durch erneute Plattfüsse an seinem Vorderreifen. Schliesslich gab ich ihm meinen neuen Schlauch, und das Vorderrad gab endlich Ruhe. Dafür begann die Transalp erneut massiv zu russen, und je steiler es wurde, desto grösser wurde die Leistungseinbusse seiner Maschine. Sam entfernte trotz des Windes und des Staubes und Sandes in der Luft seinen Luftfilter, und erstaunlicherweise kam die Honda jetzt auf mehr Leistung. Etwa auf 4000 m.ü.M. setzte er den Filter wieder ein, der Unterschied war frappant. Als Sams Maschine nur noch mit dreissig bis fünfzig Kilometern pro Stunde unterwegs war, begann ich ihn zu stossen, nicht ganz gleich einfach wie vor vierzig Jahren, als ich auf der Schneppertour ins Tessin diverse Puchs die Pässe hochschob… Aber ich brachte ihn hoch bis fast 4400 m.ü.M. Jetzt war die Steigung deutlich weniger steil, und wenn es gar ein Stück abwärts ging, kamen wir ganz gut voran, aber wenn es nur etwas aufwärts ging, war mein rechtes Vorderbein wieder gefragt, um den nächsten Kulminationspunkt zu erreichen.
Beim trostlos trockenen, sandig-steinigen Aufstieg verliessen wir die Atacama-Wüste Richtung Südosten. Das Land ist auch auf grosser Höhe äusserst mineralienreich, weshalb die Verbindungsstrasse lange Zeit geteert und sehr gut befahrbar war. Das änderte sich vor einer weiteren Mine (Ujina), als wir uns nach dem Abzweiger für den Normalverkehr plötzlich auf einer schmalen Schotterpiste bewegten. Dies war nun definitiv zu viel für Sams Maschine. Irgendwie hatte ich das Gefühl heute, dass er es richtiggehend anlegt, seine Honda zu überstrapazieren. Aber ein Mittel hatten wir noch in petto, nämlich den Luftfilter zu reinigen. Und tatsächlich brachte die Honda jetzt wieder etwas mehr Leistung, wir kamen problemlos über einen 4400 m.ü.M. hohen Pass. Hier stiessen wir überraschend auf eine aufgegebene Eisenbahnstrecke und eine kleine Station mit eingefallenen Ziegelhäusern. Das Abendlicht hatten wir jetzt im Rücken, sodass die Abfahrt zu einem Gedicht wurde. Wir entdeckten einen Fahrweg, auf den 6130 m.ü.M. hoch gelegenen Volcán Aucanquilcha, zumindest bis auf halbe Höhe (die wohl auch schon über 5000 m.ü.M. liegt). Vielleicht könnte das morgen ein ganz spezieller Ausflug werden…
Jetzt galt es aber, möglichst viel Höhe zu verlieren, denn je höher, desto kälter und umso weniger Luft. Die Abfahrt war äusserst ruppig, Sam einmal mehr zu schnell, sodass es ihn grausam überstellte. Rippenprellung, aber weiter nichts geschehen.
Wir befinden uns jetzt in einer kleinen, sandigen Schlucht. Das Feuer brennt auch auf 3750 m.ü.M. hervorragend. Die Wärme wird von den Felsen zurück zu uns geworfen. Wir sind satt, natürlich wissen wir, dass wir hier oben besser auf Pasta verzichten. Kartoffeln, Quinoa, Gemüse, etwas Wein, jetzt Coca-Tee, der gut wirksam sein soll gegen die Höhenkrankheit. Es dürfte sehr kalt werden in der Nacht, ich bin gespannt, wie ich schlafen werde.
Wir sind wieder im Hochland, das Abenteuer hat uns wieder, die unwirklichen Landschaften begeistern uns. Nur noch wenige Kilometer trennen uns von Bolivien.
Km: 71‘178 (222)
Mo, 01.05.2017: Ein Tag am Aucanquilcha
Das Wasser in unserem Tank war heute Morgen gefroren, es war bitterkalt mit etlichen Minusgraden. Gleichwohl stand ich schon um halb acht Uhr auf, wärmte mich am Feuer auf, backte Brot. Eigentlich wollten wir heute Morgen etwas früher unterwegs sein, aber auch heute blieb Sams Honda nicht pannenfrei – der Tacho funktionierte nicht mehr, war eingefroren und musste frisch gefettet werden.
Vorbei an einem weiteren Salzsee erreichten wir Ollaguë, angeschlossen an eine funktionierende Eisenbahnlinie auf 3700 m.ü.M. Wir deckten uns hier mit Wasser ein und machten uns auf den Weg zu den Schwefelminen von Aucanquilcha, die aber längst nicht mehr ausgebeutet werden. Eine rostige Seilbahn erinnert an bessere Zeiten, als aus der Mine auf 5500 m.ü.M. genügend Schwefel abgebaut wurde, dass daraus ein lohnendes Geschäft wurde.
Während sich Sam vor allem für die Mine interessierte, faszinierte mich der 6130 m.ü.M. hohe Volcán Aucanquilcha, den ich am liebsten erklommen hätte. Die erste grosse Herausforderung war der Fahrweg hoch Richtung Berg, der vor allem auf den unteren Partien mehr einem ausgetrockneten und ausgewaschenen Fluss glich denn einer Strasse. Auf 5000 m.ü.M. wurden wir überrascht durch das Basecamp chilenischer Berggänger. Überraschenderweise schaffte Sams Honda diese Höhe. Jetzt nahm er wieder den Luftfilter heraus, sodass wir nochmals 150 Höhenmeter per Motor machen konnten. Eine steile, steinige Stelle zwang uns aber anzuhalten und die nächsten Höhenmeter zu Fuss zurückzulegen. Es war ein überaus beschwerliches Aufsteigen, aber nach einer Stunde hatten wir die marode und zum grössten Teil zusammengefallene Zwischenstation der Schwefelbahn erreicht. Erst nach zwei Uhr war ich entlang der rostigen Bahnmasten alleine unterwegs Richtung Gipfel. Eigentlich hoffte ich, wenigstens meinen Höhenrekord zu brechen und 5700 m zu erreichen, ich fühlte mich auch erstaunlich fit, aber die Zeit war zu knapp, um dieses Ziel zu erreichen. Tatsächlich wurmte es mich schon, nicht früher hier gewesen zu sein, denn der Aufstieg zu diesem Sechstausender schien machbar, auch wenn es eisig kalt war. Schade, dass wir die vorhanden Fahrwege bis 5500 m.ü.M. nicht nutzen konnten. Ich erreichte den vierten Rostmasten nach der Mittelstation auf 5429 m.ü.M. Sam fand in der Mittelstation sein Schlosserparadies und interessierte sich für die alte Technik. Riesige Räder liegen versunken im Sand oder im Eis, alte Schwefelkarren hängen schräg vor sich hinrostend in der unterdessen offenen Station.
Gemeinsam traten wir den Rückweg zu unseren Motorrädern an. Unterdessen spürte ich die Strapazen des Aufstiegs und die Kraft der Höhensonne, ich war todmüde und hatte etwas Kopfschmerzen, also höchste Zeit, wieder etwas Höhe zu verlieren. Aber auch die Abfahrt war nicht einfach, aber mit der Aussicht auf ferne Salars zauberhaft. Die Fahrt wurde unterbrochen durch zwei extrem gut getarnte Andenhasen oder Chinchillas (?), eigenartig grün-orange-braun gefärbt. Sie waren mit der Kamera in der gleichfarbenen Landschaft mit der Kamera fast nicht zu finden (sie heissen übrigens Viscacha). Wir wollten in einer Geisterstadt übernachten, nächtigen jetzt aber bei der Talstation, die zur Bahn gehört, die uns schon den ganzen Tag beschäftigt hat. Unterdessen habe ich die Idee verworfen, morgen früh aufzustehen und diesen Sechstausender zu bezwingen, der Tag hat mich zu sehr geschlaucht.
