Teil 15: Thailand II

Eravan-Wasserfälle nahe Kanchanaburi

Die Rechnung ging schliesslich auf. Obwohl mein Töff seit langer Zeit einige Streicheleinheiten benötigt hätte und ich die absolvierte Strecke distanzmässig unterschätzt hatte, hielt meine Maschine durch. Der Boxenstopp in Chiang Mai war dringend notwendig, und ich habe hier mit Erik den idealen Fachmann getroffen, der meine Maschine wieder gerichtet hat. Er hat meinen Töff schon in der Schweiz vorbereitet für die lange Reise und weilt hier in den Ferien.

 

Erik hat mich aber auch ziemlich gefordert, als er mir einige Offroad-Strecken zeigen wollte. Und da kam ich tatsächlich an den Anschlag. Stürze waren unvermeidlich...

 

Jetzt habe ich endlich den Strand in Ko Phayam erreicht, um mich etwas auszuruhen und mich vorzubereiten für die nächsten Abenteuer in Malaysia und vor allem Indonesien. Vom Wetter bin ich jetzt schon einige Zeit verwöhnt worden, aber spätestens in Sumatra wird die Regenzeit wohl für einige Unbill sorgen...

Wer sind über das Routing informieren will, klicke HIER!

Di, 24.11.2015: 60-Tage-Visum für Thailand erhalten und doch geblieben

Ich schlief wieder einmal etwas länger, vervollständigte dann den 14. Teil des Blogs und setzte ihn online. Dies dauerte aber seine Zeit, weil das Internet überaus unzuverlässig oder grundsätzlich schlecht war.

Erst um zwei Uhr fuhr ich dann zum thailändischen Konsulat, ich hatte Platzkarte Nr. 70, aber als ich erschien, war schon Nr. 118 an der Reihe. Ich stellte mich also gleich in die Kolonne, und es dauerte zehn Minuten, bis ich den Pass mit dem Visumskleber in Händen hielt. Hervorragend! Ich hatte mich schon vorher entschlossen, noch einen Tag länger in Vientiane zu bleiben, ich wäre ohnehin nicht mehr viel weiter als bis zur Grenze gekommen. Ich wartete am Abend lange auf Charlotte, die in ihrer NGO am Arbeiten war. Aber dann wurde es ganz lustig. Gleich mit allen drei Girls ging’s ab in Vientianes Zentrum. Zuerst transportierte ich Maria und Emma, die auf dem Gepäckträger sass (hier ist alles erlaubt;-), anschliessend Charlotte. Wir assen bei einem Libanesen deren Köstlichkeiten, köstlich war aber vor allem auch meine Begleitung… Auf dem Rückweg machten wir halt bei einem kleinen Glace-Shop, betrieben von einem Franzosen – hervorragendes Eis mit Früchten aus der Region…

Dann war ja wieder meine letzte Nacht, und nochmals wollten wir pokern. Die erste Runde war schnell zu meinen Gunsten entschieden, in der zweiten schied ich als Erster aus… Wir spielten bis halb drei Uhr nachts, was bedeutet, dass ich morgen wohl wieder nicht früh wegkomme…

Km: 28‘375


Mi, 25.11.2015: Lauter positive Überraschungen und Erinnerungen ans Lichterschwemmen, in Thailand Loi Krathong

Als ich vor elf Uhr endlich bereit war abzufahren, schliefen alle meine Vientiane-Freunde noch. Ich musste nicht lange klopfen, da standen auch schon alle auf der Terrasse, mehr oder weniger verschlafen. Diesmal liess ich mich nicht mehr überreden, noch eine weitere Nacht zu bleiben, dafür war der Abschied umso herzlicher.

Es waren nur 20 km zu fahren bis zur Grenze, und hier war der Teufel los. Jeder schien heute diese Grenze überqueren zu wollen. Ich war erstaunt, wie speditiv und hurtig die Zollbeamten arbeiteten. Man wurde an die richtigen Schalter gewiesen, Dokumente wurden abgestempelt. So schnell, dass die Beamtin nicht realisierte, dass ich einen Tag zu lange in Laos geblieben war – so blieb mir die Busse erspart. Nachdem ich die riesige friendship-Brücke über den Mekhong überquert hatte, war der Papierkrieg am thailändischen Zoll wiederum gross, gleich mehrere Schalter hatte ich aufzusuchen, aber trotz der vielen Leute ging alles ganz fix, und schon war ich in Nong Khai, der thailändischen Grenzstadt. Ich hatte aber nicht in die Innenstadt zu fahren, sondern folgte der Strasse, die quasi parallel dem Mekhong flussaufwärts folgt. Je länger ich fuhr, desto weniger Siedlungen hatte es und umso mehr Natur war zu bewundern. Dann kamen die ersten Hügel, dicht bewaldet, durch die sich der gewaltige Fluss schlängelt. Manchmal war er aber auch überaus breit, mit kleinen, sandbestandenen Inseln oder riesigen Felsbrocken. Die Strasse war tip-top ausgebaut, und ich kam gut vorwärts, obwohl ich mich müde fühlte.

Intuitiv machte ich heute wieder einmal alles richtig. In Pak Chom waren schon am Nachmittag grosse Festivitäten im Gange, ganze Wagen mit riesigen, kunstvoll geschmückten Tempeln aus Bananenblättern und anderen Naturprodukten wurden auf einen Zentralplatz gefahren. Schönheiten der Region, gekleidet in bunte Umhänge, stark geschminkt und mit goldenen Kronen, sassen auf diesen Wagen und waren ein Blickfang sondergleichen. Lange Zeit beobachtete ich ankommende Wagen oder Gruppen von Frauen und Männern, die gleichsam vor einer Jury einen Tanz vorführten. Die Kunsttempel waren hier noch filigraner als jene in Vientiane gefertigt. Man stelle sich vor, wie man aus Hunderten gefalteten Bananenblättern einen schon beinahe leibhaftigen Drachen bastelt – meist in mehrfacher Ausführung.

Ich hatte unterdessen beschlossen, noch einen Ort weiterzufahren und landete bald in Chiang Khan. Ich erfuhr erst jetzt, dass dieser herrlich am Mekhong gelegenen Ort touristisch recht gut ausgebaut ist, aber vor allem von Einheimischen besucht wird. Ich fuhr ein in die lange Touristengasse und fand im Chiang-Khan-Guesthouse gleich eine einfache, aber sehr günstige Unterkunft für 200 Baht. Ich sass lange auf dem Balkon mit direkter Sicht auf den Mekhong. Was für eine Abendstimmung bei untergehender Sonne! Immer wieder zogen riesige Schwärme grosser Vögel über den Fluss und glitten samtweich über die Stadt.

Als es dunkel war, fand ich gar keine Zeit, in einem Restaurant essen zu gehen. Zu viel war los auf der Gasse. Streetfood war das Losungswort heute, und dies sollte sich lohnen. An Dutzenden von Ständen wurden regionale Köstlichkeiten feilgeboten, unter anderem kleine, grillierte Flussshrimps, die man grilliert mit Schale und Kopf verschlingen konnte. Ich versuchte vom Porkspiess, kleine Griess- oder Reisküchlein, die einen gewürzt mit Zwiebel, die anderen gesüsst.

Über eine grosse Treppe brachten Kinder, aber auch viele erwachsene Menschen kleine, wiederum aus Pflanzenmaterial gefertigte, farbige Bötchen zum Wasser, alle geschmückt mit Kerzen, die jetzt dem Wasser übergeben wurden, aber nicht ohne zuvor ein Gebet gesprochen zu haben. Überaus stimmungsvolle Szenerie, die kleinen Lichter flussabwärts verschwinden zu sehen. Natürlich wurde ich erinnert an das Oberbürer Lichterschwemmen, das ja erst vor wenigen Tagen stattgefunden hat. Das Fest heisst hier Loi Krathong und findet während des Vollmondes des letzten Monats des Jahres statt. Loi bedeutet schwimmen oder schweben, Krathong ist ein kleines Floss, das typischerweise aus einem Teil des Strunks der Bananenstauden gefertigt wird. Das so gestaltete Floss wird mit den Bananenblättern, Blumen, Kerzen und Räucherstäbchen geschmückt.Das Fest stammt vermutlich aus Indien, ein Hindufest, das als Danksagung an die Gottheit des Ganges mit schwimmenden Laternen gefeiert wird, die das ganze Jahr lebensspendend wirken sollen. Die schwimmenden Flösse haben die Bedeutung, allen Ärger, Groll und alle Verunreinigungen der Seele loszulassen, sodass das Leben neu von einer besseren Warte aus begonnen werden kann. Die Thais machen sich mit Verwandten oder einer grösseren Gruppe von Freunden auf, im Sinne eines Volksfestes wird auf den Strassen reichlich gegessen und getrunken.

Die Menschen flanierten denn auch die belebte Hauptgasse auf und ab. Einige recht gute Hotels stehen hier fürs Übernachten bereit, viele Souvenirshops, sich fotografierende Thais, immer wieder, alleine, zu zweit, in der Gruppe. Mir kamen unweigerlich jene besuchten chinesischen Touristengassen in den Sinn. Lange Zeit sass ich aber vor einer Bühne, wo Tänze vorgetragen wurden. Dann gab es einen Schönheitscontest ganz besonderer Art, 13 Grossmütter waren mit ihren Nichten auf der Bühne, vor allem die kleinen Mädchen sahen aus wie Prinzessinnen. Beide hatten sich kurz zu präsentieren, also nicht nur das Aussehen bestimmte den Ausgang der Wahl. Später fand aber noch eine wirkliche Misswahl statt mit überaus schönen jungen Frauen, die vorher während Stunden vor kunstvoll gefertigten Tempeln gesessen waren und hundertfach fotografiert wurden – auch von mir…

Dann brauchte ich ein Bier, wurde müde und ging bald schlafen… Das Pokern – oder meine neuen Freunde vermisste ich etwas…

Km: 28‘595


Do, 26.11.2015: Kurzfristige Programmänderung: Im Phu Soi Dao Nationalpark…

Es plätschert ein Brunnen, irgendwelche kleinen Tiere zirpen unaufhörlich, ein Falter tut sich an den Resten meines Omeletten-Reises gütlich, die Geckos schreien, obwohl das gar nicht nötig wäre, denn die Insekten schwirren um die wenigen vorhandenen Lichter. Es ist keine Menschenseele mehr hier, die Angestellten des Headquarter- Büros des Phu Soi Dao Nationalparks sind längst verschwunden. Der Nationalpark ist so abgelegen, dass das Restaurant schon um vier Uhr nachmittags geschlossen hat und ich nur mit Betteln zu einem einfachen Abendessen gekommen bin. Ich sitze auf einem massiven Holzstuhl (der gerne etwas weicher sein könnte), nippe an meinem Leo-Bier, rund um mich herum stehen Baumriesen, denen ich mich morgen gerne stellen möchte. Eben ist über „meinem“ Berg der Beinahe-Vollmond aufgegangen, ein geradezu mystisches Bild…

Nicht einmal im Lonely Planet ist dieser an der Grenze zu Laos liegende Nationalpark erwähnt. Schon von weitem konnte ich den Phu Soi Dao, einen 2100 m.ü.M. rundum üppig bewaldeten Berg erkennen. Ich hatte die Eingangspforte zu diesem Park schon passiert und trank bei einem nahen Wasserfall ein zitronenhaltiges Zuckerwasser. Nicht einmal Cola konnten sie verkaufen, nur einheimische Süssgetränke, jeweils noch mehr übersüsst wie bei uns, konnte man kaufen.