Wir befinden uns noch immer auf 3950 m.ü.M. – eine weitere eisige Nacht dürfte uns erwarten. Wenigstens konnten wir uns an einem kleinen Feuer wärmen, über dem wir auch kochten. Es ist noch nicht einmal zehn Uhr, der Körper dürstet nach Erholung, aber mir wäre egal, wenn die Nacht schon geschafft wäre…
Km: 71‘234 (56)
Di, 02.05.2017: Die Salars von Bolivien
Vielleicht lief Sams Honda heute ohne Murren, weil wir momentan an der Laguna Honda in Bolivien auf 4118 m.ü.M. campieren, ein zauberhaft unwirklicher Ort zwischen schneebespitzten Fünf- und Sechstausendern. Aber die überaus schöne Szenerie hat auch eine Kehrseite, denn schon um halb zehn Uhr ist die Temperatur deutlich unter den Gefrierpunkt gesunken. Ich habe den Wassercontainer ins Zelt genommen, ebenso den vorbereiteten Brotteig. Dass wir so lange im Freien ausgeharrt haben, ist alleine dem wundersam gefundenen Holz zuzuschreiben. Eigentlich wächst hier oben fast nichts mehr, die gelben Grasbüschel scheinen schon gelb auf die Welt zu kommen. Aber exakt an diesem grau-blauen See fanden wir am Ufer einige Büsche, davon einige offenbar seit längerer Zeit abgestorben. Ein Fusstritt, und die Wurzel dieser Büsche bricht und lässt sich mit dem dürren Reisig aus dem staubigen Untergrund zerren.
Natürlich war schon die letzte Nacht eiskalt. Es ist kein angenehmes Schlafen so dicht eingemummt mit sämtlichen zur Verfügung stehenden Textilien über einem, die aber die Kälte abhalten und im Schlafsack drin eine Oase der Wärme entstehen lässt. Allerdings scheinen körperliche Ausscheidungen in dieser Wärme umso mehr zu gären, kein Wunder, wenn man seit Tagen keine Dusche mehr gesehen hat.
Die Sonne am Morgen war ein Quell der Freude und vor allem der Wärme. Nach dem Frühstück hatte wir Ollaguë bald erreicht, deckten uns mit neuem, allerdings stark chloriertem Wasser ein, fanden einen Hinterhof, wo man uns 35 Liter Benzin verkaufte, allerdings zum doppelten Preis (1 Liter = 2.30 Fr.), aber jetzt waren wir fit für den Grenzübertritt nach Bolivien. Die Grenzformalitäten waren schnell erledigt, beim bolivianischen Zoll zahlten wir für das Einchecken des Fahrzeuges je 15 BS (Fr. 2.20). Ich war fasziniert von an der Grenze stehenden, alten Eisenbahnwagen. Jetzt ging es endlich los auf Boliviens Schotterpisten, zuerst erstaunlich schnell, weil gut ausgebaut. Erst bei der Abzweigung Richtung Laguna Cañepa wurde der Fahrweg sandig und steinig, zudem war einiges an Höhendifferenz zu überwinden. Wir merkten bald, dass wir in einer der wichtigsten Touristenregionen Boliviens gelandet waren, denn sofort begegneten wir gleich mehreren Tour-Jeeps. Die Laguna Cañepa war gleichwohl sehr faszinierend, weil im dunkelblauen Lagunenwasser Dutzende von Flamingo auf der Suche nach etwas etwas Essbaren waren.
Wir fuhren nach der Mittagsrast weiter Richtung Süden zu weiteren Lagunen. An der Laguna Hedionda mit seinen vielen Flamingo gab es gar ein Eco-Resort. Wir waren jetzt bereits auf der Suche nach einem Lagerplatz, fuhren mitunter querfeldein über Stock und Stein an den Rand weiterer Lagunen, der Laguna Chiar Kkota (Laguna Negra), allesamt gelegen in zauberhafter Umgebung. Aber erst bei der Laguna Honda machten wir dann wirklich Halt. Wir haben diesen Salzsee ganz für uns. Am Abend passierten noch zwei Jeeps, aber wer will schon hier übernachten? Eine solche Kälte tut sich nicht jeder an…
Km: 71‘318 (84)
Mi, 03.05.2017: Seegfrörni
Es war wohl die rekordkälteste Nacht meiner ganzen Reise. Ich konnte meinen Körper mit dem Selbstverpackungs-trick gerade noch knapp einigermassen warm halten, aber die Minusgrad im zweistelligen Bereich liessen meine Füsse nie richtig verwarmen. Jedes Drehen auf die andere Körperseite war ein nächtliches Grossunterfangen, weil ich verhindern wollte, dass die sich ausgeklügelt über dem Schlafsack zusammengestellten Kleidungsstücke verschieben und der eisigen Luft Zugang zu meinen Nieren verschaffen.
Es war ein freudiges Ereignis, als es allmählich hell wurde und sich ein weiterer wolkenloser Tag ankündigte. Das Aufstehen bei Minusgraden ist jedoch ein unangenehmes Erlebnis. Aber ich war dann schon überrascht, als ich sah, dass der Salzsee vor meinem Zelt zugefroren war. Ich hatte den Wassercontainer und auch den Brotteig mit ins Zelt genommen, aber gleichwohl war beides fest gefroren. Bald war ein Feuer gemacht, und die aufgehende Sonne liess die Temperaturen glücklicherweise im Sauseschritt emporklettern.
Wir wollten heute unseren Lagunentrip fortsetzen und waren bald unterwegs auf einer der vielen Spuren, die durch die weiten Täler führen. Dank maps me fanden wir auch den Passübergang Richtung Laguna Cachi, allerdings war der Fahrweg eine Herausforderung mit vielen sandigen Abschnitten oder üblem Wellblech. Wir waren überrascht, plötzlich auf 4700 m.ü.M. zu sein. Bei der Laguna Cachi fanden wir viele verlassene Steinruinen, manchmal standen nur noch die Grundmauern, aber auch einen eigenartigen, gemauerten Turm, der vielleicht einmal dazu verwendet wurde, irgendwelches Erz aus dem Gestein zu gewinnen. Weil die Wege auch die nächsten Kilometer kaum besser wurden, kamen wir nur langsam vorwärts. Wir nahmen den Umweg über Villa Alota, wo wir bei einer kleinen Laguna lunchten. Dann führte eine einigermassen gute Schotterpiste nach Julaca, an den Rand des riesigen Salar Uyuni. Hier deckten wir uns mit Bier ein. Kurz bevor wir auf den topfebenen, schneeweissen, riesigen Salzsee abbogen, packten wir unsere Motorräder voll mit Holz, denn wir erwarteten nicht, dass wir auf Isla Incahuasi Holz für ein Feuer finden würden.