Der dichte Urwald im allmählich kommenden Abendlicht inspirierte mich schliesslich, nochmals drei Kilometer zurückzufahren, um mich über diesen Nationalpark etwas zu informieren. Aber eigentlich erfuhr ich nichts, ausser dass man diesen Berg besteigen kann. Wenigstens ein Girl vom Parkbüro konnte tatsächlich etwas Englisch. Ich bewohne ein ganzes Haus mit sieben Betten für 700 Baht (mit 18 Fr. nicht ganz so billig). Ich wurde dann gleich mehrmals missverstanden. Erstens stellte ich fest, dass das Restaurant schon früh geschlossen hatte und ich nicht einmal ein Bier kaufen konnte. Zweitens bestand die junge Dame darauf, dass ich für diesen Trip unbedingt zwei Tage brauchen werde (und deshalb ein Zelt mitnehmen sollte). Ich möchte den Berg aber definitiv in einem Tag erklimmen, dazu bin ich zu bergerfahren. Netterweise wurde mir ein Znacht organisiert – er kam aber nicht wie bestellt um sieben Uhr, sondern schon um halb sechs Uhr… Zudem hatte ich keinen Proviant dabei. Ich fuhr aufs Geratewohl nochmals sechs Kilometer zurück und fand an einer Nebenstrasse ein kleines Dörfchen mit Laden. Hier konnte ich das Wichtigste für morgen besorgen – und für heute auch noch zwei Flaschen Bier erstehen. Die Leute hier haben wohl noch kaum einen Touristen mit blondem Wuschelkopf gesehen, auf jeden Fall wollten sie mich beinahe nicht mehr gehen lassen; aus allen Stuben ertönte ein lautes Hallo, ich wurde zu Reis und Chicken eingeladen, eine Gruppe Frauen bot mir einen Schnaps an, den ich gleich mit Wasser herunterspülen musste…

Am Morgen in Chiang Khan war ich erstaunt, welch grosser Betrieb schon vor sieben Uhr am Fluss herrschte. Ich fand bald heraus weshalb. Zwar war die Sonne lange Zeit hinter dunklen Wolken versteckt, aber die Morgenstimmung über dem Mekhong verzückte trotzdem. Silbernfarben leuchtete er vor Laos‘ entfernten, bewaldeten Hügeln. Es war feucht-klamm-kühl heute Morgen, tiefe Nebel hüllten diese Berge ein, überaus pituresk.

Schon vor neun Uhr folgte ich weiter dem Mekhong, aber nicht mehr für lange, denn der Fluss bog scharf gegen Norden ab. Ich hatte mich auf schlechtere Strassen gefasst gemacht, wurde aber positiv überrascht, fast immer war die Strecke geteert, manchmal mit einigen Schlaglöchern durchsetzt. Je länger ich fuhr, desto hügeliger wurde das Land. Manchmal durchfuhr ich urigen Dschungel, in der Nähe der kleinen Dörfer arbeiteten die Menschen auf den gerodeten Feldern. Das Klima hier ist relativ trocken, es wird Kaffee angebaut, etwas weiter südlich gar Wein (!) – im einzigen thailändischen Weingebiet. Ich hielt mich an die Nationalstrasse 2195 und erreichte gegen Mittag Na Haeo. Ich wollte einen Blick in den Phu Suan Sai Nationalpark werfen. Die Strasse 1328 macht durch dichten Dschungel einen Loop, ich erreichte schliesslich einen Viewpoint, von wo aus man eine herrliche Aussicht über die dicht bewaldeten Hügel hat. Ich machte hier einen längeren Halt, genoss die Aussicht, ass mein restliches Brot aus Vientiane und Sardinen aus der Büchse, dazu einige Bananen. Die Strasse war jetzt sehr kurvenreich, ich überquerte etliche Hügelzüge, es war ein stetiges Auf und Ab. Ich versuchte möglichst viel, mit dem Motor zu bremsen, um meine Bremsscheiben (unterdessen übrigens auch die vorderen) nicht noch mehr zu beschädigen. Ich durchquerte riesige Ananas-Plantagen – und entdeckte bald den Berg, der schliesslich der Grund dafür ist, dass ich jetzt hier bin. Uttaradit wäre das Ziel gewesen – 150 km Mehrfahrt, die Lust, diese auch noch hinter mich zu bringen, fehlte schlicht – oder der Reiz eines Naturerlebnisses war zu gross…

Viel zu tun gibt es hier nicht mehr. Ich werde eines der sieben Betten aussuchen können, an solchen Orten ist gar nichts anderes möglich, als gut zu schlafen…

Km: 28‘841


Fr, 27.11.2015: Anstrengender Trip auf den Phu Soi Dao (2102 m.ü.M.)

Als ich am morgens um sieben Uhr früh starten wollte, schliefen scheinbar noch alle Parkwächter. Weder das Büro war besetzt noch das Restaurant für ein Frühstück. So begnügte ich mich mit einer Banane, ein paar Waffeln und Wasser. Ich fuhr zum Wasserfall, wo der Einstieg zum Park erfolgen sollte, aber auch hier war noch niemand, sodass ich mich ohne Eintritt auf Wanderschaft machte. Ich war motiviert, passierte zuerst einige kleine Wasserfälle und kam gut vorwärts. Der Weg führte durch mastigen Urwald mit riesigen Bäumen, Bananenstauden und Bambus entlang des Baches. Ich erwartete eigentlich, längere Zeit diesem Bach zu folgen. 18 Quellen waren mir auf dem Weg versprochen worden, eine erste passierte ich bald – besser hätte ich hier die zweite Flasche mit frischem Quellwasser nachgefüllt, denn dies sollte die letzte Quelle für den ganzen Tag bleiben.

Der recht ausgetretene Weg führte bald rechts steil bergauf, teils über Metalltreppen (!), teils über Stock und Stein, aber immer sehr steil der Falllinie entlang. Bald hatte ich eine Krete erreicht. Die Sonne schien jetzt in den Wald, sodass das Grün noch mehr leuchtete. Auf meinem Handy hatte ich google maps eingerichtet, und ich sah, dass ich ganz gut vorwärts kam. Zudem zeigten mir hölzerne Kilometerschilder an, wie weit ich schon gekommen war. 6.5 km weit sollte es bis zu einem Camp sein. Ich folgte jetzt im dichten Wald dieser Krete, nur allmählich kam ich höher und höher. Zwischen den Baumriesen wurde die Aussicht immer besser. Ich befand mich in einem riesigen Dschungel ganz nahe an der laotischen Grenze. Nachdem ich einen nur noch mit Büschen bestandenen, grünen Hügel erklommen hatte, erreichte ich überraschenderweise eine relativ trockene Ebene auf über 1600 m.ü.M., bewaldet mit unzähligen Pinien. Ich hatte unterdessen schon 800 Höhenmeter geschafft, erreichte bald das Camp mit etlichen Zelten mit Einheimischen. Die Parkwächter hier oben waren von meiner Idee nicht sehr angetan, dass ich noch heute den Berg erklimmen wollte. Sie faselten etwas, es sei gefährlich, einer deutete an, da werde geschossen…

Ich hatte mich geradezu abzusetzen, um nicht weiter aufgehalten zu werden. Ich füllte eine Flasche mit Wasser aus blauen 2000-Liter-Tänken nach. Dann trottete ich durch hohes Gras Richtung Berg, aber da war nicht mehr wirklich ein Pfad. Ich folgte einer Spur mit niedergetrampeltem Gras und war überhaupt nicht mehr zuversichtlich, den Berg wirklich erklimmen zu können. Aber da war wieder mein Riecher. Bald wurde die steppenartige Graslandschaft wieder abgelöst von dichtem Dschungel. Aber wo sollte ich den Dschungel wieder betreten? Mein Trampelpfad führte aber exakt an eine Stelle, wo der Weg im Wald weiterzugehen schien. Aber dies war überhaupt kein ausgetretener Weg mehr. Man musste eher Pfadfinder sein, um die Spur zu finden. Meine Zuversicht wurde in diesem Moment nicht grösser, aber tatsächlich führte der Weg immer weiter in den Wald hinein, bald auch bergab, aber immer in Richtung Berg. Ich erreichte eine kleine Talsohle, und jetzt stieg der Pfad massiv an, immer der Falllinie entlang. Schliesslich wurde es so steil und dazu auch noch rutschig, dass es schon beinahe gefährlich wurde, aber jetzt sah ich, dass da Seile montiert waren – und jetzt wusste ich, dass ich auf dem richtigen Weg war. Schon vor einigen Minuten sah ich, dass ich gegen eine steile Waldwand marschierte, und in dieser Wand steckte ich jetzt. Es ging unheimlich steil aufwärts. Zuweilen halfen die Seile, die grosse Höhendifferenz besser überwinden zu können. Aber ich kam gut vorwärts, meine Bergerfahrung zahlte sich aus. Auf 1900 m.ü.M. erreichte ich ein flacheres Stück, allerdings im Angesicht einer weiteren, scheinbar noch steileren Wand. Ich hielt mich an Bambusstämmen fest, um die Trittsicherheit zu verstärken. Aber es war brutal steil. Und dann wurde es auch noch felsig. Diese Felsen mussten umgangen werden. Allmählich wurde die Vegetation kleinwüchsiger. Ich konsultierte immer wieder einmal mein Handy, wie hoch ich schon gestiegen war, aber die Anzeige war nicht wirklich zuverlässig, den plötzlich kam ich gleichsam wie aus einer Höhle auf einen Aussichtspunkt mit steinernden Schildern, dass ich den Gipfel erreicht hatte. Yeeeep! Auf einem Felsbrocken standen drei Kerzen mit Räucherstäbchen, die ich gleich entzündete. Die Aussicht hier oben war genial – Wald, soweit das Auge reicht. Nebel strich um die obersten Berghänge – ein wahrlich mystisches Bild.

Guetzli und eine Büchse mit Rindfleisch sollten als Zmittag reichen, mehr Sorgen machte ich mir allerdings über das knappe Wasser, das nachgefüllte Wasser vom Camp schien mir nicht sauber zu sein, allerdings hatte ich schon einige Schlücke genommen. Der Magen schien sich gleich sofort zu wehren, sodass ich dieses Wasser ausleerte. 2102 m hoch ist der Phu Doi Dao, ich hatte ihn also bezwungen, war allerdings mit 1300 Höhenmetern strenger als erwartet. Erst um Viertel vor zwei Uhr machte ich mich bereit für den Abstieg, der eher noch schwieriger war als der Aufstieg. Gleichwohl kam ich recht gut vorwärts und erreichte das Camp kurz vor drei Uhr. Man konnte kaum glauben, dass ich es tatsächlich auf den Gipfel geschafft hatte. Einem Thai bettelte ich etwas Wasser ab, das aber für den restlichen Abstieg niemals reichen würde. Deshalb war ich jetzt überaus hurtig unterwegs, um möglichst bald die bekannte Quelle zu erreichen. Mir begegneten einige thailändische Gruppen mit Ziel Camp. Schliesslich stieg ich endlich wieder ab zum Fluss, und da war die Quelle nicht mehr weit. Ich füllte eine Flasche auf und trank sie in einem Zug leer! Ich erreichte den Parkeingang um 17.30 Uhr, ich war also über zehn Stunden unterwegs und nudelfertig. Da war es gerade richtig, mich im Pool unter dem Wasserfall etwas zu erfrischen. Die Parkanlage war unterdessen wieder einsam und verlassen, weil ich so spät zurückkam. Ich fuhr nochmals in jenes Dörfchen 4 ½ km entfernt, um zwei Biere zu besorgen. Wie wenn einem Engel die Kehle runterpissen!

Das Restaurant war ebenso geschlossen. Ich war zu faul, um Wasser für eine Nudelsuppe aufzuwärmen und begnügte mich mit Bananen, Erdnüssen, Bananen und nochmals Erdnüssen – ein idealer Znacht nach einem solchen Trip!

Jetzt bin ich definitiv hundemüde und freue mich, mich endlich in die Waagrechte legen zu können. Es ist noch nicht einmal neun Uhr…

Km: 28‘854


Sa, 28.11.2015: Aufgegangen…

Eigentlich hatte mir Erik empfohlen, Chiang Mai in einem weiteren Umweg über Nan zu erreichen, aber diesmal wollte ich darauf verzichten, weil mein Töff dringendst einige Streicheleinheiten benötigt. Ich war sehr langsam unterwegs heute Morgen, weil mein Muskelkater in den Beinen andeutete, welch ein Kraftakt der gestrige Trip war. Als ich aufstand und meine Sachen zusammenpackte, schlief die Parkverwaltung noch – keine Menschenseele war zu sehen, und es wäre ein Leichtes gewesen, einfach abzuhauen. Auch eine Stunde später schien sich niemand um mich kümmern zu wollen. Voll gepackt fuhr ich zum nahen Parkrestaurant, das unterdessen tatsächlich geöffnet hatte. Ich ass zwei Spiegeleier und wartete ab, was geschieht, und tatsächlich wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass ich die Parkgebühr (plus eine Übernachtung) noch zu bezahlen hatte. Dies war bald erledigt, ich hatte ein klares Ziel, nämlich heute Chiang Mai zu erreichen.