Die 50 km Fahrt über den schneeweissen wurde zu einem Erlebnis der besonderen Art, denn man hatte sich nicht an einen vorgegebenen Weg zu halten, sondern konnte sich selber eine x-beliebige Spur aussuchen. Ich wähnte mich auf einem riesigen gefrorenen See mit dem Unterschied, dass dieser überhaupt nicht glitschig ist, sondern griffig und topfeben war. Dieses Feeling hatte ich wohl schon einmal erlebt, vor 54 Jahren an der Seegfrörni. Sam schien dreihundert Meter neben mir wie über den See zu schweben. Was für ein schräges Bild! Wir erreichten die Salzseeinsel kurz vor Sonnenuntergang. Natürlich hatte es viele Touristen an diesem speziellen, von riesigen Kakteen bewachsenen Ort, die alle per Pauschaltour hierher gekommen waren.
Nach dem Sonnenuntergang fuhren wir weiter bis an das Nordende der Insel, wo wir einem deutschen Radfahrer Gesellschaft leisteten. Unsere Zelte stellten wir auf dem lupenreinen Salzsee auf. Bald war ein Feuer gemacht, eine Suppe gekocht, ein weiteres Bier getrunken, viel diskutiert mit dem Deutschen, als erst um halb zehn Uhr zwei Parkwächter erschienen, die uns befahlen, das Feuer zu löschen! Aber wie? Zudem sei es gefährlich, auf dem Salzsee zu campieren, weil am Morgen viele Touristenfahrzeuge erwartet würden. Schliesslich wurden wir gezwungen, unsere Zelte abzubrechen, und man brachte tatsächlich Wasser, um die letzten Reste Glut zu löschen. Immerhin wurde uns ein Refugio angeboten, ein leicht geheiztes Zimmer, wo wir jetzt auf unseren Matten die Nacht verbringen werden. 10 Bolivianos (1.50 Fr.) kostet der Spass. Ob wir morgen wirklich den Touristen auf den höchsten Punkt der Insel folgen werden, ist fraglich. Aber Tatsache ist, dass es je länger desto schwieriger ist, touristische Sehenswürdigkeiten zu besuchen und dies ganz normal zu tun. Der übliche Weg ist nicht der spannende…
Km: 71‘569 (251)
Do, 04.05.2017: Salar de Uyuni
Es war ein eigenartiges Treiben in der dunkel-eisigen Kälte des Isla Incahuasi, denn als ich schlotternd nur mit Unterhosen bekleidet die Toilette aufsuchte, waren bereits die ersten Landcruiser eingetroffen mit sonnenaufgangsgeilen Touristen, die geduldig warteten, bis ihnen ein teures Ticket verkauft wurde. Ich zog es vor, nochmals im warmen Schlafsack zu verschwinden, hatte durch die Fensterfront unserer Absteige aber beste Sicht auf weitere Neuankömmlinge, die frierend auf das Erscheinen der Sonne warteten. Natürlich wurden die vielen Leute nach der grossen Action mit einem Frühstück verwöhnt. Genau zu dieser Zeit machten wir uns bereit für die Abfahrt und waren froh, dem Trubel entkommen zu sein.
Unser einfaches Frühstück nahmen wir an der Stelle ein, wo wir letzte Nacht unsere Zelte abbrechen mussten. Der deutsche Radfahrer war gerade dabei, sein Material zusammenzupacken, um bald die 90 km lange Salzsee-Fahrt unter die Räder zu nehmen. Ich wagte es – auch ohne Eintrittsticket, den nördlichen Teil der Isla etwas zu erkunden. Vor allem faszinierten mich die gewaltigen Kakteen, die vor dem gleissend weissen Hintergrund des Salars besonders gut zur Geltung kommen.
Bald waren auch wir unterwegs Richtung Uyuni über den topfebenen Salzsee. Eine weitere Schicht von Salz lagerte sich an den unmöglichsten Orten des Motorrades ab, wohl nicht wirklich zur Freude dessen. Nach zwanzig Kilometern machten wir einen Halt mitten auf der weiten Salzfläche. Ein solcher lädt einen geradezu ein, besondere Fotogemälde zu schiessen.
Trotz des Sonnenscheins war es auf diesem riesigen See noch immer kalt, aber es war ein grosser Spass, ohne Grenzen und Regeln über das Salz zu brettern. Je näher wir Uyuni kamen, desto mehr Löcher von verschiedener Grösse traten im Salz auf, etwas mehr Aufmerksamkeit war gefragt.
Uyuni erreichten wir schon am frühen Nachmittag, wir checkten im Marjor Hostal in einem ungeheizten Zimmer ein (120 Bolivianos). Im Innenhof war es wegen des Sonnenscheins herrlich mild, meine durchfrorenen Glieder dürsteten nach Wärme. Bald waren wir unterwegs in der überschaubaren, staubigen, etwas schmutzigen Stadt auf der Suche nach einem Schuhmacher, denn meine Motorradschuhe beginnen sich in ihre Einzelteile aufzulösen – wie viele andere Ausrüstungsgegenstände auch. Wir fanden tatsächlich einen, der wusste, wie man eine neue Sohle montiert.
Es war ein munterer Abend mit Vanessa, einer Freiburgerin, die einige Monate in Südamerika unterwegs ist. Wir fanden sogar ein geheiztes Restaurant und amüsierten uns über die Eingangstüre, deren Türfalle bei jedem neu eintretenden Gast zu Boden fiel.
Km: 71‘672 (103)
Fr, 05.05.2017: Ölwechsel mitten auf der Strasse
Die Kälte geht mir allmählich auf den Wecker, meine zum Trocknen aufgehängte Kappe war am Morgen steif gefroren, vor allem der Bommel, der sein Eis bis in den Nachmittag bewahrte. Ich war auch sonst nicht besonders gut gelaunt, weil ich wegen Atemproblemen wieder einmal ziemlich schlecht geschlafen hatte.
Als erstes wollte ich mich heute Morgen meiner Maschine widmen. Ich hatte schnell herausgefunden, wo man Autos oder Motorräder reinigt. Gleich schichtweise wurde das Salz von meiner Maschine gespült. Dann wurde sie eingeseift und mit dem unteren Teil eines alten Besens geputzt, aber nur sehr oberflächlich, aber wenigstens war der grösste Teil des Salzes weg. Sam verzichtete auf diesen Dienst an seiner Maschine, weil er morgen nochmals auf den Salar fahren und dort übernachten will. Dies kann mir definitiv gestohlen bleiben, deshalb werden sich unsere Reisewege für kurze Zeit trennen.
Die Yamaha war jetzt genug sauber, damit man einen Ölwechsel vornehmen konnte. Deshalb fuhr ich zu einem nahen Töffgeschäft, wo nur billige koreanische und chinesische Bikes verkauft werden. Der Besitzer, ein Peruaner, hat von Motorrädern noch weniger Ahnung als ich. Weil sein chaotischer Laden noch im Schatten lag, nahmen wir den Ölwechsel mitten auf der Strasse vor (!), auch der Ölfilter, den ich noch dabei hatte, wurde gewechselt. Anschliessend wechselte ich den Luftfilter aus (der alte war braun von Schmutz und Staub) und schmierte wieder einmal die Kette. Dann reinigte ich meine beiden Koffer, Reorganisation war angesagt.