Der erste Teil führte über eine kurvenreiche Strasse durch dichten Dschungel, diesmal besonders reizvoll, weil die Sonne noch tief stand und die riesigen Bäume und das undurchdringliche Dickicht in warmes Licht hüllte. Ich musste nicht weit gegen Norden fahren. In Muang Chet Ton ging’s weiter Richtung Westen, überaus kurvenreich, auf und ab. Ich fuhr sehr gemächlich, weil ich meine Bremsen möglichst wenig benutzen wollten. In Nam Pat wollte ich den Sirikit-Staudamm anfahren. Ich musste nicht weit fahren, bis ich einen Zipfel dieses grossen Sees erreicht hatte. Die Gegend ist touristisch voll ausgebaut worden. Ich traf auf viele einheimische Touristen, sass am See in einem Restaurant und bestellte schliesslich einen grossen Seefisch, der an Schmackhaftigkeit beinahe nicht zu übertreffen war. Der gesalzene Fisch war mit Knoblauch gewürzt, war riesig (obwohl ich einen kleinen bestellt hatte), das Fleisch einfach nur zart und weich – hervorragend! Nach diesem längeren Stopp war ich fit (und endlich wieder einmal wohl genährt), um den nächsten Teil in Angriff zu nehmen. Uttaradit war bald erreicht. Auf einer Autobahn durchfuhr ich einen weiteren Nationalpark und erreichte Lampang, womit mein Indochina-Loop geschlossen wurde. Es waren jetzt noch 100 km bis Chiang Mai. Es war unterdessen sehr warm geworden, und ich war froh, dass eine nächste Bergkuppe überwunden werden musste. Mit jedem Höhenmeter wurde es angenehm kühler. Ich erreichte Chiang Mai schon vor fünf Uhr nachmittags, hatte unterdessen Erik kontaktiert. Erik holte mich bei der grossen Toyota-Garage an der Hauptstrasse 11 ab und führte mich in seine kleine Loge, eine Einzimmerwohnung, die er gleich für vier Monate gemietet hatte. Weil in der Umgebung sämtliche Hotels ausgebucht waren, bekam ich Gastrecht in seiner kleinen Wohnung im Nordwesten der Stadt. Tatsächlich hatte ich meinen Indochina-Loop also pannenfrei hinter mich gebracht – was für eine unglaubliche Maschine, oder was für ein Glück!

Am Abend fuhren wir in die Stadt, genossen ein Bier oder zwei, stärkten uns in einem kleinen Thai-Restaurant. Natürlich hatte ich viel von meinem Trip zu erzählen. Erik selber kommt seit vielen Jahren immer wieder zurück nach Thailand, das Geschäft mit Motorrädern in der Schweiz kommt im Winter zum Stillstand, sodass es sowohl für Erik als auch für das Motocenter West eine Winwin-Situation ist, wenn sein Bude ihn nicht zu bezahlen hat und er jedes Jahr längere Ferien machen kann.

Die Stadt ist mir fremd, obwohl ich sie schon zweimal besucht habe, das letzte Mal 1994 zusammen mit Patricia, der Elefantenliebhaberin… Ein weiterer Teil der Reise ist abgeschlossen, es gilt jetzt, das Motorrad wieder auf Vordermann zu bringen und mich neu zu orientieren. Ich verbrachte eine ruhige Nacht in Eriks grossem Doppelbett. Es war warm, ich zog die Vorhänge auf, damit die frische Nachtluft das Zimmer etwas kühlt.

Km: 29‘248


So, 29.11.2015: Ein Treffen mit Yoshi Kobayashi

Wir waren heute noch zur Untätigkeit verdammt, weil die einschlägigen Shops, wo wir Pneu etc. bestellen wollten, heute Sonntag geschlossen waren. Wir fuhren zum nahen O2-Hotel, wo ich jetzt ein sauberes, modernes Zimmer im ersten Stock besetze. Zuerst hatte ich meinen Kasumpel zum Hotel zu chauffieren, nachdem ich einen ganzen Sack voll schmutziger Kleider zu einer nahen Wäscherei brachte. Meine Töffausrüstung wird jetzt zum dritten Mal gewaschen! Wir kurvten gleichwohl durch die Stadt, die ich kaum wiedererkenne. Es ist ja auch schon 21 Jahre her, seit ich das letzte Mal hier war. Der Wassergraben, der die Innenstadt umzieht, kam mir noch einigermassen bekannt vor, aber sonst erschien mir die Stadt grundlegend verändert. Es wäre interessant, jene Stelle zu sehen, wo ich damals meinen Teak-Schrank kaufte, den ich später nicht in meine Wohnung im Winkel brachte, weil die Räume zu niedrig waren… Zum Frühstück gab es eine gute Nudelsuppe mit Peanuts.

Am Nachmittag trafen wir auf einen Freund Eriks – den Japaner Yoshi Kobayashi, übrigens nicht verwandt mit dem bekannten Formel-1-Fahrer, ebenfalls ein Motorradtechniker, der sich aber auf Honda spezialisiert hat. Er wollte natürlich alles über meinen Trip wissen, weil er ebenfalls gerne mit Motorrädern unterwegs ist und auf diese Weise auch schon Europa, Australien und Indien bereist hat. Erik kennt Yoshi von einem Australien-Trip vor vielen Jahren. Leider reist er bereits morgen ab nach Japan, weil die Arbeit ruft, mit der er während vier Monaten beschäftigt sein wird, bevor er erneut auf Tour geht – in die Schweiz! Yoshi machte mir zwar einen überaus müden Eindruck, war aber gleichwohl ein sehr cooler und interessanter Typ. In der Innenstadt sassen wir lange in einer Bar und tranken Bier um Bier, bevor wir ein ausgezeichnetes, von den Räumen her aber eher abgefucktes Restaurant besuchten und ausgezeichnet assen. Anschliessend besuchten wir noch einmal das Barviertel, das sich allmählich mit Mengen von jungen Touristen füllte. Je länger es ging, desto intensiver wurde in der OpenAir-Disco getanzt, während wir dasassen und weitere Biere kredenzten. Aber etwa um Mitternacht waren wir genug müde, um uns auf den Heimweg zu machen. Am Abend kühlt es hier jeweils etwas auf, und ich fand wunderbaren Schlaf.

Km: 29‘275


Mo, 30.11.2015: Boxenstopp Teil 1 in Chiang Mai

Bevor wir heute mit dem Service beginnen konnten, mussten wir in der Stadt einige Besorgungen machen. Zuerst fuhren wir nach neun Uhr zu einem Big-Bike-Shop im Zentrum Chiang Mais, wo wir einen neuen Hinterpneu und ein Kettenkit bestellten, die morgen bereits ankommen sollten. Ich kaufte zudem eine neue Kerze, alles zusammen für 6300 Baht. Dann waren wir einige Zeit auf der Suche nach drei Kugellagern, ein Radlager beim Hinterrad sollte ersetzt werden, zudem das Kugelrollenlager beim Lenker. Ich fand auch eine kleine neue Pumpe, die ich damals im Iran verloren hatte. Hoffentlich brauche ich sie nie!

Nach einem Kaffeestop fuhren wir um die Mittagszeit zurück in unser Wohnviertel, wo Erik eine kleine Töffbude kennt. Wir nisteten uns im Hinterraum dieses Geschäftes ein und widmeten uns zuerst meinem Hauptständer, bei dem eine Schraube fehlte. Anschliessend demontierten wir (oder vielmehr Erik;-) das Hinterrad, ersetzten mit Erfolg das Radlager und die Bremsbeläge, die beinahe vollständig heruntergefahren waren. Wir machten Ölwechsel und reinigten den Luftfilter, der mit einer ganzen Schicht von Schmutz und Staub besetzt war. Erfreulicherweise scheint die Maschine noch gut in Form zu sein, der Motor tönt jung und fit wie eh und je – muss mit dem Fahrer zu tun haben… Eine etwas grössere Herausforderung war das Ersetzen des Kugellagers beim Lenker. Gabel musste demontiert werde. Im Lager hatte sich Wasser angesammelt, es lief überhaupt nicht mehr rund. Dies spürte ich beim Fahren wenig, weil ich mich an die unregelmässigen Widerstände gewöhnt hatte. Das Lösen der zerschlissenen Lager brauchte einiges an Kraftaufwand, und das Einsetzen der beiden neuen noch mehr. Zudem waren wir nicht sicher, ob das untere, neue Lager genügend weit auf die Stange geschlagen wurde.

Um sechs Uhr war Feierabend, ein erfrischendes Bier durfte nicht fehlen. Dann holte ich meine saubere Wäsche ab. Nach einer Dusche gingen wir zu einem nahen Thai-China-Restaurant, wo wir uns gleich mehrere hervorragende Gänge bestellten. Erik war natürlich eingeladen. Nach einem Absacker unweit meines Hotels war ich um elf Uhr in meinem Zimmer und schlief sofort ein.

Km: 29‘303


Di, 01.12.2015: Boxenstopp Tag 2

Noch einmal waren wir (oder vor allem Erik) damit beschäftigt, mein Motorrad wieder in Schwung zu bringen. Am Morgen widmeten wir uns dem Strom. Offenbar war die Schaltbox meiner Griffheizung dafür verantwortlich, dass es zu Kurzschlüssen gekommen war. Deshalb wurde sie demontiert. Wiederum musste der Tank demontiert werden, um an die Batterie zu gelangen. Weil wir keine Sicherungen mehr hatten, musste das Sicherungskästchen unter dem Sattel mit einer Drahtverbindung überlistet werden, um Blinker (der nicht mehr funktionierte) und Hinterlicht kontrollieren zu können. Dann wurde mein wackelnder USB-Ladeanschluss überprüft, frisch gelötet (was nichts brachte). Erik stellte fest, dass die Anschlüsse oxidiert waren. WD40 schaffte diesem Problem schnell Abhilfe. Er montierte die Ladestation jetzt in den linken Blinker. Der Kabelsalat am Cockpit ist jetzt vollständig verschwunden.

Am Nachmittag fuhren wir in die Stadt zum Big-Bike-Shop, wo man mir Hinterpneu und Kettenkit montierte. Zudem bekam ich neue, angenehm weiche Griffe. Jetzt bin ich wieder reisefertig, die weitere Planung kann beginnen. Im Rider’s Corner informierte ich mich über die Situation in Malaysia und Indonesien. Offenbar ist es mit meinem Carnet de passage kein Problem, in diese Länder einzureisen. Die normale Route nach Sumatra ist offenbar, von Penang die Maschine einfliegen zu lassen! Wird dann probiert! Philipp sagte mir, dass es noch immer recht kompliziert ist, per Motorrad nach Burma zu reisen, erstens braucht es viel Zeit für die permissions, und zweitens wäre der Trip recht teuer. Deshalb werde ich wohl nochmals in Thailand Richtung Bangkok fahren, möglichst nahe der burmesischen Grenze entlang. Die Strecke ab Umphang soll aber beinahe nicht passierbar sein, weil sie lange Zeit durch Urwald führt und mehrere tiefe Flussübergänge zu bewältigen wären. Auch davon sehe ich wohl ab.

Wir assen im Rider’s Corner Spaghetti, Steak und gebratene Kartoffeln mit Gemüse. Sehr gut! Anschliessend fuhren wir zurück und montierten noch die Griffschütze.

Ein Diensttag am Töff! Herzlichen Dank, Erik!

Km: 29‘316


Mi, 02.12.2015: Motorsport, death valley, Leichtsinn und Glück

Ich stand mit gemischten Gefühlen auf, denn Erik wollte mir heute einige seiner bereits bekannten Offroad-Pisten in den Bergen westlich von Chiang Mai zeigen. Ich war guten Mutes, denn ich fuhr heute ohne Gepäck, war nur mit einem kleinen Rucksack beladen. Aber es sollte sich zeigen, dass ich heute meine Grenzen der Belastbarkeit aufgezeigt bekommen sollte, zudem ist Eriks Cross-Maschine nur halb so schwer wie meine und seine Erfahrung im Gelände mindestens doppelt so gross – er war seinerzeit ja auch Crossrennen gefahren…

Um neun Uhr ging es los. Ich musste mächtig Gas geben, um Erik nur schon auf der Strasse folgen zu können, ich versuchte, mich nicht stressen zu lassen. Etwas südlich von Chiang Mai bogen wir in die Hauptstrasse 1013. Schnell waren wir in dichtem Wald, wir durchquerten aber auch einige Dörfer, deren Einwohner unterdessen vom Tourismus und der Landwirtschaft leben. Da waren mit Plastikplanen abgedeckte Blumen- und Gemüseplantagen, von Moon-Felder wie vor dreissig Jahren sah ich jedoch nichts. Irgendwo in diesen Bergen war ich damals mit Häne und Withmer zu Fuss und auf Elefanten unterwegs. Die Dörfer sind auch heute noch Touristenattraktion, aber deren Ursprünglichkeit ist natürlich längst verloren gegangen.