Am Nachmittag spazierte ich zusammen mit Samuel zum zweieinhalb Kilometer ausserhalb von Uyuni gelegenen Zugsfriedhof. Ein bizarres Bild, wie hier konzentriert an einer Stelle alte, zerbeulte, rostige Eisenbahnwagen, mitunter neu verziert mit Graffitis kreuz und quer in der Landschaft liegen. Gleich mehrere ausgediente, alte Dampflokomotiven, deren Räder bis zur Mitte im Staub versunken sind, laden ein zum Erklimmen oder für Lokomotivführerspiele. Warum dieser ganze Schrott nur gerade hier gelagert wird? Eine Gruppe Einheimischer hielt uns eine Zeitlang auf, die etwas billig aussehende, übergewichtige Tochter hätte einen von uns am liebsten geheiratet und zehn Kinder produziert. Lässt sich mit unserem momentan Lebensstil leider nicht vereinbaren.
Zurück in der Stadt versorgten wir uns auf einem Markt mit neuen Vorräten für die nächsten Tage. Ich benötige weniger, weil ich schon morgen nach Potosí, einer auf über 4000 m.ü.M. gelegenen Grossstadt fahren werde. In Bolivien hat es offensichtlich viel mehr Indios als in Chile oder Argentinien. Die rabenschwarzen Haare der Frauen sind häufig zu Zöpfen geflochten, zudem tragen sie eine Art weit geschnittenen Rock, von dem man nicht weiss, ob er wirklich so speziell geschnitten ist oder ob Bolivianerinnen grundsätzlich so gebaut sind. Aber es ist ein hartes Leben in dieser unwirtlichen Gegend, in der es des Nachts so bitter kalt wird und des Tags die Sonne so gefährlich stark scheint, dass man sich im Nu die Rübe verbrennt. Aber die Frauen und Männer stehen den ganzen Tag lang an ihren Verkaufsständen, eigentlich verkaufen alle genau dieselben Artikel, wie kann man nur das ganze Leben lang eine solch beissende Kälte ertragen und vor allem mit den wenigen Einkünften überleben?
Am Abend besuchte ich mit Sam und Vanessa einen der vielen Essensstände im Marktgebäude. Ich ass eine Suppe für weniger als einen Franken. All die Stände werben mit denselben Plakaten und Menus, ein riesiges Plakat des Gesundheitsministeriums weist darauf hin, wie wichtig Sauberkeit auf dem Markt ist, um Krankheiten vorzubeugen. Die Kälte trieb uns aber bald zurück zur Touristenmeile, wo ich eine ausgezeichnete, kleine Pizza ass. Der Raum war einigermassen geheizt, deshalb ein Bier angesagt. Wiederum amüsierten wir uns über die Türe, diesmal eine aus Glas, die sich manchmal selber öffnet und der Kältefratze Einlass gewährt. Häufig waren es aber einfach rücksichtslose Touristen mit der Einstellung „Nach mir die Sintflut“, die sich scherten, die Türe zu schliessen.
Uyuni ist kein Ort zum Bleiben, morgen ist es höchste Zeit weiterzureisen. Spannend wird sein, wie es sich anfühlt, wieder einmal alleine unterwegs zu sein.
Km: 71‘675 (3)
Sa, 06.05.2017: Lebendiges Potosí
Der über 4700 m.ü.M. gelegene Cerro Rico, übersetzt „reicher Berg“, ist in der Nacht den Gräten entlang bis zum Gipfel beleuchtet. Dieser Berg fällt in der Umgebung schon durch seine andere Farbe auf, orange-braun-rot bis weiss. Unverkennbar werden an diesem Berg seit bald fünf Jahrhunderten Mineralien abgebaut. Die spanischen Conquistadores haben in diesem Berg so viel Silber gefunden, dass hier in Potosí, gelegen in karger und kalter Umgebung auf 4000 m.ü.M., eine Stadt mit 200‘000 Einwohnern gewachsen ist, lange Zeit die grösste und blühendste der beiden Amerikas. Das spanische Königreich wurde während vier Jahrhunderten mit so viel Silber versorgt, dass man sagt, dass man von hier nach Cadiz in Spanien eine silberne Brücke hätte bauen können, brauchbar für weitere Silbertransporte.
Die Stadt wurde schon 1545 gegründet, nachdem laut der Legende ein Inka-Häuptling auf der Suche nach einem Lama an diesem Berg ein grosses Feuer entfacht hat, sodass sich Silber aus dem Gestein gelöst hat. Dies blieb den spanischen Kolonialisten nicht lange verborgen. Immer mehr Sklaven, sogar solche aus Afrika, wurden nach Potosí gebracht, die gezwungen wurden, in den immer grösser werdenden Minen zu arbeiten. Um möglichst viel Silber aus dem Erz zu gewinnen, verwendete man hoch giftiges Quecksilber. Die entstehenden Dämpfe verursachen bei den Minenarbeitern spätestens innert zehn Jahren die schwere Lungenkrankheit Silicosis pneumonia. Mindestens acht Millionen von indigenen und afrikanischen Zwangsarbeitern verloren so ihr Leben.
Nachdem die Silbervorkommen erschöpft waren, rutschte die Stadt in Armut, nur noch die vielen grandiosen Kirchen und Plätze erinnerten an die Zeit des Booms. Nur noch 10‘000 Menschen lebten hier oben. Erst als man begann, andere Metalle wie Zinn, Blei und Zink abzubauen, erholte sich die Stadt – heute leben wieder 190‘000 Menschen hier oben.
Als ich am späteren Nachmittag zum ersten Mal einen Blick auf diese Stadt werfen konnte, wurde ich überrascht, denn ich erwartete, über einen Pass von oben auf die Stadt sehen zu können. Aber es war genau umgekehrt, ich kam von unten, das alte Stadtzentrum mit vielen verwinkelten Gassen mit vielen alten Gebäuden mit Erkern (!) aus der Kolonialzeit musste zuerst erklommen werden. Ich fuhr geradewegs in ein Verkehrschaos, denn in den engen Gassen waren viele Gruppen unterwegs mit ihren Blasinstrumenten, um den Geburtstag der bolivianischen Musikschule (!) zu feiern. Exakt auf dem Weg zum meinem geplanten Hostal Vicuña ging der Umzug durch, sodass ich mich in diesen eingliedern musste, sodass mir zugewunken wurde. Was für ein Empfang! Im Hostal bezog ich ein Bett in einem Dorm-Zimmer für 60 BS (9 Fr.) plus 20 BS für den geschützten Parkplatz.
Ich war offensichtlich genau am richtigen Tag in dieser Stadt angekommen, denn die Lebendigkeit sollte sich noch steigern. Zuerst fand ich im 4.060 (Höhe über Meer des Restaurants…) einen geheizten Platz, wo ich ein argentinisches Steak ass, ganz gut. Als ich durch die Gassen zurück zum Hostel flanierte, standen an den Strassenrändern schon Hunderte von Einheimischen. Alte Frauen verkauften Schweinskopf-Kebab, Hamburger oder bolivianische Kleinpizzas. Ich eilte schnell zum Hostel, um mich noch besser gegen die Kälte zu schützen, und schon war ich wieder auf der Gasse und wurde Zeuge eines riesigen Volksfestes mit vielen halbprofessionellen Blasmusik-Gruppen, die meist eher wie Guggenmusigen tönten. Pichincha-Gruppen waren unterwegs, Angehörige irgendeiner grossen bolivianischen Musikschule (?), mit allen Arten von Blasinstrumenten oder mit Sprechchören die Tausenden von Zuschauern unterhaltend. Mitten im Volk wurde bei der grossen, beeindruckenden Kathedrale immer wieder Feuerwerk gezündet. Ich versuchte, mich mit dem Volk zu bewegen, das immer wieder chaotisch dem Umzug den Weg versperrte, schliesslich dann aber doch Platz machte. Bei der Kathedrale war das Gedränge am grössten, ebenfalls die Menschenmenge. Kreti und Pleti schien sich aufgemacht zu haben in das Zentrum der Altstadt, es war nicht mehr daran zu denken, die Umzugsstrasse zu überqueren. Ich war lange unterwegs in dieser grossen Menschenmenge, bis sich um halb elf Uhr der Umzug auflöste und ich die Möglichkeit fand, den Rückweg anzutreten. Was für ein Leben in dieser Stadt! Irgendwie kann man noch immer spüren, wie es sich während der Blütezeit hier oben ganz gut hat leben lassen, zumindest für jene, die das meiste Kapital aus der Silberernte gemacht haben.
Sam verliess heute Morgen Uyuni schon etwas vor mir, wie abgemacht trennen sich unsere Wege für eine Weile. Während er die nächste Nacht auf dem grossen, eisgekühlten Salar übernachten will und dann eine Runde im Norden des Salzsees machen will, folgte ich der geteerten, ausgezeichnet ausgebauten Hauptstrasse nach Potosí. Die Strecke war kurvenreich und kurzweilig. Nach einem Abschnitt mit offensichtlich mineralienreichen, vielfarbigen, verwitterten Hügeln, wo ich viele Menschen zu Fuss mit einer Schaufel bewaffnet auf der Strasse gehen sah, wohl auf dem Weg, irgendwelche Mineralien abzubauen, senkte sich die Strasse ab auf unter 3500 m.ü.M. Ich passierte kleine Oasen mit Pappeln und gar kleinen Bächen, vor allem aber immer wieder Hunderten von Lamas, die das spärliche, saftige Gras genossen. Ich traf auf einen argentinischen Motorradfahrer und gleichzeitig einen englischen Radfahrer, mit denen ich eine Weile schwatzte. Vorbei an immer häufiger auftretenden Kaktus-Hängen erreichte ich einen trockenen, aus Steinen erstellten Minenort, gut getarnt in der trockenen Landschaft. Die Einfahrt nach Potosí war weniger chaotisch als erwartet, vorerst wenigstens, bis mich vorübergehend der Blasmusik-Umzug stoppte…
Km: 71‘891 (216)
So, 07.05.2017: Casa Nacional de la Moneda
Ich schlief erstaunlich gut diese Nacht und fühlte mich am Morgen recht wohl. Nach dem Frühstück war ich schon unterwegs zum Casa Nacional de la Moneda, einer riesigen Festung mit meterdicken Mauern mitten im Stadtzentrum, wo ich an einer Führung teilnehmen wollte.
In Potosí wurden seit dem 16. Jahrhundert aus dem gewonnenen Silber Münzen geprägt. Weltweit die erste Währung entstand hier in diesem zwischen 1753 und 1773 entstandenen, gewaltigen Gebäude. Empfangen wird man mit einem schönen Brunnen, nicht selbstverständlich hier oben und einer freakigen Maske von Bacchus, dessen Sinne wohl nur dem Urheber, dem Franzosen Moulon klar ist. Sehr anschaulich wurde einem die Geschichte des Münzprägens erklärt, wie irgendwann Maschinen aus Europa importiert wurden, angetrieben durch Maultiere und Menschen (!), später durch eine 20-PS-Riesenmaschine. Sehr interessant ist, dass das Dollarzeichen ($) auf die Geldproduktion Potosís zurückgeht, denn auf den hier produzierten Münzen sind alle Buchstaben der Stadt übereinandergelegt, das S und I von Potosí haben das $-Zeichen ergeben.
Sehr interessant waren auch die von Indigenen hergestellten Gemälde, häufig kopiert von europäischen Künstlern. Das eindrücklichste ist wohl jenes des teuflischen, so viele Menschenleben kostende Abbildung des Berges, über dem Gott und Jesus steht und die wichtigsten Kardinäle abgebildet sind. Geld regiert die Religion.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie mich nach einem abgeschlossenen Teil auch der nächste beinahe noch übermässiger fasziniert. Südamerika ist wohl tatsächlich noch viel stärker als all die asiatischen Länder zu spüren. Ich verbrachte deshalb logischerweise wieder viel Zeit mit dem Aussortieren der unzähligen entstandenen Fotos, die gleich bearbeitet und für den Blog Teil 33 vorbereitet wurden.
Am Abend diskutierte ich lange mit Alain, dem belgischen Radfahrer und einem französisch-mexikanischen Paar über unsere Reisen. Es wurde sehr spät, aber die Füsse waren unterdessen beinahe tiefgefroren, so dass ich schlecht einschlafen konnte.
Km: 71‘891 (0)
Mo, 08.05.2017: Wenn es auch für mich grenzwertig wird
Auf den Tag zwei Jahre bin ich heute unterwegs, dies finde ich für mich keineswegs grenzwertig, aber es wird schon interessant sein, wie ich mich zu Hause dann wieder eingliedern kann. Tatsächlich denke ich etwas öfter als auch schon daran, wie es dort dann sein wird, wie ich es schaffen werde, mich wieder einzugliedern, den Sachzwängen zu unterstellen, einen Teil meiner unermesslichen Freiheit wieder zu verlieren, eine Arbeit zu finden. Aber ich freue mich gleichwohl auch darauf!
Dafür hatte ich heute eine Erfahrung, die mir meine Grenzen aufzeigte. Und dies geschah nicht ganz unerwartet. Ich hatte für heute eine Tour in die Katakomben des Cerro Rico gebucht. Um neun Uhr wurden Alain und ich abgeholt. Die Gruppe wurde komplettiert durch zwei Girls aus Singapore. Ich hatte mich warm ausgerüstet mit meinem kompletten Töffanzug, deshalb war es für mich nicht nötig, die bereitgestellte Spezialkleidung und Stiefel zu montieren. Nahe unserer Mine (es gibt deren zweihundert davon!) machten wir Halt bei einem kleinen Shop, wo wir einige Geschenke für die Minenarbeiter kauften – Cocablätter, die zusammen mit aromatisierter, gepresster Asche gekaut zusätzliche Energie geben sollen, fette, besonders starke Sonderzigaretten mit Zimt (den man allerdings kaum herausroch), 94-prozentigen, beinahe reinen Zuckerrohrschnaps, Süssgetränke.
Dann standen wir vor dem Eingang in diese eindrückliche Unterwelt, gleichsam dem Zutritt zur Hölle, und dies ist überhaupt nicht weit hergeholt. Wir folgten zwei Kilometer lang dem Grundlevel. Das mindestens zweihundert Jahre alte Loch ist mit schmalen Schienen ausgelegt. Immer wieder hatten wir auszuweichen und uns an die rauhe, staubige Höhlenwand zu pressen, wenn zwei Bergarbeiter ein Wägelchen voller Erz gegen den Ausgang schoben. Heute hält man Ausschau nach Zink, das mit ein paar Prozent Silber versetzt ist. Wer hier diesen lebensgefährlichen Job betreibt, hofft immer auf das grosse Glück, auf eine fette Silbermine zu stossen. Vorbei an vielen Verzweigungen und einigen schlammigen Stellen kamen wir an die Stelle, wo wir einen Stock höher aufsteigen wollten. Es gibt total sechs Etagen gegen oben und zehn gegen unten. Je weiter man in den Berg reingeht, desto wärmer wird es.