Dann ging’s auf holprig-lehmiger Strasse, manchmal mit Betonpartien bald steil bergauf, aber diese Wege mit vielen Löchern und Unebenheiten stellten noch kein Problem für mich dar. Die Sicht auf dem höchsten Punkt über die weiten Wälder war herrlich, bevor es wieder abwärts ging, teil auf engen Single-Trails, aber auch hier kam ich noch ohne Schwierigkeiten durch. Wir erreichten die Strasse 1009, assen in einem Dorf eine gute, gesüsste (!) Suppe, bevor es auf rauhem Weg wieder aufwärts ging. Dieser Weg war schon schwieriger zu befahren, weil er schattig und deshalb teils lehmig-schmierig war. An einer abschüssigen Stelle legte es mich zum ersten Mal hin. Aber mein schweres Gefährt war schnell wieder aufgestellt – und weiter ging’s. Aber es wurde nicht einfacher. Vor allem wurde es viel enger, die Längsrillen häuften sich, in denen ich mich mühsam vorwärtskämpfte und Schwierigkeiten hatte, das Gleichgewicht zu behalten. Und noch immer ging es aufwärts auf extrem schmieriger Strecke, zwei weitere, leichte Stürze waren nicht zu vermeiden. Mein Selbstvertrauen, auch auf solchen Strecken zu fahren, sank. Manchmal war ich tatsächlich zu langsam unterwegs oder schaute zu wenig voraus. Es war eine echte Plackerei. Aber je höher wir stiegen, umso reizvoller wurde die Aussicht. Inzwischen durchstreifen wir Pinienwälder, zumeist auf engen Single-Trails, die schon beinahe zugewachsen waren. Schliesslich hatte ich es aber geschafft, wir standen auf einer Anhöhe und genossen eine herrliche Rundsicht – keine Siedlung war mehr zu sehen. Aber dann kam die Abfahrt, die nicht einfacher war. Gräben von schmierigen Spuren waren zu überwinden, steil abwärts, meine Maschine war beinahe nicht mehr zu steuern, wenigstens von mir nicht. Ich legte meine Maschine noch einmal hin, Erik half mir beim Aufstellen. Die zu überquerenden Bäche waren noch das kleinste Problem. Schliesslich hatten wir das Tal erreicht. Ich war schon ordentlich müde, und ich hätte wohl besser den einfacheren Weg zurück nach Chiang Mai gewählt.

Aber da war eine streckenmässige Abkürzung Richtung Chiang Mai. Ich negierte meine Intuition und folgte Erik ins death valley, und dieses Todestal wäre mir tatsächlich beinahe zum Verhängnis geworden. Auf befestigten Betonspuren war es zuerst ein Leichtes, die etlichen Höhenmeter zu überwinden. Die Strecke nach Samoeng war zu weit, und weil es schon nach 16 Uhr war, bogen wir ein ins berüchtigte death valley. Zuerst senkte sich der Weg nur leicht, und ich kam noch gut vorwärts. Aber bald wurden die Rinnen in der Strasse breiter und vor allem tiefer. Häufig hatte es über diesen breiten Rinnen gleichsam einen Berg, auf dem es sich eigentlich einigermassen leicht hätte fahren können. Aber da war dann die Angst, und es war sehr glitschig, ein Faller hätte den definitiven Absturz bedeutet… Und tatsächlich kam dieser. Ich versuchte auf der rechten Seite des abschüssigen Weges die Spur zu halten, kam ins Rutschen, es war zu steil, um den Töff zum Halten zu bringen. Dann erschien vor mir ein tiefes Loch, eine breite, tiefe Rinne, und ich hatte mich dem Unvermeidlichen unweigerlich zu stellen. Ein Schrei – und ich flog im Salto über die Lenkstange und landete unsanft. Der Töff war glücklicherweise im Loch hängengeblieben und zermalmte mich nicht. Ich lachte gar, weil ich keinen Kratzer davongetragen hatte. Sturzenegger – nomen est omen… Die Maschine war jedoch etwas in Mitleidenschaft gezogen worden. Ganghebel, Gepäckträgereinrichtung, Sturzbügel waren etwas eingedrückt. Mein Vertrauen in meine Fahrkünste war jetzt vollkommen am Boden. Zudem folgten ähnlich schwierig zu meisternde Stellen, eine ultrasteil, mit grossen Steinbrocken bedeckt und ebenso steil wie vorhin. Ich nahm gerne Eriks Hilfe in Anspruch, der meine Maschine über diese bis anhin schwierigsten Klippen brachte. Und jetzt begann es auch noch einzudunkeln. Immer wieder wähnte ich mich in der Talsohle, aber immer ging es nochmals aufwärts und wieder hinab, in tiefen Gräben. Als Erik meine Maschine über eine dieser Stellen brachte, klemmte er sich den Fuss ein, konnte sich aber ohne Verletzung wieder befreien.

Unterdessen war ich nudelfertig und wollte nur endlich jenen einfacher zu befahrenden Weg erreichen, der zu einem Dorf führt. Es war stockdunkel, als wir die ersten Lichter dieses Dorfes endlich erblickten. Wir hatten das death valley bewältigt, nur mit kleinen Verlusten. Parallel fahrend und einander Licht gebend verliessen wir auf angenehmer Kiesstrasse dieses Tal und erreichten bald eine asphaltierte Strasse – eine Wohltat nach diesem Abenteuer.

Heute wurden mir meine Grenzen aufgezeigt, ich weiss jetzt, was für mich möglich ist und worauf ich besser verzichte – das ist die Erkenntnis des Tages. Man kann es auch als Leichtsinn betrachten, mit einer solchen Maschine derartige Wege zu befahren, aber schliesslich war es wieder da, das unsägliche Glück, auf das ich mich immer dann verlassen kann, wenn es kritisch wird. Trotzdem weiss ich, dass ich den Bogen heute wohl tatsächlich überspannt habe.

Wir waren bald in der Stadt, machten einen Halt bei The Schweine, assen einen Thaisalat mit Austern (!), tranken zwei Bier, aber ich war schon um neun Uhr so erledigt, dass ich nur noch in meinem Zimmer sein wollte. Eigentlich wollte ich noch duschen, aber ich war sogar dafür zu müde – und schlief gleich ein.

Km: 29‘522


Do, 03.12.2015: Reparaturarbeiten vom death-valley-Trip

Ich fühlte mich am Morgen vom Vortag noch etwas gerädert, aber nichts tat mir wirklich weh – zum Glück! Um zehn Uhr waren wir bereits wieder bei jenem kleinen Motorradmechaniker in der Nähe, um mein Motorrad wieder zu richten. Die Kofferhalterung und die vorderen Sturzbügel, aber auch die Lenkstange sowie die Griffschütze waren leicht verbogen, die von Erik wieder in Form gebracht wurden. Wir stellten auch fest, dass das hintere Radlager erneut etwas lotterte. Das Gegenstück ist leicht ausgeleiert und wurde von Erik mit einem Kniff wieder fix gemacht. Vielleicht muss dieses später dann doch noch ersetzt werden.

Später besuchten wir ein Restaurant direkt am Fluss gelegen, wo wir sehr gut assen, vier Gänge, exquisit zubereitet. Chiang Mai ist voll mit Touristen, an allen Ecken und Enden stehen Guesthouses und Restaurants. Ich habe noch immer Mühe, mich zu orientieren, kein Wunder, ich folge einfach Erik auf gewundenen Nebenstrassen, wunderbar auf dem Motorrad, denn damit ist man unheimlich flexibel, überholt links und rechts, im Slalom, aber immer sehr achtsam. Erik führte mich zu seinem Massagesalon, wo wir lange Zeit belanglos parlierten. Schliesslich kam eine Kollegin, sodass sie zu zweit waren. Nette Abendmassage, ganz seriös. Die Massage dauerte eine Stunde (250 Baht) und war von sehr fachkundigen Händen ausgeführt worden. Wie frisch geboren stand ich danach wieder auf der Strasse, wo wir noch einige Zeit verweilten und dann nach Hause fuhren.

Km: 29‘549


Fr, 04.12.2015: Fahrt nach Chiang Rai mit etwas Offroad-Training

Ich hoffte heute, dass die geplanten Offroad-Pisten Richtung Chiang Rai auch für mich ohne Probleme machbar würden. Leider war es bewölkt, und tatsächlich sollten wir von wenig Regen nicht verschont bleiben. Wir folgten zuerst der Nationalstrasse 118 Richtung Chiang Rai, eine ziemlich langweilige Angelegenheit. Deshalb bogen wir nach einigen Kilometern ab Richtung Khun-Chae-Nationalpark, verliessen die thailändische Zivilisation für ein erstes Offroad-Abenteuer. Nur an einigen wenigen Stellen musste ich wegen einiger tiefer Wasserrinnen etwas zirkeln, aber ich meisterte diese Klippen ohne Probleme. Sofort fanden wir uns in dichtem Dschungel wieder, nachdem wir einige grosse, mit Mais kultivierte Landstriche durchquert hatten.

Bald erreichten wir die 118 etwas weiter nördlich, bogen aber bald wiederum rechts ab. Wiederum durchquerten wir auf guter Gravelroad weite Maisfelder. In einem Dorf mit den typischen, nordthailändischen Holzhäusern wurde die Ernte maschinell eingeholt. Im Doi Luang Nationalpark war erneut nicht allzu viel Höhendifferenz zu überwinden. Nur auf einer kurzen Strecke wurde der Weg etwas schmaler und dementsprechend tiefer. Als wir die Krete eines Hügelzuges überquert hatten, passierten wir auf recht guter Schotter- und Lehmpiste einige Dörfer. Ich machte Halt bei ein paar Einheimischen, die von Hand den geernteten Reis droschen. War ganz lustig, weil hier offenbar nur wenige Touristen vorbeikommen. Ich wurde gleich zum Dinner  eingeladen, aber Erik, der auch heute um einiges schneller unterwegs war, war schon über alle Berge. Deshalb folgte ich ihm bald. Es war jetzt ein stetiges Auf und Ab. Von den Übergängen hatte man eine schöne Aussicht auf Dörfer, bewaldete Hänge, Reis-, Maisfelder, Bananen- und Gummiplantagen. Bald erreichten wir ein Tal, das uns aus diesem Gebirge führen sollte. Auf asphaltierten Strassen ging es jetzt im Schuss Richtung Chiang Rai.

12 km vor der Stadt besuchten wir einen ganz besonderen buddhistischen Tempel, den weissen, wie Porzellan schimmernden Wat Rong Khun, der im Gegensatz zu allen andern Tempeln der Region erst 1997 gebaut wurde, er ist voller Verschnörkelungen und hat bizarren Bezug zur heutigen Zeit, weil nicht nur Elvis oder Keanu Reeves (als Neo aus Matrix) dargestellt sind, sondern auch der Einsturz der Twin Towers in New York. Der Tempel symbolisiert den Himmel, während der nördlich der Stadt gelegene Baan Dum das Böse (Satan) verkörpert. Der Ort war voller Touristen, und wir waren gerade noch rechtzeitig, einen Blick in die Anlage zu werfen.

Wir erreichten danach schnell die verkehrsreiche Innenstadt Chiang Rais, haben im Ben’s Guesthouse eine gute Unterkunft. Allerdings verliessen wir diese nicht mehr, weil es plötzlich stark zu regnen begann. Auch jetzt – um elf Uhr – regnet es noch.

Km: 29‘790


Sa, 05.12.2015: Einige Momente in Burma

Nach einer Nacht mit heftigen Niederschlägen war es am Morgen trotz einiger Wolken mehrheitlich sonnig. Aber das Thermometer zeigte nicht einmal mehr 20 Grad an, Spuren des Winters sind also auch in Nordthailand zu spüren.

Zuerst fuhren wir etwa 60 km Richtung Norden nach Mae Sai, der am nördlichsten gelegenen Stadt Thailands. Es war ein Riesenbetrieb hier, Dutzende Souvenirshops mit billiger Ware aus China und Burma. Man hätte eine Stundenkarte für Burma kaufen können, um wenigstens eine Zeitlang in Tachileik (Burma) zu verbringen, aber dies war mir zu blöd.