Ich merkte sehr schnell, dass der Gang gegen oben überaus eng wird. Schon nach kurzer Zeit packte mich der Stress. Klaustrophobie heisst das Wort, Platzangst, ein überaus bedrohliches, unerträgliches Gefühl, das dir den Schweiss aus der Stirn treibt. Wir hatten aufzusteigen, ich war wohlweislich als Letzter unterwegs, damit mir der Raum gegen hinten offen blieb. Ich realisierte auch, dass diese Angst auch etwas mit meiner Atemnot während der Nacht zu tun hat, zudem wurde es immer wärmer, alle drei Dinge kumulierten jetzt, und es gab kein Weiter mehr. Notfallmässig stieg ich wieder ab, bis ich mich in einer etwas weiteren Höhle etwas erholen konnte. Ich warf meine Jacke zur Seite, damit ich möglichst gut atmen konnte, und bald fühlte ich mich besser. Ich machte noch einen zweiten Versuch, die Steilheit machte mir weniger Sorgen als die Enge, und ich musste wieder kleinbei geben. Als ich zurückkehrte, war eine der Singapurerinnen am Wimmern, weil sie sich nicht traute, den steilen Fels abzusteigen. Da kam ich gerade recht, ich hatte sie schnell beruhigt und brachte sie die wenigen Meter hinab in die etwas grössere Höhle. Einzig Alain begleitete unseren Führer hoch zum ersten Level, wo er beobachten konnte, wie mit einem Presslufthammer Löcher in den Fels geschlagen werden, in die dann Dynamit gefüllt wird und der Fels gesprengt wird. Es sei überaus eng gewesen, meinte Alain, womit ich gut daran tat, unten geblieben zu sein.
Wenige Zeit später stand mir die Möglichkeit offen, über drei Fünfmeterleitern in den dritten Level abzusteigen. Das Klettern macht mir ja überhaupt nichts aus, und glücklicherweise war der Gang unten genügend hoch, dass ich kaum in Stress geriet. Bald erreichten wir Viktor, der tatsächlich schon dreissig Jahre in den Minen arbeitet und damit beschäftigt war, mit einer Garette herausgesprengtes, zinkhaltiges Gestein zu einer Stelle zu transportieren, wo durch ein gewaltiges, senkrechtes Loch das potente Material nach oben gehievt werden kann, wo es dann mit Wägelchen ausserhalb des Berges gebracht wird. Auch hier war der Staubgehalt der Luft überaus hoch, gefährlich sind vor allem die kristallinen Silikate, die sich in der Lunge festsetzen und meist nach zehn bis fünfzehn Jahren zu Silicosis pneumonia führen, die schliesslich zum Tod führt. Gesprengt wird mit Dynamit und Quecksilber, kein Wunder, dass auch diese Gifte den Arbeitern konstant zusetzen. Vierzig von 15‘000 Bergarbeitern sterben pro Jahr, manchmal auch an Kohlenmonoxidvergiftungen, das Gas sammelt sich an manchen Stellen zuweilen.
Obwohl fast sämtliche Bolivianer Katholiken sind, beherrscht seit Jahrhunderten ein ganz besonderer Glaube das Leben unter Tag. Sobald man sich in den Berg bewegt, unterliegt man der Macht Tios, ursprünglich Dios, der aber genau das Gegenteil von Gott ist. Zusammen mit seiner Gemahlin Pachamama beherrscht er die Unterwelt. Die Kinder der beiden sind die verschiedenartigen Mineralien. Wir besuchten den Huldigungsort von Tio, der hier wahrhaftig mit Hörnern und einem erigierten Penis nachgebildet ist. Immer am Freitag versammeln sich die Bergarbeiter an diesem Ort, um dem Unterweltsgott zu huldigen, um unfallfrei zu bleiben, gute Minenadern zu finden. Dabei werden Tio Zigaretten gespendet, auch ganz Fläschchen Alkohols und Coca-Blätter. Anschliessend wird gefeiert, all die ungesunden Gifte im Übermass konsumiert, als ob es nicht schon genug wäre, die ganze Woche all den Giften des Berges ausgesetzt zu sein.
Natürlich kann man sich immer fragen, wie sinnvoll es ist, an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen, quasi als Gaffer sich in die extrem harte Realität der Bergleute zu begeben. Aber dieses Leben gehört zu Potosí, ohne den Cerro Rico würde diese Stadt nicht existieren. Natürlich war ich tief beeindruckt, wenn nicht gar schockiert über die Zustände in den Löchern. Zudem war ich von oben bis unten mit Staub bedeckt. Zurück im Hostel nahm ich eine Dusche – was für ein angenehmes Leben ich führen kann!
Am Nachmittag besuchte ich zusammen mit Alain die neoklassizistische Kathedrale, entstanden im 19. Jahrhundert. Sehr reizvoll war die Sicht von einem der Türme mit dem alles überragenden, 4700 m.ü.M. hohen Mineralienberg, den vielen Kirchen und Klöstern und den verwinkelten Gassen dieser faszinierenden Stadt.
Km: 71‘891 (0)
Di, 09.05.2017: In der konstitutionellen Hauptstadt Sucre
Die Ausfahrt aus Potosí führt beinahe über den höchsten Punkt der Stadt, dann aber fast konstant leicht bergab. Je tiefer ich kam, desto mehr Vegetation hatte es, zuerst nur kleine Büsche, bald aber auch grössere Gruppen von Bäumen. Etwa 50 km vor der zweiten Hauptstadt Sucre führte die gut ausgebaute Strasse in eine Schlucht. Danach ging es aber nochmals etwas aufwärts.
1300 Höhenmeter tiefer zu sein ist klimatisch deutlich spürbar, es ist in dieser Stadt, man sagt, es sei der Stolz der Bolivianer, deutlich milder. Problemlos erreichte die das Hostal Kultur Berlin (!) und war überrascht, wie voll dieses Backpacker’s ist, vor allem bevölkert mit vielen jungen Leuten, die sich das Reisen in diesem preiswerten Land gut leisten können.
Eigentlich hätte ich heute an diesem Ort auch Samuel erwartet, aber er ist bis jetzt noch nicht eingetroffen. Ich fand Zeit, den ersten Teil des Blog Nr. 33 hochzuladen; dies war aber eine ziemliche Geburt, weil es in diesem Land kaum gutes Internet gibt. Schliesslich landete ich in einem Internet-Café und konnte dort sogar meine Reiseroute aktualisieren. Ich habe eben in einem thailändischen Restaurant (!) ausgezeichnet gegessen und bin jetzt in meinem Kulturlokal wieder eingetroffen – es ist die Hölle los, der Laden voll besetzt, es stinkt nach Barbecue, ich habe wenig Lust für oberflächliche Kontaktaufnahmen, zudem bin ich müde, aber es wird in meinem Dorm wohl eine lärmreiche Nacht geben…
Km: 72‘048 (157)
Mi, 10.05.2017: Das perfekte Hostel
Der Lärm kümmerte mich kein bisschen, ich schlief ein und erwachte erst mitten in der Nacht, als sich die Party längst beruhigt hatte. Der deutsche Manager macht in diesem Hostel vieles richtig. Erstens markiert er immer wieder zurückhaltende Präsenz, verbindet europäische Perfektion und Sauberkeit mit bolivianischer Lebenslust. Der Patio ist blitzsauber und lädt zum Verweilen ein. Die Kosten für ein Dorm-Bett sind tief (55 Bs = 7 Fr.), fast alle Betten sind deshalb besetzt, und die vielen jungen Leute finden hier einen Treffpunkt mit gutem Essen und den verschiedenartigsten Drinks, dazu lockt er die Leute mit einem hervorragenden Frühstück mit vielerlei tropischen Früchten in seinen Laden.
Ich erhielt am Morgen von Sam eine Mitteilung, dass er nach dem Mittag in Sucre eintreffen würde, und so war es auch. Das Wiedersehen musste gleich mit zwei Bieren begossen werden. Wir hatten von unseren verschiedenen Trips einiges zu erzählen, spazierten dann zur Zentralplaza für ein gutes bolivianisches Essen und weitere Biere. Unterdessen waren wir ziemlich parat für die Salsa-Nacht im Hostel. Der Mojito floss in Strömen, allerdings war ich dann doch zu bequem für Salsa, war aber ein ganz lustiger Abend.
Km: 72‘048 (0)
Do, 11.05.2017: Sucre wie Zucker
Sam kam heute wesentlich später in die Gänge, weil er gestern doch deutlich mehr über die Stränge geschlagen hatte als ich. Lange blieben wir im Hostel, bis wir endlich etwas aktiver wurden. Sam machte sich auf die Suche nach einem Schlauch für den Vorderreifen, ich flanierte durch die weiss getünchte Innenstadt Sucres.
Die Stadt mit ihrem kolonialen Flair scheint im Aufbruch zu sein und kam mir äusserst sympathisch herüber. An allen Ecken und Enden ist man auf Verschönerung bedacht, legt Trottoirs mit Platten aus, renoviert die alten Gebäude. Die meisten Gebäude sind blendend weiss. Ich besuchte zwei Kirchen aus dem Mittelalter, zuerst den Templo Nuestra Señora de la Merced aus dem Jahr 1540, noch nicht renoviert, im Innern mystisch düster, die Altäre blass-golden, aber strotzend von grosser Virtualität. Reizvoll war der Aufstieg aufs Dach mit einer schönen Aussicht auf die ganze Altstadt, die Kathedrale bei der Plaza 25 de Mayo und die engen, mit Leben gefüllten Gassen, die sehr an eine spanische Kleinstadt erinnern. Gleich gegenüber liegt der Convento de San Felipe Neri, ebenfalls klug konzipiert, weil das frisch renovierte Kloster, heute eine parochiale Schule, ebenfalls vom Dach und seinen Türmen aus fotografiert werden kann. Es erstaunt nicht, dass Sucre die weisse Stadt Amerikas genannt wird. Die Aussicht hier oben war wie Zucker, die kulturelle Vielfalt erstaunlich. Noch immer sind die durchgesessenen Steinsessel zu sehen, in denen früher die Mönche meditiert haben.
Der Rundgang durch die Altstadt war kurzweilig. Immer wieder passierte ich alle Arten von Schulen und Universitäten, in den Innenhöfen spielten die Jungs Fuss- oder Basketball, die Mädchen zogen in kleinen Gruppen über den Zentralplatz, kicherten und tuschelten. Zur Abendzeit war der Platz voller Menschen, und auch jetzt noch waren Menschen in den Gärten am Arbeiten, es wurde Erde verteilt, oder die Räsen bekamen Wasser. Wie früher ist der Platz der Lebensnerv der Menschen der Stadt.
Die Kultur am Abend im Berlin war diesmal auf mich zugeschnitten. Ich nahm an einem Pokerturnier teil mit Spielern aus zehn Nationen. Der nicht wenige geflossene Alkohol machte mich offenbar genug locker, sodass ich das Turnier nach mehreren Stunden cleveren Spiels tatsächlich gewinnen konnte. Die Preissumme war zwar nicht hoch (500 Bs), aber ich bin doch einigermassen stolz, als mit Abstand ältester Spieler das Turnier gewonnen zu haben. Erst spätnachts ging’s zu Bett, der Pegel war ziemlich hoch, und Pokern ohne Rauchen ist natürlich kaum möglich, wenigstens blieb es bei dreien, den ersten seit über einem Monat… Sucre ist wirklich Zucker!
Km: 72‘048 (0)
Fr, 12.05.2017: Bolivianische Freudentänze im Patio
Eigentlich war geplant, heute weiterzureisen, aber heute war ich es, der am Morgen etwas flach lag. Zwar beteiligte ich mich schon nach fünf Stunden Schlaf am reichhaltigen Frühstückbuffet, aber nachher legte ich mich nochmals hin auf eine Bank in der Patio, während Sam unsere Motorräder verschob – in einen ruhigen Innenhof, indem der das Lager seines Hinterrades ersetzte.
Am Nachmittag kam ich langsam in die Gänge und bereitete ein Word-Dokument vor mit allen Länderwappen meiner Reise, mit denen ich später den Tank meiner Yamaha schmücken möchte. Ich fand in der Stadt auch tatsächlich einen Laden, wo man mir die Kleber bis morgen produzieren kann. Auf dem Rückweg wunderte ich über den Motorenlärm nahe des Zentralplatzes. Da fand doch tatsächlich ein Autorennen in der Innenstadt statt, mit minimalen Sicherheitsvorkehrungen. Eine Kurve war mit Sandsäcken etwas gesichert, aber wenn gerade kein Auto in Sicht war, konnte man trotzdem die Rennstrecke unbehelligt überqueren. Südamerikanische Mentalität mit der so angenehmen Einstellung, dass es schon gut herauskommen wird. Die Menschen standen zu Hunderten am Strassenrand und verfolgten die laut röhrenden PWs, die wie Kanonen durch die Gassen rasten.
Nachdem wir im Napolitana eine Pizza mit Salat gegessen hatten, verfolgte ich in der Patio unseres Backpacker’s die wilden Tänze einer bolivianischen Tanzgruppe. Temperament und Freude war allen zwölf Tänzern während der ganzen sechzig Minuten Vorführung ins Gesicht geschrieben. Ich war nicht nur von den Tänzen begeistert, sondern auch von der bolivianischen, manchmal etwas melancholischen Musik. Dieser Augen- und Ohrenschmaus musste natürlich begossen werden, aber es wurde bei weitem nicht mehr so spät wie gestern.
Km: 72‘048 (0)
Sa, 13.05.2017: Grün und warm
Es war nicht so einfach, heute Morgen nach dem Frühstück unsere Maschinen startklar zu machen und vor allem aus Sucre wegzukommen, denn erstens mussten die Motorräder über eine dreistufige Treppe zum Ausgang gebracht werden, und zweitens waren die Strassen verstopft wegen eines Autorennens quer durch die Stadt.
Wir wollten zuerst zum Parque Cretacico fahren, wo die längsten Dinosaurierspuren der Welt zu bestaunen sind. Diese sind offenbar zum Vorschein gekommen beim Abbau von Sand und Kies. Die Spuren verlaufen fast senkrecht quer über die Wand. Eine Führung wollten wir uns nicht antun und begnügten uns mit einem Augenschein aus der Ferne, fuhren zurück in die Stadt in Richtung F6, wo wir zweieinhalb Stunden hätten warten müssen, weil die Strecke des Autorennens exakt hier vorbeiführte. So mussten wir doch die F5 Richtung Norden zu nehmen und mussten nochmals dieselbe Strecke zurückfahren.