Die bewaldeten Berge Richtung Norden sind deutlich höher und zackiger, und genau in diese Richtung wollten wir weiterfahren. Wir nahmen die gut ausgebaute Strasse 1149, die sich in hundert Kurven um die Bergkreten wand und steil bergauf führte. Lange Zeit führte die Strasse ziemlich genau der Grenze zwischen Thailand und Burma entlang, gewisse Abschnitte lagen gar wirklich vollständig in Burma. Wir passierten einige Checkpoints und erreichten bald zuerst eine burmesische und wenig weit entfernt eine thailändische militärische Stellung mit einigen Soldaten. Heute wird der Ort vor allem als Touristenattraktion gebraucht, denn man hat hier oben eine geniale Rundsicht auf die burmesischen Hügelketten im Norden und die schroff abfallenden, thailändischen Bergketten Richtung Chiang Rai. Hier oben hat es auch wieder die schon beobachteten Pinienwälder und einige Kaffeeplantagen. Überhaupt kam man sich vor wie in einem überdimensionierten botanischen Garten. Alles, was wächst, ist so kräftig, saftig und für unsere Begriffe überproportional gross gewachsen.

Es waren heute recht viele einheimische Touristen unterwegs, weil der 86. Geburtstag des thailändischen Königs Bhumipol gefeiert wurde. Beim Mae Fa Luang Garden standen schon beinahe Hunderte von einheimischen Autos mit Menschen, welche die Blumen des botanischen Garten bestaunen wollte. Zu viele Leute für uns. Bald folgten wir der 1338 Richtung Westen. Die Strasse führte über diverse Hügelzüge durch Bauerndörfer. Wir erreichten die Teeplantagen von Mae Salong, einem Höhenkurort Nordthailands, wo wiederum recht grosser touristischer Betrieb herrschte mit Souvenir- und Essständen. Wir wollten nicht hier oben übernachten, weil es bestimmt zu kalt sein würde (!) und fuhren auf der 1234 weiter auf die Hauptstrasse 107. Auf dem Weg erfreuten mich drei wohl neu gebaute, riesige Buddha-Statuen im Abendlicht. Ich fuhr weiter bis Thaton und wunderte mich, dass Erik nicht wartete. Ich machte einen Halt, weil ich exakt in dieser Stadt den 30‘000. Kilometer meiner Reise geschafft hatte. Da erschien ein fluchender, wutentbrannter Erik, den ich offenbar verpasst hatte. Ein ziemlich schräges, wenn nicht gar beängstigendes Erlebnis, denn wenig später verhielt er sich so, wie wenn nichts geschehen wäre. Im Gegenteil: In der Stadt organisierte er eine gute Unterkunft im Garden Guesthouse, direkt am Kok River gelegen, ein Fluss, der sich tatsächlich fürs Flossfahren eignen und bis nach Chiang Rai und noch weiter führen würde. Wir fuhren auf einen nahen Hügel, bewunderten den Wat Tha Ton (Phra Aram Luang), erneut eine Anlage zwischen anmutig und kitschig. Beeindruckender war die Aussicht auf das weite Tal im Abendlicht.

Am Abend ass ich einen guten Fisch in einem einfachen Restaurant, dann suchten wir nach etwas Unterhaltung in diesem eigentlich ganz netten Ort. Aber die Strassen war schon um neun Uhr wie leergefegt. Wenigstens fanden wir noch ein fast leeres Café, wo ausgezeichneter Cappuccino zubereitet wurde. Es war unterdessen saukalt geworden. Meine Füsse sind auch jetzt noch kalt, obwohl ich sie schon seit dreissig Minuten unter der Decke zu wärmen versuche. Mein Ziel: möglichst bald wieder den warmen Süden zu erreichen… Kennst du diesen Wunsch?

Km: 30‘006


So, 06.12.2015: Fahrmüde und zurück nach Chiang Mai

Ich bin etwas fahrmüde geworden und hätte vielleicht besser auf den Trip in den äussersten Norden Thailands verzichtet. Ich war nicht besonders motiviert heute Morgen für einen weiteren Fahrtag. Erik und ich sind vollkommen verschieden unterwegs. Er ist der Motorradfreak, der hier Strassen und Wege kennt wie seine Westentasche, ich bin der Traveller, der das Ziel Australien vor Augen hat. Dieser Loop bedeutet für mich Mehrkilometer. Zwar sind die Landschaften hier oben wirklich sehr sehenswert, aber gleichwohl kann ich nicht richtig ins Schwärmen kommen.

Zudem war es noch um zehn Uhr neblig trüb und überraschend feucht-kühl, da hätte ich doch tatsächlich gerne meine Handschuhe angezogen, die ich in Chiang Mai gelassen hatte. Einige Kilometer nach Thaton machten wir deshalb einen Kaffeehalt; in dieser Zeit frass die Sonne die nebligen Wolken auf. Wir machten einen Abstecher in den Pha-Daeng-Nationalpark. Die gute, kurvenreiche Strasse führte sehr steil bergauf, und wir wurden bald mit einer herrlichen Aussicht belohnt. Wiederum befanden wir uns sehr nahe an der thailändisch-burmesischen Grenze, weshalb es einige militärische Checkpoint zu durchfahren galt, alle absolut problemlos. Wir trafen auf ganze Gruppen von Motorradfahrern, viele darunter mit Harleys (!), die an den Viewpoints wie wir Halt machten. Nachdem wir die Talsohle wieder erreicht hatten, fuhren wir weiter Richtung Osten zur Hauptstrasse 1001. Hier hatte Erik noch einmal einen Offroad-Trip im Sinn. Während der Mittagspause in einem Restaurant sagte ich Erik aber, dass ich keine Lust auf einen weiteren Umweg hätte. Ich folgte deshalb der 1001 Richtung Süden, während Erik noch einmal einen Umweg in die Wälder unter die Räder nahm. Ich erreichte Chiang Mai am frühen Abend. Leider war das O2-Guesthouse ausgebucht, und ich bewohne jetzt ein fensterloses, grosses Zimmer im untersten Stock eines grossen Gebäudekomplexes – gemütlich ist anders… Auf Erik wartend, liess ich mein Handy wieder einmal fallen, diesmal nicht ohne Folgen, das Display hat erneut an vier Stellen einen Sprung – Ärger!

Am Abend fuhren wir zum nahen The Schweine, wo wir auf Eng, den Vermieter von Eriks Wohnung trafen. Wir assen dort, tranken einige Biere und auch noch etwas Hong-Thong-Whisky. Ganz netter Abend! Aber ich werde wohl in Chiang Mai nicht mehr alt und werde bald Richtung Süden weiterfahren. Der Strand ruft! Aber die Strecke bis dahin wird lang sein…

Km: 30‘287


Mo, 07.12.2015: Reisevorbereitungen – bald geht’s wirklich wieder weiter

Als ich aufstand, plante ich zuerst, wie meine Reise weitergehen wird. Ich beschloss, morgen abzureisen mit Ziel Mae Sariang. Um elf Uhr suchte ich Erik auf, der mit Eng, dem Singapurianer bereits am Diskutieren war.

Nach einer Nudelsuppe begannen wir, mein Motorrad wirklich startklar zu machen. Dies dauerte aber länger als erwartet. Die Kette war bald geschmiert, der Gas-Handgriff ebenfalls, aber die Blinker-Anlage sowie das Rücklicht bereitete einiges an Kopfzerbrechen, denn irgendein Kurzschluss beschädigte die betreffende Sicherung immer wieder aufs Neue. Wir entfernten sogar noch einmal den Tank, aber Erik fand den Fehler nicht. Ich werde also auch in nächster Zeit notgedrungen ohne Blinker und Rücklicht unterwegs sein.

Anschliessend fuhren wir an den Stadtrand, um ein Foto zu schiessen im gesponserten Motocenter-West-T-Shirt, das ich dann auf Facebook stellen werde. Dann fuhren wir in die Stadt. Auf dem Weg besorgten wir einen Luftfilterspray, im Piston-Shop lagen die bestellten hinteren Bremsbeläge schon bereit.

Dann gab’s ein Bier und einige Frühlingsrollen. Für das Nachtessen war es noch zu früh, sodass wir uns nochmals eine Massage gönnten. Wirklich sehr angenehm, auch wenn die letzte besser war!

In einem nahen Thai-Restaurant ass ich einen pikanten Shrimps-Tomaten-Salat, ausgezeichnet. Jetzt packe ich wieder einmal meine Siebensachen zusammen, um morgen auch rechtzeitig bereit zu sein. Es kann sein, dass mich Erik sogar noch eine Zeitlang begleitet.

Km: 30‘324


Di, 08.12.2015: Im Broccoli-Wald rund um den höchsten Berg Thailands

Endlich ging es heute los in Richtung Ziel. Ich war überrascht am Morgen, als Erik nach neun Uhr vor meinem Hotel vorfuhr. Er hatte sich entschlossen, mich auf meinem Trip Richtung Südwesten wenigstens noch einen Tag zu begleiten. Zuerst ärgerte ich mich, weil ich in den letzten Tagen gleich drei Dinge verloren hatte. Erstens hatte ich meine Badehose in einem Zimmer in Chiang Rai hängen lassen, zweitens verlor ich eine meiner beiden Rasierklingen – wohlweislich hatte ich zwei mitgenommen… Und drittens war eines meiner Spann-Sets nicht mehr auffindbar, mit dem ich jeweils meinen grossen Rucksack befestigte.

Auf der Strasse 121 verliessen wir Chiang Mai Richtung Süden, erreichten bald die 108. In Chon Thong schwenkte ich nach einem Kaffeehalt ab auf die 1009 Richtung Doi-Inthanon-Nationalpark (Eintritt 320 Baht!). Hier trennten sich unsere Wege vorübergehend – Erik wollte offroad nach Mae Sariang fahren. Kurz vor Parkeingang besuchte ich einen der inflationär vorkommenden buddhistischen Tempel, den Wat Numtok Maeklang, neu renoviert und im Morgenlicht in allen Farben leuchtend. Teile der gut ausgebauten 1009 kannte ich noch von unserem gemeinsamen ersten Trip. Bei Ban Khun Klang führte die Strasse durch noch nebelbestandenen Dschungel steil aufwärts. Es wurde empfindlich kühler, vor allem als ich den höchsten Punkt Thailands, den Doi Inthanon (2565 m.ü.M.) erreicht hatte. Die Aussicht hier oben ist von vermoosten, grossen Bäumen versperrt, zudem war ich umgeben von vielen Thai-Touristen, die ebenfalls hier hochgefahren waren. Schliesslich fand ich aber doch eine freie Stelle mit etwas Weitsicht, übermässig grosse Broccolis scheinen sich hier mit der Unendlichkeit zu verschmelzen…

Jetzt nahm der Verkehr Richtung Mae Chaem deutlich ab, ich durchfuhr ein viel trockeneres Gebiet, passierte eine heisse Quelle, leider typisch thailändisch überausgebaut. Jetzt führte die Strasse durch ein mit Tausenden Pinien bestandenes Hochland mit einem Pass auf über 1700 m.ü.M. Es war angenehm kühl hier oben. Je tiefer ich kam, desto luscher wurde der Dschungel, die Fahrt war ausserordentlich kurvenreich, aber bei schönem Wetter überaus sehenswert – ein wahrer Genuss.

Ich erreichte Mae Sariang am frühen Abend und traf hier recht zufällig auf Erik, der eben auch angekommen war. Wir checkten ein im River Bank Guesthouse, direkt am Fluss gelegen mit herrlicher Sicht auf die Berge Burmas. Erik führte mich in seine Lieblingsbar, ganz besonders eingerichtet mit uralten Coiffeur-Stühlen und unzähligen anderen schrägen Kleinoden. Am Abend ass ich in einem national bekannten Restaurant einen guten Fisch, bevor wir noch einmal in der Coiffeur-Bar ordentlich absackten – mit allem, was dazugehört, Bier, Hong-Thong-Whisky und einem Kontakt mit einem Deutschen und seiner Thai. Schliesslich musste ich sie mittels Bierdegustation überzeugen, dass Heineken nicht besser ist als das deutsche Krombacher (das hier tatsächlich vorhanden war). Dies war ein ehrenhafter Abschiedsabend mit Erik, der bis in alle Nacht dauerte.

Km: 30‘599


Mi, 09.12.2015: Jetzt geht’s in den Süden – monatelang…

Verständlichweise erwachte ich relativ energielos, das gestrige Absumpfen war noch deutlich spürbar. Trotzdem war mein Material bald zusammengepackt. Es galt Abschied zu nehmen von Erik, der mir so gute Dienste geleistet hatte. Vielen herzlichen Dank! Er schlug den Rückweg Richtung Chiang Mai ein, ich machte mich auf den Weg Richtung Süden – Etappe 1!

Ich war recht gemächlich unterwegs, weil ja nur 230 km geplant waren. In Mae Sariang waren die Berge am Morgen noch nebelverhangen, es war angenehm kühl, aber kurz nach der Abfahrt kam auf dieser sehr sehenswerten Strecke die Sonne zum Vorschein. Meist führte auch dieser Abschnitt durch dichten Dschungel auf meist guter Strasse, aber nicht durchgehend. Einige Kilometer waren mit Löchern durchsetzt und noch nicht ausgebaut, ich kam hier nur langsam vorwärts. Ich passierte einige Karen-Dörfer, in denen Früchte, Mais, Reis, Chili etc. angeplanzt werden. Teile des Waldes sind hier gerodet, Anbauflächen für die hiesigen Bergbauern. Nach etwa 100 km wollte ich einen Abstecher zu einem Wasserfall Richtung burmesische Grenze unternehmen, aber dieser Ausflug sollte schliesslich scheitern. Zuerst folgte ich auf einer Betonstrasse einer Bergkrete, es ging auf und ab, schöne Aussichten erfreuten mich, aber je länger ich fuhr, desto schlechter und lehmiger wurde die Strasse. Lange Zeit kämpfte ich mich immer weiter vorwärts. In kleinen Dörfern musste ich nachfragen, in welcher Richtung der Namtok zu finden ist. Schliesslich ging es steil bergab, es wurde überaus glitschig und uneben, bis ich ein Dorf an einem friedlichen Fluss erreichte. Es musste sich um ein weiteres Karen-Dorf handeln. Bunt gekleidete alte Frauen rauchten alte Holzpfeifen. Ich erfuhr, dass es noch weitere 6 km weit sei bis zum Wasserfall. Zwar nahm ich den ersten Teil in Angriff, aber jetzt ging es steil aufwärts über Felsbrocken und lehmig-glitschige Stellen, und nach kurzer Zeit gab ich mein Unternehmen auf. Ich war einfach zu schwer beladen für ein solches Offroad-Abenteuer. Auf dem gleichen Weg ging es wieder zurück zur Hauptstrasse.

Die Szenerie änderte sich jetzt, die Hügel der Bergketten wurden steiler, Karstberge, in denen vermutlich verschiedene unentdeckte Höhlen schlummern. In Tha Song Yang machte ich einen längeren Halt. Eigentlich hätte ich noch gerne die Usu-Höhlen besucht, aber die Zeit war schon zu weit fortgeschritten. Je länger ich fuhr, desto mehr verliess ich die Berge. Ich passierte eine riesige, unglaublich eng gebaute Siedlung mit Strohhütten am Fusse eines Karstfelsens. Auch Thailand kämpft mit Flüchtlingen. Hier sind es burmesische Menschen, häufig Mons, die eng zusammengepfercht und abgeschottet in diesen Dörfern leben.

Ich erreichte Mae Sot etwa um fünf Uhr, fand problemlos das Banpruksa-Guesthouse, wo ich ein kleines Häuschen für 300 Baht (weniger als 10 Fr.) bewohne. Ich traf hier auf einen jungen Basler, der sich in Chiang Mai ein kleines Motorrad gemietet hatte. Zu zweit besuchten wir Casamia, ein thai-italienisches Restaurant, wo wir viel über unsere Reisen zu erzählen hatten. Ich ass wieder einmal eine Pizza. Die Lust auf Bier war heute klein, ein Ananas-Fruchtshake ist ohnehin besser…

Km: 30‘879


Do, 10.12.2015: Trotz  Middle of Nowhere: Der Strand wird warten müssen…

Heute war die Fahrt ins Grüne angesagt. Thailand ist ja überall grün, aber ich hatte keine Ahnung, wie weit ich es auf dem Weg nach Kanchanaburi schaffen würde und vor allem, wo in aller Welt ich in den abgelegenen Provinzen eine Unterkunft finden sollte. Weder Handy-Navi noch Lonely Planet konnten mir da weiterhelfen…

Ich liess es heute wirklich weit herauskommen. Schon nach drei Uhr nachmittags hielt ich Ausschau nach einer passenden Bleibe, aber da waren nur kleine Bauerndörfer mit den bekannten unzähligen kleinen Läden, einfache Siedlungen, aber keinesfalls ein Hotel in Sicht. Als es zu dämmern begann, wurde auch ich allmählich etwas unruhig, ich rechnete schon mit Plan B, nämlich im Zelt zu übernachten, aber dann sah ich am Strassenrand an idyllischer Stelle bei einem kleinen Übergang zwischen nicht besonders hohen Karstfelsen ein Schild, auf dem sogar etwas in Englisch geschrieben war: „Homestay!“ Es war nur ein winziger, hagerer, natürlich kein Wort Englisch sprechender Thai hier, der mir ein einfaches Zimmer zuwies, das ich noch von 500 auf 300 Baht herunterhandelte.

Es war eine gute Idee gewesen, schon am Morgen ein grosses Sandwich mit Pommes (!) gegessen zu haben, denn ein Restaurant ist weit und breit nicht zu finden. Ich versuchte es in einem nahen Dorf (Ban Khlong Haeng), aber ohne Erfolg. Wenigstens fand ich einen Laden, wo ich mich mit Bier und  Ovi (!, für den Morgen) eindecken konnte. So gab es halt nur einen einfachen Znacht mit Sardinen, Biscuits und einem Säckchen Erdnüssen. Jetzt sitze ich im Garten vor meinem Zimmer – es herrscht die perfekte Temperatur. Unterdessen ist auch noch eine Gruppe mit Einheimischen eingetroffen, ich bin also tatsächlich überraschenderweise nicht alleine hier.

Ich hatte es nicht eilig heute Morgen, verliess Mae Sot etwa um zehn Uhr. Die Fahrt auf meist dreispuriger Autostrasse durch verkarstetes Hügelland war noch recht interessant und kurvenreich. Ab Tak galt es bis Kamphaeng Phet auf der Nationalstrasse 1 möglichst schnell vorwärtszukommen. Ich war froh, dieser verkehrsreichen Strasse endlich zu entkommen, folgte Richtung Westen der 1117 bis nach Khlong Lan. Kurzfristig bog ich hier Richtung Berge ab zu einem markierten Wasserfall, der definitiv einfacher zu erreichen war als derjenige von gestern. Ich fand, dass mir eine Abkühlung gut tut, denn es war am frühen Nachmittag ziemlich warm geworden. Es ist bekannt, dass Thais vernarrt sind in Wasserfälle und dass diese meist weniger hergeben als sie beworben werden. Auch diesmal war der Wasserfall nicht viel grösser als jener in der Hennessenschlucht, zudem wurde mit 220 Baht ein hoher Eintritt verlangt und er war übervölkert mit jungen Einheimischen, die im tieferen Wasser ihre ersten Schwimmversuche unternahmen… Thais sind aber auch gehfaul. Ich stieg auf bis zur dritten Stufe und hatte dort meinen Privatpool – herrlich erfrischendes Urwaldwasser inmitten dichten Dschungels – ganz nett.

Ich war jetzt wieder fit für weitere Kilometer, und die führten fast alle ganz direkt Richtung Süden. Meist fuhr ich durch landwirtschaftlich genutztes, unglaublich fruchtbares, fast flaches Land, ich hatte mein Routing aber so geplant, dass ich immer möglichst nahe an den Bergen fuhr. Bald wurden diese Hügel steiler und schroffer, ich hatte wieder eine Karstregion erreicht. Ich folgte einem langen Bergrücken fast exakt südlich. Ich musste mich gut orientieren, weil die Strassennummern an Kreuzungen meist wieder wechselten – 1117, 1072, 3504, 3456, 3282. Das Angenehme war, dass ich fast verkehrslos sehr gut vorwärts kam.

Unterdessen habe ich bei der Planung der nächsten Tage festgestellt, dass der Strand wohl doch noch einige Tage warten muss, denn die Gegend um Kanchanaburi, das ich morgen mit Sicherheit erreichen werde, scheint überaus interessant zu sein. Da werde ich wohl einige Tage bleiben müssen

Km: 31‘247


Fr, 11.12.2015: Die Brücke von River Kwai

Es war eine überaus ruhige und gegen den Morgen auch kühle Nacht. Ich wollte auch heute auf Nebenstrassen Richtung Süden reisen. Ich verwarf die Idee, am Morgen einen weiteren Wasserfall zu besuchen. Die Strecke heute war wenig Aufsehen erregend. Auf gut ausgebauten Strassen kam ich in meist flachem Gelände gut vorwärts. Ich erreichte Kanchanburi schon um die Mittagszeit, fand am River Kwai ein spezielles Guesthouse, dessen Zimmer sich auf einem grossen, stationären Floss befinden. Wegen des anstehenden Wochenendes zahlte ich etwas mehr, wie das Schild vor dem Hotel bewarb (490 Baht).

Ich hatte Hunger, weil auch das Frühstück heute Morgen eher improvisiert war. Thai fried chicken mit Reis, dazu ein Bier, sehr gut. Am Nachmittag besuchte ich die legendäre Brücke über den River Kwai. Die Japaner zwangen gefangene Europäer und Asiaten während des Zweiten Weltkrieges, eine Bahnlinie von Thailand nach Burma zu bauen, eigentlich ein unmögliches Unterfangen, aber trotz fehlender Maschinen wurde das Unternehmen in wenigen Monaten geschafft (1943 – 45). Die Arbeiter hatten Höllenqualen zu erdulden, arbeiteten jeden Tag zwischen 16 und 18 Stunden, bei Nichtbefolgen der Befehle drohten drakonische Strafen, die Tausende von Opfern forderte. Die Brücke wurde schliesslich von den Allierten bombardiert, die Japaner nutzten die Bahnlinie zur Flucht. Heute ist die Bahn, welche über die Brücke führt, vor allem eine Touristenattraktion. Dementsprechend waren Dutzende von Menschen zu Fuss auf der 300 m langen Brücke unterwegs und fotografierten jede Einzelheit. Ich überquerte die Brücke ebenfalls. Die Sicht vom grossen, chinesischen Tempel auf der anderen Seite der Brücke war gut. Ich wartete, bis endlich ein Zug passiert. Ich beobachtete zwei Einheimische, wie sie einen Baum radikal stutzten. Es war gemütlich am Fluss, ich legte mich auf ein Mäuerchen und hielt ein Schläfchen. Ein friedlicher, stressfreier Tag.

Am Abend fuhr ich ins Zentrum und ass in einem traditionellen Restaurant gute Shrimps mit Gemüse. Es ist immer so: Schon am Nachmittag war das Restaurant immer voll besetzt – ein gutes Zeichen, Werbung über gute Arbeit…

Auch in Kanchanburi hat es viele einschlägige Bars mit geifernden älteren Herren. Ich nahm ein letztes Bier in einer Music-Bar. Der Gesang war aber so schräg, dass ich es hier nicht lange aushielt und zurück zum Hotel fuhr. Es war stickig heiss in meinem Zimmer – der Fan lief auf Hochtouren. Derweil vergnügten sich draussen Dutzende von kleinen Geckos mit den vielen Insekten, die um die Lichter schwirrten. Aber es hätte wohl Hunderte gebraucht, um alle Insekten zu vernichten. In der Nacht gingen viele purpurne Seerosen auf, ich brachte einige Zeit damit, diese auf Film zu bannen.

Km: 31‘460


Sa, 12.12.2015: Im Death-Railway-Museum in Kanchanaburi

Es war angenehm kühl am Morgen, bestens geeignet, um am Blog Teil 15 etwas zu arbeiten. Texte und Fotos sind bereit und bereits auf meine Homepage geladen, sie sind aber noch nicht online. Dies wird dann auf der Insel geschehen.