Bald führte die Strecke bergab, und je tiefer wir kamen, desto grüner wurde die Landschaft, die aber nach wie vor trocken blieb. Wenn es aber regnet in der Region, scheint der Fluss im Nu zu einem reissenden Gewässer zu werden. Meist ist dieser talbreit, der Kies liegt weit und breit verstreut. Neben riesigen Kakteen sah ich auch Palmen und Papaya-Bäume. Offenbar sind wir nahe der Tropen, und dies kommt uns gerade recht, denn uns dürstet nach Wärme. In Aiquile fuhren wir in Richtung Osten. Nach dreissig Kilometern war die Herrlichkeit der neuen, gebauten Strasse vorbei. Auf rauem Gravel kamen wir nur noch schwerlich voran.
Jetzt campieren wir im Red Canyon. Der Mond ist aufgegangen, der Verkehr hat endlich nachgelassen, die Landschaft wird nicht mehr mit Staubnebel verhüllt. Lange sind wir an einem Feuer gesessen und haben diskutiert. Vor allem geniessen wir die milde Wärme und die endlich wieder grüne Landschaft. Einige Hügel bei Aiquile mit ihrer dichten Bewaldung erschienen mir wie überproportionale Mooshaufen. Wir sind unterwegs nach Boliviens Tiefland, morgen dürfte es noch wärmer werden. Vorübergehend sind wir dem Winter entkommen.
Km: 72‘271 (223)
So, 14.05.2017: Staub fressen und endlich wieder tropischer Sound
Wieder haben wir lange am Feuer diskutiert, die am Nachmittag gekauften Zuckerrohr-Stücke grilliert, deren Zucker nach einiger Zeit caramelisierte, ganz lecker. Wir haben wie immer über dem Feuer gekocht, haben in La Palisada auf dem Markt ultrafrisches Gemüse gekauft, perfekt geeignet für eine gute Sauce für unsere Pasta (die auf dieser Meereshöhe wieder perfekt garen). Zum ersten Mal spüre ich einen Hauch von Tropen, es ist schwülwarm, obwohl wir uns noch immer auf 1200 m.ü.M. befinden, die Kälte hat sich verzogen, Mücken und kleine Stechfliegen versuchen, von dir eine Mahlzeit zu kriegen, weshalb ich mich mit langen Kleidern geschützt habe. Es rauscht ein Bächlein, Zikaden, Grillen oder andere Insekten sorgen für den typischen, tropisch-nächtlichen Lärm. Wir haben heute Nachmittag Schluchten durchfahren mit ersten tropischen Pflanzen, die Flüsse in den Tälern führen Wasser, das für Mais-, Zuckerrohr- oder diverse Gemüseplantagen genutzt wird. Das Land ist hier etwas dichter besiedelt, kein Wunder, Wasser bringt Nahrung und Einkünfte. Ich freue mich, zum ersten Mal die südamerikanischen Tropen kennen zu lernen – es dürfte nicht das letzte Mal sein.
Noch heute Morgen war alles staubtrocken, wir campierten inmitten von hohen Kakteen, die Bäume sind voller Dornen, von denen soviele am Boden herumliegen, dass sie sich immer wieder durch die Crocs in meine sensible Fusssohle bohren. Sam war damit beschäftigt, ein Video aufzunehmen, das er in Santa Cruz für eine Hochzeitsfeier nach Hause senden möchte. Ich machte mich in dieser Zeit auf einen Spaziergang Richtung Red Canyon, beobachtete einige Raubvögel, wie sie über dem trockenen, steinigen Land kreisen. Erst gegen Mittag schlauften wir uns wieder ein in die Staubpiste. Entgegenkommende Lastwagen wirbelten so viel Staub auf, dass man für einige Sekunden fast blind unterwegs war. Manchmal war der Bull Dust knöcheltief, dieser Staub ist so fein, dass er versucht, alle Ritzen des Motorrades oder meiner Kleider zu durchdringen. Am schlimmsten war aber, wenn man einen der recht vielen Lastwagen überholen wollte, weil einem durch den Staub die Sicht genommen war, sodass man auf einen Windstoss aus der richtigen Richtung hoffen musste, der den Staub etwas zu Seite bläst, um endlich überholen zu können.
Die Landschaft war dafür äusserst abwechslungsreich, vor allem als der Fluss im Tal plötzlich Wasser führte, sodass sich in der Talsohle Oasen bilden, natürlich vom Menschen genutzt, um etwas anzupflanzen. Schliesslich waren wir siebzig Kilometer auf dieser sich im Bau befindlichen Strecke unterwegs, und einmal mehr wunderte ich mich, wie vor allem in ärmeren Ländern beim Strassenbau der Gigantismus dominiert. Ganze Berge werden abgetragen, um eine möglichst gerade Streckenführung zu gewährleisten. Vor allem werden aber wohl noch Jahre vergehen, bis das grosse Werk mit einigen kleinen Passübergängen endlich vollendet ist. Weniger wäre wohl mehr!
Eine willkommene Abwechslung war eine Hängebrücke, die ich auf der anderen Talseite entdeckte. Wir waren genug frech, mit unseren schweren Maschinen über diese Brücke zu fahren – eine ziemliche wacklige Angelegenheit, die 2004 erstellte Brücke hielt dem Druck aber glücklicherweise stand.
Erst in La Palisada erreichten wir eine meist geteerte Strasse, allerdings durchsetzt mit Schlaglöchern, äusserste Konzentration war gefragt. Allmählich kamen wir den Wolken bedrohlich nah, die wir schon gestern über dem Amboro Nationalpark gesehen hatten. Dafür wurde die Vegetation immer mastiger. Lange waren wir auf der Suche nach einem geeigneten Lagerplatz. Immer suchen wir einen etwas versteckten Platz, dies war heute nicht so einfach, weil das fruchtbare Land für irgendwelche Pflanzungen verwendet wird, auf denen natürlich gearbeitet wird.
Aber schliesslich fanden wir recht früh doch einen versteckten Platz. Sam versuchte, den Vergaser für die niedrigeren Höhen wieder richtig einzustellen, danach wechselte er mir die Bremsbeläge, obwohl die alten noch gar nicht vollständig heruntergefahren sind. Aber meine Bremsscheibe sieht ziemlich mitgenommen aus und erhitzt sich während des Fahrens massiv. Dafür hat meine Maschine die wunderliche Eigenschaft entwickelt, immer weniger Benzin zu verbrauchen, es sind unterdessen deutlich unter vier Liter pro hundert Kilometer. Seit Sucre habe ich sechs Liter weniger Treibstoff verbraucht als Sam.
Ich beschäftigte mich bis zum Eindunkeln mit meinen in Sucre gedruckten Länderklebern, die ich jetzt in der richtigen Reihenfolge auf meinem Tank aufklebte, eine ziemlich farbige Angelegenheit. Das Kochen verschob sich dadurch um eine Weile.
Km: 72‘420 (149)
Mo, 15.05.2017: Schlamm im Regenwald
Szenenwechsel. Noch gestern wurde ich auf dem Bull-Dust-Strassen Boliviens dermassen eingenebelt, dass der Staub sich in Schichten auf der Jacke und unter meinem Helm abgelagert hat. Die verschwitzte Stirn fühlte sich an wie ein Kiesbett, und es war nicht ratsam, sich dort zu kratzen, weil damit bestimmt ein Staubkorn seinen Weg ins Auge gefunden hatte.