Schon immer war ich fasziniert von Bahnen und dessen Entstehung. Kanchanaburi hat darüber eine ganz besondere Geschichte zu erzählen. Unter unmenschlichen Bedingungen wurde 1943/44 während wenigen Monaten von 60‘000 POWs (prisoner of war) und 200‘000 Menschen aus dem ganzen asiatischen Raum eine 460 km lange Eisenbahnlinie von Kanchanaburi bis an die Küste Burmas geschaffen. Dies hatte zwei Gründe: Nachdem die Japaner während des Zweiten Weltkrieges ganz Südostasien in ihre Gewalt gebracht hatten, brauchten sie erstens eine schnelle und direkte Versorgungsmöglichkeit für Kriegsmaterial, weil sie sich auch Richtung Indien ausdehnen wollten. Der Umweg auf dem Meer über Singapur war lange, beschwerlich und unsicher. Zweitens wollten sie schnelleren Zugang zu den burmesischen Bodenschätzen haben (Öl und Wolfram). Tatsächlich wurde das Unternehmen vollendet, obwohl praktisch ohne maschinelle Unterstützung und fast nur von Hand gearbeitet wurde. In den letzten Monaten wurde unter dem Motto Speedo die menschliche Arbeitskraft aufs Unmenschlichste ausbeutet. Wegen Mangelernährung, fehlender medizinischer Versorgung (Malaria und Cholera wüteten wegen Mangel an sauberem Wasser) und überaus brutaler, drakonischer Strafmethoden starben fast 13‘000 POWs und 90‘000 Asiaten. In der Stadt befindet sich ein riesiger Gedenkfriedhof mit Tausenden von Gräbern vor allem von jungen Engländern, aber auch Holländern, Australiern, Indern. Ich besuchte am Nachmittag das death-Railway-Museum, in dem anschaulich gezeigt wird, mit welchen Methoden die Japaner ihre gefangenen Arbeiter erzogen. Unglaublicherweise war die vollendete Bahnlinie nur während weniger Monate in Betrieb und wurde schliesslich als Fluchtweg für die Japaner benutzt. Als die Alliierten sich nach und nach die verlorenen Gebiete zurückholten, wurde die Bahnlinie, insbesondere die Brücken immer wieder bombardiert, unter anderem auch die 360 m lange Brücke am River Kwai. Nach dem Krieg ging die beschädigte Bahnlinie in den Besitz der Briten über, sie wurde aber wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit nicht weiter betrieben, auf vier Kilometern nahe des 3-Pagoda-Passes gar mit Absicht zerstört, weil man sich vor Karen-Widerstandskämpfern fürchtete. Unterdessen sind 40 km der Strecke unter einem Stausee verschwunden, und es sieht vorderhand nicht so aus, dass die Strecke je wieder betrieben wird. Tatsächlich wäre dies ein riesiges touristisches Highlight in Thailand, aber auch in Burma.

Ich vertiefte mich im klimatisierten Museum ziemlich lange in diese Geschichte. Draussen war es unterdessen sehr warm geworden. Ich war unterdessen hungrig geworden und ass an einem Stand ein gut mariniertes halbes Poulet. Ich sass lange im Pong-Phen-Guesthouse bei einem Bier und stellte im Reiseführer lesend fest, dass mich im Süden Thailands viel unbekanntes Faszinierendes erwarten wird. Später ass ich im selben Restaurant wie gestern ausgezeichneten gesalzenen Fisch mit Morning-Glory-Gemüse. Ich hatte keine Lust auf einen Barbesuch, aber zu schlafen stellte sich auch als schwierig heraus, weil es noch immer sehr warm war, vor allem in meinem Zimmer, und weil meine Thainachbarn ein feuchtfröhliches Fest feierten…

Km: 31‘473

 

 

So, 13.12.2015: Im Baumhaus im Dschungel des Thong-Pha-Phum-Nationalparks

Es ist nicht ganz muckmäuschenstill in meinem Baumhaus etwa zehn Meter über dem Boden. Irgendein krabbelndes Tier bewegt sich im Dach, da ist ein Gezirpe und Gepfeife, das aus dem Dschungel dringt. Eigentlich hätte ich zelten können, aber der Reiz, in einem Baumhaus mit (kalter) Dusche (!) zu übernachten, war zu gross, auch wenn ich 1000 Baht dafür ausgegeben habe. In den Nationalparks wäre eigentlich Zelten die deutlich günstigste Übernachtungsmöglichkeit, aber die Aussicht von dieser Hütte ist so atemberaubend, dass ich eine ganze Zeitlang nur auf der kleinen Terrasse hoch über dem Wald sass und wartete, bis sich allmählich die Nacht über das Land legt. In diesem Wald, einem der grössten zusammenhängenden in ganz Südostasien, leben noch wilde Elefanten (auf der Strasse wird man auch davor gewarnt) und Tiger, aber auch Spezies von Tieren, die auf der Welt nur hier zu finden sind. Es sind nur noch acht Kilometer bis E-Thong, dem thailändischen Grenzort zu Burma, in dem viele burmesische Flüchtlinge, fast alle vom Stamm der Mon, leben. Von den Thais sind sie nur knapp geduldet, erhalten zwar eine thailändische ID, dürfen sich im Land aber nicht frei bewegen.

Ich entschloss mich heute Morgen, in diese Sackgasse Thailands zu fahren, eigentlich wegen des Hellfire-Passes, der während des Zweiten Weltkrieges unrühmliche Bekanntheit erlangt hat. Die 80 km bis zu diesem Pass waren auf perfekter Strasse (323) schnell zurückgelegt. Dieser Pass war wegen der zurückzulegenden Höhendifferenz für die Thailand-Burma-Railway eines der grössten Hindernisse. Von Hand wurden acht bis zwölf Meter tiefe und vierhundert Meter lange Durchgänge durch den Fels geschlagen, ein unmenschliches Unterfangen. Heute kann man sich zu Fuss frei auf dem Bahntrassee bewegen, einige Schwellen liegen noch heute in der Erde, und vor allem kann man diese Cuttings bestaunen – erlebte Geschichte. Ich ging noch etwas weiter als der 500 m lange Touristen-Rundgang, aber immer noch auf dem Bahntrassee, das manchmal unterbrochen war. Hier stand einmal eine Brücke, gefertigt meist aus Holz und Bambus (!), 638 solche Brücken gab, nur deren sieben aus Metall auf der ganzen Strecke. Im Hellfire-Memorial-Museum wurde ein kurzer beeindruckender Film mit wenigen Aufnahmen aus dieser Zeit und all den unmenschlichen Strapazen gezeigt, welche die Arbeiter zu erdulden hatten.

Mein Ziel war am Nachmittag der Thong-Pha-Phum-Nationalpark. Ich folgte einige Zeit dem riesigen Stausee, bevor es bald in dichten Wald ging, die Strecke ist sehr kurvenreich, und als die Strasse anzusteigen begann, wurde die Aussicht auf Wald und See immer besser. Ich machte Halt bei einem Viewpoint (Km 12), von wo man eine herrliche Aussicht hatte. Hier traf ich auf eine junge Thai-Baslerin, die mit ihrer Familie unterwegs war, die sich amüsierte, dass wir zwei uns auf Schweizerdeutsch unterhalten konnten. Mein Ziel war vorerst aber einmal der Jokkradin-Wasserfall fünf Kilometer vom Eingang des Nationalparks entfernt. Weil es schon spät war, zahlte ich keinen Eintritt, die Abkühlung des über viele Meter abfallenden Wassers war aber herrlich. Wieder fit, beschloss ich, im Nationalpark zu übernachten und erst morgen nach E-Thong zu fahren.

 

Km: 31‘703

 

Mo, 14.12.2015: Nach der unerträglichen Hitze direkt in ein tropisches Gewitter gefahren

Es war unabdingbare Pflicht, heute Morgen sehr früh aufzustehen, denn den Sonnenaufgang von meinem Hochsitz wollte ich mir keinesfalls entgehen lassen. Zwar war meine Hütte dafür unerwartet doch nicht ganz ideal gelegen, denn die Sonne ging hinter mächtigen Urwaldriesen auf. Gleichwohl war die Stimmung unvergleichlich. Ich sah über ein Nebelmeer, das den entfernten See vollständig eingehüllt hatte. Je heller es wurde, umso kräftiger wurden die Grüntöne des Waldes. Ich machte einen Spaziergang rund um den Kooddoi-Hill, verwarf aber schliesslich die Idee, einen reizvollen, unbewaldeten Gipfel gleich gegenüber zu erklimmen.

Es war angenehm kühl, als ich diesen Nationalpark Richtung E-Thong verliess. Leider sah ich den riesigen Nashornvogel, den ich gestern rund um das Headquarter-Office gesehen hatte, nicht mehr. E-Thong war bald erreicht, ich fuhr aber weiter bis an die burmesische Grenze, wo ein Felsen durchschlagen wurde, um von einem Land ins andere zu kommen. Erstaunlicherweise war niemand hier, es wäre ein Leichtes gewesen, die Grenze einfach zu überfahren und steil abwärts ins burmesische Land zu fahren. Ich machte aber kehrt und machte Halt im sympathischen, kleinen Dorf E-Thong. In einer lieblich hergerichteten Bar trank ich einen ausgezeichneten Cappuccino und bekam dazu zwei Toasts serviert, verfeinert mit einer Art Eimischung. Frisch gestärkt wollte ich die nahen Wolfram(?)-Minen besuchen. Einheimische gehen ungern an diesen Ort, weil angeblich Geister gesehen wurden, nachdem einige Bergleute ums Leben gekommen waren. Tatsächlich fand ich einige in den Fels gehauene Löcher, gleich winzigen Torbogen, aber da waren glücklicherweise (leider?) keine Geister; offensichtlich wurde hier gegraben, aber die Minen sind längst aufgegeben worden. Unterdessen war es schon ordentlich warm geworden, sodass ich mich ein zweites Mal am Jokkradin Wasserfall abkühlen wollte. Nochmals fuhr ich die 2.8 km in eine Schlucht – herrlich frisches Wasser, die perfekte Abkühlung. Die Natur und der Dschungel kamen mir jetzt bei der Abfahrt von diesen Bergen noch viel üppiger vor. In 399 Kurven ging es vorbei an riesigen Bäumen und undurchdringlichem Gestrüpp talwärts, und mit jedem Höhenmeter wurde es noch wärmer. Ich machte Halt am Stausee, ass ein fried rice, aber ein Bad wollte ich aus Zeitgründen doch nicht nehmen. Eigentlich wollte ich heute noch möglichst weit Richtung Süden fahren. Aber die Fahrt war eine Tortur, denn es war unterdessen schier unerträglich feucht-heiss geworden. Nach einem Tankstopp änderte ich meine Absicht nicht, nur wenige Kilometer später aber gleichwohl, als ich den Wegweiser Richtung Erewan-Nationalpark mit seinem siebenstufigen Wasserfall sah. Nur 39 km, und ich konnte meinen verschwitzten Klamotten entkommen! Diese Strecke hatte ich schnell hinter mir, ich merkte aber bald, der dieser Nationalpark touristisch beinahe übertrieben ausgebeutet wird. Ich passierte x Resorts, Läden, Stände, und je mehr, desto näher ich kam. Der Eintritt war gesalzen, 320 Baht, aber ich hatte vor, wieder einmal zu zelten, also never mind.

Mir wurde schon bei Eintritt gesagt, dass der Wasserfall ab 17 Uhr geschlossen (!) ist (als ob sie ihn abstellen könnten). Statt zum Zeltplatz fuhr ich trotzdem Richtung Wasserfall, etliche Elektromobil-Chauffeure wiesen mich darauf hin, wo der Zeltplatz ist. Aber ich fuhr einfach weiter, erreichte die unterste Stufe des Wasserfalls, wurde begrüsst von einer meterlangen Echse, aber kein Mensch war mehr da. Sehr gut! Ich hatte mich sehr schnell meiner Kleider entledigt und kühlte mich im herrlich türkis-grünen Wasser ab. Jetzt wurde ich aber auch von oben abgekühlt, denn aus einigen schweren Tropfen, die vom Himmel fielen, wurde ein veritabler Gewittersturm. Ich rettete Kleider und Kamera unter einen Wurzelstock, aber von oben begann es gleichwohl zu tropfen und durchnässte meine Sachen immer mehr. Ein kleines Bächlein rann direkt in einen meiner Schuhe, derweil ich mich im Wasser über die doppelte Abkühlung freute. Und dank des Gewitters war es den Aufsehern wohl zu blöd, nach mir zu sehen. Aber dieser Schauer dauerte länger als erwartet. Schliesslich rettete ich meine Kleider unter einen nahen, gedeckten Stand, die schon triefend nassen Rucksäcke nahm ich vom Töff und brachte sie ans Trockene, schliesslich auch noch den Töff selber, weniger wegen des Töffs als vielmehr wegen meinen Cases, die keineswegs mehr wasserdicht sind. Unterdessen begann es zu dämmern, und noch immer regnete es. Es galt, Geduld zu bewahren. Tatsächlich erbarmte sich Petrus meiner, als es schon beinahe dunkel war. Ich fuhr zum Camping-Platz, wo ich in Kürze mein Zelt aufgestellt hatte. Dann fuhr ich zum Parkeingang, aber da schien mir niemand einen Znacht verkaufen zu wollen, sodass ich weiterfuhr ins nächste Dorf, wo ich erstens Bier fand und zweitens in einer grossen Markthalle auf eine grosse Gruppe Einheimischer traf, die sich an Köstlichkeiten aller Art, vor allem Seafood, labten. Ich fragte der Grillmeisterin, ob ich auch einen Teller haben könne. „Selbstverständlich!“ – und als ich wacker am Essen war, wurden mir immer noch weitere Speisen gebracht, bis ich schon fast überessen war. Als ich zahlen wollte, wollte niemand auch nur einen Baht sehen – ich war eingeladen worden, ohne dass ich es vorerst gemerkt hatte. Ich sass noch einige Zeit auf der Matte vor der grossen Markthalle und erfuhr, dass sie dieses Fest feierten, weil diese Nacht sehr viele Sternschnuppen zu sehen sein würden. Dies war mir schon gestern in meinem Baumhaus aufgefallen, ich sah gleich einige davon, obwohl ich normalerweise nur selten eine sehe.

Jetzt sitze ich in einem Pavillon direkt an einem breiten, ruhig fliessenden Strom – es ist erst neun Uhr und so ruhig, dass man glauben könnte, dass niemand hier übernachtet, aber dem ist wirklich nicht so. Offenbar wollen morgen alle die ersten sein, die den Wasserfall hochkraxeln…

 

Km: 31‘944

 

Di, 15.12.2015: Bei der siebten Stufe kam das Paradies…

Nein, da wurde mächtig weitergeschlafen, denn ich war bei weitem der Erste, der am Fusse des Wasserfalls stand, wohl noch bevor der Wasserfall „eröffnet“ wurde... Sieben Stufen dieses Erawan-Wasserfalls wollte ich auf anderthalb Kilometern erkunden. Die Regenwolken hatten sich unterdessen längst verzogen, es war dunstig-trüb heute Morgen, Nebelschleier hüllten den Fluss ein in eine mystische Stimmung.

Anfangs war es noch recht düster, weil die aufgehende Sonne noch lange nicht bis in die Schluchten vordringen konnte. Es war in diesem wuchernden Wunderwald ruhig, vom gestrigen Regen feucht-kühl, der Weg sehr glitschig. Dieser war bis zur dritten Stufe gut ausgebaut, aber je höher man aufstieg, desto mehr musste auch etwas gekraxelt werden. Der Bach schlängelt sich hier über ausgewaschene Karstfelsen gleichsam auf Treppenstufen bergabwärts. Meist sind die Wasserfälle nicht besonders hoch, aber gleichwohl sehr pituresk. Grünblau schimmernde Becken laden zu einem Bade ein, aber ich wollte mich nicht aufhalten lassen, wollte mir den schönsten für ein ausgedehntes Bad auslesen. Und den schönsten entdeckte ich tatsächlich auf der siebten, der letzten Stufe, wo sich der Bach über eine steile Karstwand zu Tale stürzt. Die Felsen sind hier beinahe weiss ausgewaschen, das Wasser schimmert in kitschigem Hellblau. An einer Stelle konnte man unter diese Felsen schwimmen und tauchte ein in eine noch fremdere Welt. Kleine Baumwurzeln dringen hier durch das Gestein und holen sich die nötige Flüssigkeit. Das Wasser tropft aus allen Ritzen – eine Naturdusche par excellence. Ich konnte beinahe nicht genug kriegen von diesem Spot, erkundete jeden Winkel, stieg auf den weissen, griffigen Felsen noch etwas höher. Aber Achtung! Wo das Wasser nur spärlich fliesst, ist es sehr glitschig. Ich labte mich an verschiedenen Orten im herrlich kühlen Wasser und kam beinahe nicht mehr los von diesem wahrlich paradiesischen Ort.

Erst als ein Thai-Paar ebenfalls schon früh den Weg hierher gefunden hatte, machte ich mich auf den Rückweg, vorbei an den anderen sechs Fällen, die mir jetzt nur noch wie ein Abklatsch des siebten erschienen. Je weiter ich abstieg, desto mehr Gruppen von Touristen kamen mir entgegen. Jetzt nur noch weg von hier, um den genialen Eindruck nicht zu verderben.

Als ich beim Zelt eintraf, wirkte die Sonne wohltuend trocknend auf dieses ein, perfekt, es zusammenzuräumen. Es braucht immer seine Zeit, bis alles wieder zusammengepackt ist. Es war unterdessen sehr warm geworden, sodass ich mich im nahen, breiten Fluss etwas abkühlte und bereitmachte für die Abfahrt. Ein Engländer, der wohl gerne gehabt hätte, ihm etwas Gesellschaft zu leisten, übernahm meinen Zeltplatz und gab mir den Tipp, statt bis Chumphon nur bis Prachuap Kiri Khan zu fahren.

Erst am Mittag fuhr ich los Richtung Süden, und mir graute bei dieser feucht-heissen Hitze vor den zurückzulegenden vielen Kilometern. Ich war nicht wirklich motiviert für diese Fahrt, machte gleich zu Anfang zwei Stopps, einmal für ein fried rice (mit herrlich scharfen Chilis) und wenig später für einen Cappuccino in einer klimatisierten (!) Café-Bar. Wiederum wollte ich die Städte meiden, unter anderem Kanchanaburi, Ratchaburi etc. und wählte eine Strecke über das Hinterland, immer möglichst nahe den Hügelketten Richtung Burma entlang. Alle paar Kilometer musste ich mich wieder neu orientieren, aber die Strassen sind netterweise meist mit vierstelligen Nummern bezeichnet. Aber ich merkte bald, dass ich nicht besonders gut vorwärtskam, weil die an sich guten Strassen immer wieder Ecken schlugen. Ich fuhr fast durchwegs durch die Provinz, landwirtschaftlich genutztes Land. Dann machte ich auch noch den Schwenker Richtung Kaeng-Krachan-Stausee. Aber die künstlichen Seen haben meist keine sehenswerten Ufer, und diesmal wurde ich nicht weich, schon früher als geplant zu übernachten, obwohl viele Vögel in allen Farben und Grössen ein Bleiben beinahe doch noch provoziert hätten.

Aber es waren noch weitere 150 km zu fahren. Und die hatten es in sich. Denn als ich endlich die Nationalstrasse 4 erreicht hatte, wurde ich vom Verkehr fast aufgefressen. Friss oder stirb! Pass dich den Verkehrsgepflogenheiten an oder komm nie an! Ich überholte Hunderte von dieselrauchenden Lastwagen rechts oder auch links auf dem einigermassen breiten Rad- und Töffli-Streifen. Immer wieder wurde ich gebremst durch Strassen in Reparatur, wenn die Strasse von vier auf zwei Spuren verkleinert wird. Hier kam ich nur langsam vorwärts oder versuchte zuweilen Slalom fahrend die stehen gebliebenen Fahrzeuge zu überholen. Zudem war es unterdessen Nacht geworden, dies machte das Fahren überhaupt nicht ungefährlicher. Es ist wohlweislich, solche Strassen, vor allem in der Nacht zu meiden. Ich erreichte die kleine Küstenstadt Prachuap Kiri Khan vor acht Uhr und fand im Thur(!)-Hostel ein klimatisiertes Dorm-Zimmer für 350 Baht. Der Verkehr hatte mich schmutzig-klebrig gemacht, eine Dusche war mehr als notwendig. Ich traf hier auf ein sehr kommunikatives malaysisches Paar, das mit ihrer 500-er auf dem Weg nach Vietnam ist. In einem grossen Restaurant ass ich einen Red Snapper, leider etwas verwürzt mit Ginger sowie einen Teller voll Miniaustern, zubereitet als würziger Thai-Salat. Nach einem Bier an der Uferpromenade fand ich bald Schlaf, die nette Dame in meinem Zimmer interessierte mich diesmal nicht…

Km: 32‘392

 

Mi, 16.12.2015: Wenn ein schweres Motorrad einfach so angehoben und in ein Boot gebracht wird…

Schon kurz nach sechs Uhr traf ich das malaysische Paar bei der Ufermauer, aber es war dunstig-trüb. Jetzt sah ich, dass hier mächtige Karstfelsen aus dem Meer ragen, aber der Sonnenaufgang hellte die Landschaft im leichten Nebel nur etwas auf.

Heute sollte das Ziel wirklich der Strand sein, aber ich hatte keine Ahnung, wann und wo die Fähre nach Koh Pha Yam übersetzt und ob sie überhaupt fähig ist, mein Motorrad mitzunehmen. Deshalb war ich schon früh unterwegs, zuerst nochmals auf der unsäglichen Nationalstrasse 4 mit dem schweren Verkehr. War aber einiges leichter am Tag. 180 km bis Chumphon, und dann ging es weiter ins Bergland Richtung Ranong an der Westseite dieses schmalen Landstreifens Thailands. Wiederum war es stickig heiss, ich zogen meine Töffhosen hoch, damit ich meinen Waden wenigstens etwas Kühlung verschaffen konnte. Ich peilte nach Navi den Hafen nördlich der Stadt an, aber hier war keine Fähre. So fuhr ich in Ranongs Zentrum und fand den Ferry-Pier kurz nach eins Uhr. Und wiederum war mir das sprichwörtliche Glück hold. Man bot mir an, mein Motorrad einzustellen und per Schnellboot auf die Insel zu gelangen, aber das wollte ich nicht. Ich fand nämlich eine grössere Slow Ferry, die schon um 14 Uhr ablegen sollte. Es ging sehr schnell und einfach. Der Chef persönlich sagte, ich solle meinen Töff zum Boot fahren, Ich zahlte 200 Baht für mich und 300 für den Töff und wartete nicht lange, bis gegen zehn junge Thai dahertrabten, ein Brett auf die Vorderseite des Bootes legten und gemeinsam meine Maschine hinüberfugten. Dann wurde der Töff in den Innenraum geschoben, wo ich ihn mit meinen Spannsets festfand.

Die Überfahrt dauerte zwei Stunden. Ich merkte, wie das Motto auf dieser Insel sein würde: Slow down! Letztmals besuchte ich diese Insel 2008 in einer meiner Lebenskrisen. Ich wollte wissen, wie sich meine Unterkunft in all den Jahren verändert hatte. Es war schwieriger, meine Maschine vom Boot auf den Steg zu hieven, aber viele Hände ergeben viel Kraft, und im Nu war sie am richtigen Ort. Viele Blicke auf der Insel waren wegen meiner grossen Maschine auf mich gerichtet. Ich entzog mich diesen Blicken, schlug den kleinen Betonweg Richtung Aow Yai ein. Ganz im Süden fand ich die angepeilten Big-Tree-Bungalow erfreulicherweise beinahe unverändert. Unglaublicherweise erkannte mich die Haus-Mama gleich sofort: „You are here again?!“ – und wurde gleich umarmt. Bungalow 2 gleich am Strand war exakt heute frei geworden, allerdings ist es noch nicht sicher, ob ich auch an Weihnachten bleiben kann, weil es viele Buchungen gibt. Ich fühlte mich gleich überaus willkommen, traf auf einige Holländer, die schon seit Wochen hier sind. Natürlich erregte meine Geschichte einmal mehr Aufsehen. Ich wusch den Strassenschmutz im herrlichen Meer ab, sass einige Zeit bei Thai-Curry und Bier im Strandrestaurant. Die Nacht war wunderbar ruhig, ich schlief hervorragend…

Km: 32‘712

 

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Kommentare: 2
  • #1

    iso (Samstag, 19 Dezember 2015 18:51)

    Nette Dame in deinem Zimmer? Ich dachte, das haben nur die alten Sabberitouristen, die es auch in Chiangmai gibt? Hast du das ewige Grün nicht auch allmählich satt? Immerhin scheint es dich allmählich so verwirrt zu haben, dass du die Bildergalerie des 13. Dezember gleich am 14.12. nochmals vollständig raufgeladen hast. Netter Trick, um Fotopapier zu sparen...
    Immerhin hast du das Wort zu Blog.-Teil 15 schon früh eingebaut: "So einen blonden Wuschelkopf scheinen sie noch nie gesehen zu haben"....... Deinen Humor und die Selbstironie scheinen dir bei den diversen Sturzflügen vom Töff nicht abhanden gekommen zu sein.
    Fröhliche Festtage auf der Insel!

  • #2

    Fredy Kessler (Donnerstag, 24 Dezember 2015 11:15)

    Salü Urs ich bin wieder einmal auf Deiner Seite. Du bleibst du ob auf einer Skitour, Böl-OK-Präsi, Kolleg, Mieter oder eben auf Deinem Trip. Ich staune wie du den Kontakt zu den Landsleuten immer wieder schafst und findest.
    Wir Rüeggetschwiler wünschen Dir schöne Weihnachten( oder was es dann so ist) und allzeit Gute Fahrt. Finde was du suchst! Aber geniesse was du findest.
    Deine Kommentare sind eindrücklich und werden von den Photos ebenbürtig bereichert.
    Für das Neue Jahr immer ein Eric und gute Gesundheit.
    Gruss Fredy